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Dreharbeiten zum Propagandafilm «Wilhelm
Teil»
Die deutsche Terra-Filmgesellschaft realisierte 1933
den Spielfilm «Wilhelm Teil. Das Freiheitsdrama eines
Volkes». Einige Szenen darin wurden auf der Burg
Gutenberg gedreht. Bei diesen wirkten über hundert
Balzner als Statisten mit.
Die Terra mit Sitz in Berlin stieg in den 1930er-Jahren
zu einem der bedeutendsten Filmkonzerne des Dritten
Reichs auf. Sie produzierte über 40 Filme, zum Teil
in enger Zusammenarbeit mit dem nationalsozialis
tischen Regime. Die Verantwortlichen des Wilhelm-
Tell-Films, die Nazi-Exponenten Hanns Jobst [Dreh
buch, künstlerische Leitung] und Regisseur Heinz
Paul, machten aus dem mittelalterlichen Helden Teil
einen «Führer» seines Volkes.
Mit Ausnahme von Conrad Veidt wurden die aller
meisten Rollen von NSDAP-Mitgliedern gespielt. So
wurde Teils Frau von Emmy Sonnemann verkörpert,
der Verlobten und späteren Gattin des Reichsfeld
marschalls Hermann Göring. Schweizer spielten trotz
grossartiger Versprechungen vonseiten der Terra nur in
unbedeutenden Rollen oder als Statisten mit.
Am 12. Januar 1934, an Görings Geburtstag, fand
im Berliner Ufa-Palast in Anwesenheit zahlreicher
Nazi-Grössen die Uraufführung des Filmes statt. Im
selben Jahr stellte die Terra aus der deutschen Ori
ginalfassung eine gekürzte, englische Version für das
Ausland her.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die deutsche Ori
ginalversion von den Alliierten verboten. Sie gilt heute
als verschollen. Einzig die gekürzte englische Version
ist erhalten geblieben.
Dreharbeiten im Innenhof der Burg Gutenberg, Oktober 1933.
Emanuel Vogt, der einen Teil der Dreharbeiten auf
Burg Gutenberg als privater Fotograf miterlebte, schrieb
1995 in seinem Buch «Mier z Balzers», Band I: «Die
Dreharbeiten waren ein Ereignis für das Dorf. Zudem
konnten in dieser schweren Zeit der Arbeitslosigkeit will
kommene Franken verdient werden. Es meldeten sich
aus unserer Gemeinde viele zum Mitmachen. Das Ho
norar betrug zwischen fünf und zehn Franken pro Tag,
zusätzlich Bier und Wurstbrot. Die Balzner hatten sich
bei den Kämpfen übereifrig eingesetzt ... Daher gab es
Verwundete und sogar Spitalaufenthalte.»
Die Burg«herren» nach 1936
Nach dem überraschenden Tod von Egon Rheinberger
am 25. Juli 1936 zog seine Familie wieder nach Vaduz
und versuchte die Burg Gutenberg zu verkaufen.
Otto Haas - Ingenieur und Schreibmaschinen
erfinder
Bereits ein Jahr später kaufte der deutsche Ingenieur
Otto Haas von der Erbengemeinschaft Rheinberger
die Burg Gutenberg zu Wohnzwecken.
Otto Haas wurde am 11. Juni 1897 in Schwarzen
berg [Deutschland] geboren und lebte einige Zeit in
Wiesbaden. 1934 eröffnete er in Teufenthal [Kanton
Aargau] ein technisches Büro zur Konstruktion einer
Kleinschreibmaschine; ein Jahr darauf zog er nach Pie-
terlen im Kanton Bern. Er erfand die Klein-Schreib
maschine «Patria», das Urmodell für eine Reihe von
tragbaren Kleinschreibmaschinen in Europa, die ab
1936 von der Firma A.G. für Schreibmaschinen-Fabri-
kation in Pieterlen hergestellt wurde. Seine Maschine
liess Otto Haas erstmals in Deutschland am 9. März
1933 patentieren. Im März 1934 erfolgte die Einrei
chung des Patents in mehreren anderen europäischen
Ländern und den USA.
Um 1935 zogen Otto Haas und seine aus Wiesbaden
stammende Frau Elisabeth [* 8. Juli 1911, geb. Hohl]
nach Liechtenstein. Hier wollte er eine Fabrik gründen,
um seine neu entwickelte «Orion»-Schreibmaschine
zu produzieren. Obwohl die Firma «Orion Registered
Manufactory» ab 1938 bestand und das Produktions
büro in Eschen im Ansatz in Betrieb war, scheiterte das
Projekt einer Schreibmaschinenfabrik, weil der Land
tag eine Startsubvention, um die Otto Haas angesucht
hatte, wegen des drohenden Krieges 1939 ablehnte.