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Lisa Fischer
Lebens- und Einkaufsgewohnheiten:
Vieles hat sich verändert
Ein Gespräch mit Maria «Marile» Vogt, Maria Hämmerle, Maria Heim und Wilma Kohler-Heim
Nach einem vollen Arbeitstag noch schnell ins Ein
kaufszentrum sputen und das Nötigste für das Abend
essen einkaufen. Warten in der Schlange an der Super
marktkasse, wenn man doch so dringend zum nächsten
Termin sollte. Eine Geschenkliste im Kopf abhakend
durch die weihnachtlich geschmückte Einkaufsstrasse
hetzen.
Jede und jeder kennt solche Situationen und viele ver
binden Einkäufen heute - zumindest teilweise - mit
Stress. Dass das nicht immer so war, erzählen als ehema
lige Dorfladenbesitzerinnen Maria tJämmerle [Schuh
macherei tJasler], Maria tJeim und Wilma Köhler
[Bäckerei tieim] sowie Maria «Marile» Vogt [«Konsum»].
Dorfläden statt Einkaufszentren
Während Einkaufszentren heute wie Pilze aus dem
Boden schiessen, so hat man früher das Alltägliche in
den diversen Dorfläden geholt. Davon gibt es heute
nicht mehr viele, wie Wilma Köhler von der ehema
ligen Bäckerei tieim bedauert. Das Einkaufsverhalten
der Leute habe zu dieser Entwicklung geführt, weil
sie lieber in billigen Supermärkten eingekauft hätten
als in Dorfläden, für die es unmöglich gewesen sei,
preislich mitzuhalten, tiinzu kommt, dass sich unse-
Bestell-Liste der Alp Güschgle bei der Bäckerei Heim.
re Lebensgewohnheiten generell geändert haben und
ein Grosseinkauf vor einigen Jahrzehnten aufgrund
der flalfbarkeit der Produkte gar nicht möglich war.
In die Sennerei beispielsweise mussten die Menschen
jeden Tag gehen - entweder um Milch zu bringen
oder um sie zu holen. Aber auch der Transport eines
Wocheneinkaufs war ohne Auto nicht ganz einfach,
weshalb die Frauen nur das einkauften, was sie zum
Kochen gerade benötigten.
«Dabei haben die Leute da eingekauft, wo es für sie am
nächsten war, allerdings haben viele auch auf die Ver
wandtschaft geachtet», erzählt Marile Vogt. Sie selbst
kannte das jedoch nicht, da sie eine gebürtige Schaa-
nerin und nicht in Balzers aufgewachsen ist. Sowohl
Maria tJämmerle als auch Maria tieim bestätigen, dass
man sich besonders als Geschäftsleute gut überlegte,
wo man einkaufte. Wilma Köhler führt aus, dass sie
beispielsweise ihre Schuhe bei demjenigen Schuhma
cher kauften, der auch bei ihnen in der Bäckerei sein
Brot holte. Generell habe man aber darauf geachtet,
dass man abwechselte und reihum einkaufte, wie die
beiden betonen. So kam es, dass sie manchmal Schu
he bekamen, die ihnen gar nicht gefielen, lacht Maria
tJeim. Grundsätzlich war es den Dorfladenbesitzern
wohl immer wichtig, sich gegenseitig zu unterstüt
zen und so haben sich Geschäftsleute untereinander
jeweils mit dem Gruss «Guate Gschäft» voneinander
verabschiedet.