Volltext: Balzner Neujahrsblätter (2018) (2018)

54 
Überhaupt wurde sehr auf Solidarität geachtet, wie 
das Beispiel des damaligen Gymnasiums im Haus 
Gutenberg zeigt. Die Belieferung mit Brot übernahm 
nämlich jeden Monat abwechslungsweise eine der 
drei damaligen Dorfbäckereien. Nach der Schule fuhr 
Wilma Köhler jeweils mit dem Fahrrad und Anhän 
ger nach Mäls, um die Backwaren auszuliefern. Später 
konnte dies mit dem Auto erledigt werden, ihr Vater 
war nämlich der zweite Balzner, der ein Auto besass. 
Während des Krieges musste das Auto der Heims je 
doch eingestellt werden und durfte nur für Notfälle 
benutzt werden. Dafür erhielt jeder Autobesitzer eine 
bestimmte Menge an Benzin. Nicht nur Benzin wurde 
für Notfälle gelagert, sondern die Geschäfte mussten 
während der Kriegsjahre auch ein sogenanntes Pflicht 
lager für den Fall einer Versorgungsknappheit halten. 
Wilma Köhler und Maria Heim erinnern sich auch 
noch gut daran, dass sie an den freien Mittwochnach 
mittagen «Märkle» einkleben mussten, mit denen 
die Kundinnen bei ihnen eingekauft haben. Obwohl 
viele Balzner schon Geld hatten, mussten sie Marken 
abgeben, um Lebensmittel zu beziehen, da von be 
hördlicher Seite alles rationiert wurde. Dadurch, dass 
Nahrungsmittel nur mit zugeteilten Bezugskarten er 
hältlich waren, wurden Hamsterkäufe vermieden. 
Maria Heim und Wilma Köhler heben nachdrücklich 
hervor, dass sich das Land aber nicht nur zur Zeit des 
Krieges, sondern auch danach, sehr gut um das Ge 
werbe kümmerte. Natürlich gab es Vorschriften, aber 
um das einheimische Gewerbe vor ausländischer Kon 
kurrenz zu schützen, galt von 1937 bis 1969 ein Wa 
renhausverbot. «Das war eine gute Einstellung. Man 
bekam schliesslich alles, und es ging allen mehr oder 
weniger gut.», Endet Wilma Köhler. Welche Konkur 
renz ausländische Anbieter darstellen konnten, erleb 
ten die damaligen Ladenbesitzer als das Migros-Auto 
seinen Verkauf auf der Rheinbrücke zwischen Balzers 
und Trübbach gestartet hat. 
Im Dorf konnte man alles kaufen 
«Obwohl es nur kleine Läden gab, konnte man in Bal 
zers alles besorgen, was man für den Alltag brauch 
te», erzählt Marile Vogt. Es gab verschiedene Lebens 
mittelläden, aber auch Schuh- und Kleidergeschäfte 
ebenso wie Eisenwarenhandlungen, Metzgereien und 
Geschäfte mit Haushaltartikeln. Glühbirnen beispiels 
weise konnten jedoch nur bei «Biara-Mena» Büchel 
gekauft werden. Sie hatte in ihrem Privathaus ein Sor 
timent, wobei sie jede Glühbirne vor dem Verkauf ein 
drehte, um zu kontrollieren, ob sie auch funktioniert. 
Spielsachen gab es allerdings - ausser vor Weihnachten 
- im ganzen Dorf keine. Maria Heim und Wilma Köh 
ler erinnern sich daran, wie die Balzner Kinder in der 
Adventszeit jeden Tag die Spielsachen in den Schau 
fenstern der verschiedenen Läden bestaunten. 
Marile Vogt berichtet, dass es bei ihr im Konsum fast 
alle Lebensmittel zu kaufen gab. Auch Wein, Schnaps 
und sonst ein paar Spirituosen hat sie geführt, Bier al 
lerdings nicht, «da sie sonst noch mehr hätte schleppen 
müssen», wie sie einwendet. In der Bäckerei Heim fand 
man neben Broten aus verschiedenen Mehlen auch 
Fladen, Nussgipfel und Lebkuchen. «Zopf und <Melch- 
brötle> gab es allerdings nur samstags und auch <Bürle> 
durfte man nur zum Schulausflug mitnehmen», erklärt 
Wilma Köhler. Im Herbst konnten Bauern ausserdem 
in angeschriebenen Kübeln ihre eigenen gedörrten und 
«gerüsteten» Birnen bringen und sich daraus Birnen 
brot machen lassen. Für jeden Auftraggeber wurde 
dann ein separates Muster ins Brot eingezeichnet, so 
dass am Schluss jeder dasjenige Birnenbrot mit sei 
nen eigenen Birnen mit nach Hause nehmen konnte. 
Im Lager der Schuhhandlung Hasler fand man neben 
Männer-, Frauen- und Kinderschuhen auch Hausschu 
he, handgenähte Skischuhe oder Schuhe für Jäger. 
Zudem fertigte Robert Hasler massgeschneiderte 
Schuhe für Gehbehinderte an. 
Meistens führten die Lebensmittelgeschäfte zur Um 
satzsteigerung auch Kleider oder andere Produkte. 
Marile Vogt beispielsweise hatte neben den Lebens 
mitteln noch Schulsachen, aber auch Pullover, Unter 
wäsche, Strumpfhosen und Leintücher im Angebot. 
In der Bäckerei Heim wiederum konnten, abgesehen 
von Brot und Backwaren, weitere Lebensmittel, aber 
auch Waschmittel sowie Ansichtskarten oder einige 
Mittelchen aus der Apotheke wie zum Beispiel Sari- 
don besorgt werden. Und auch in der Schuhhandlung 
Hasler gab es neben Schuhen auch Schuhpflegemittel 
im Sortiment. 
Generell war das Angebot abhängig davon, was die 
Schweizer Grosslieferanten Usego und Volg gebracht 
haben - «es gab einfach, was es gab», resümiert Wilma 
Köhler. Manchmal konnten die Läden neben lokalen 
Produkten Orangen oder Bananen anbieten oder der 
Vertreter hatte etwas Spezielles wie einen Christ-
	        

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.