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Posthalter Ewald Meier holte 1971 das Schild der alten Post an
der Rietstrasse von der Wand. Dabei auch die Briefträger Georg
Frick und Alois Frick, sowie Vera Meier mit Pudel, Vreni Venzin
(Schalterangestellte), Magdalena Brunhart, verheiratete Bürzle
(Briefträgerin), und Arthur Brunhart (Ferienablöser).
eine Postlehre. 1971 bis 1973 besuchte Remo Vogt als
erster Balzner die postspezifische Ausbildung an der
Verkehrsschule St. Gallen. Er führte später als Balzner
Posthalter die EDV am Arbeitsplatz ein. Als «Ferienab
löser» der Briefträger waren über die Schulferien hinweg
auch Schüler und Studenten beschäftigt.
Briefträger trugen Verantwortung, man zählte auf ihre
Verschwiegenheit. Sie verteilten Briefe, Zeitungen, Pa
kete, Eingeschriebenes, Gerichtsvorladungen, Nach
nahmen, Geldanweisungen, AHV, Kinderzulage, Leh
rerlöhne, Werbung, Telefonbücher und anderes mehr,
das zweimal am Tag, am Samstag einmal. Bis in die
1970er-Jahre erschien zum Beispiel die Neue Zürcher
Zeitung mit einer Morgen-, Mittag- und Abendausga
be, die auch zugestellt werden musste. Den Briefträgern
waren die Häuser vertraut, sie erlebten deren Bewoh
ner und erfuhren oft ihre persönlichen Lebensumstände
und manchmal erstaunlichen Geschichten - und könn
ten selber viele Erlebnisse erzählen.
Weil bis in die 1970er-Jahre nicht alle Häuser Briefkäs
ten hatten, legten die Briefträger die Post, wenn nie
mand zu Hause war und die Tür offen stand, zum Bei
spiel auf die Haustreppe, den Küchentisch oder auf das
Stubenbuffet, oder in Vorhäuschen, Schopf oder Stall.
Ab und zu zeigten die Kunden den im Abwesenheits
fall gewünschten Ablageplatz an. Das konnte auch - wie
ich mich als langjähriger Aushilfsbriefträger erinnere -,
eine Scheiterbeige im Schopf sein, ein Spalt im Tenns
tor oder aber der Nachbar über der Strasse. Oft wussten
die Briefträger, wo der Hausschlüssel versorgt war. 32 Ab
1974 schrieb die Post normgerechte Briefkästen an der
Grundstücksgrenze beim Gehweg des Postboten vor.
Das brachte zwar Zeitgewinne [und Personaleinsparun
gen), aber auch einen Verlust an Kontakt, den vor allem
ältere Personen geschätzt hatten.
Den Bedarf an Personal eruierte die Post mittels Zu
stellkontrollen. 33 Diese führten die Briefträger entweder
selber durch, oder die Kreispostdirektion schickte einen
Inspektor, der die Touren mit dem Briefboten mitlielj
die verteilte Post zählte und die Strecke sowie den Zeit
aufwand in Minuten mass. Ein Stiegentritt zum Beispiel
galt als ein Meter Laufweg. Die Kontrollen belegen den
steigenden Zeitaufwand beim Zustelldienst. Er wuchs
in Balzers von 565 Minuten im Jahr 1927 über T190
Minuten 1958 bis auf 1’760 Minuten im Jahr 1979.
Dafür setzte die Post 1927 den Posthalter mit 40 Mi
nuten «Autobedienung» und für die übrige Zeit den Pri
vatbriefträger ein. 1959 waren zwei Briefträger, ein Pri
vatbriefträger und 40 Minuten Zustelldienst durch den
Posthalter erforderlich, zwanzig Jahre später schon vier
- nun motorisierte - Briefträger. Die Zustellkontrollen
zeigen, dass die Briefboten, von denen jeder schon Mitte
der 1960er-Jahre täglich über 100 kg Post zu verteilen
hatte, oft überlastet waren.
Um die Grundversorgung trotz des Wachstums der Ge
meinde in allen Bereichen, Personaldruck und veränder
ten Lebens- und Geschäftsgewohnheiten zu gewährleis
ten, war eine effiziente Postorganisation unerlässlich. 34
Dafür dienten Massnahmen wie die Motorisierung. Seit
1960 wurden Kleinmotorräder [Klemos] eingesetzt, ab
1966 stand in Balzers ein VW-Kleinfourgon zur Verfü
gung, um Geschäfte und die entferntesten und höchst
gelegenen Zustelladressen zu bedienen. 1976 verfügte
die Post Balzers über einen VW-Kastenwagen «Fridolin»,
einen Elektro-Handfourgon, ein Kleinmotorrad und ein
Gepäckfahrrad, beide mit Anhänger. Schon 1971 galt
für die Paketzustellung die Fünf- statt Sechstagewoche.