Volltext: Balzner Neujahrsblätter (2018) (2018)

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ihre Fuhren über die rechtsufrige Strasse zu führen. 
Ein einigermassen zeitgemässer Ausbau der rechtsuf 
rigen Landstrasse erfolgte aber in Liechtenstein erst 
in den Jahren 1770 bis 1782, nicht ohne vorderöster 
reichischen Druck, nachdem Vorarlberg von 1768 bis 
1771 vorangegangen war. Graubünden folgte mit dem 
Ausbau der «Deutschen Strasse» in den Jahren von 
1782 bis 1788. 
Der Bau der Schollbergstrasse eröffnete auch einen leis 
tungsfähigeren neuen Einfuhrweg für das Tiroler Salz, 
das bis ins frühe 19. Jahrhundert über den Arlberg nach 
Zürich und in die Innerschweiz gebracht wurde. 10 Das 
Salz [das über die St. Luzisteig ausserdem auch nach 
Graubünden eingeführt wurde] scheint das wichtigste 
Transportgut der Liechtensteiner Luhrleute gewesen 
zu sein. Dabei fiel dem Rheinübergang bei Trübbach 
eine Schlüsselrolle zu. Die Zufahrt lief seit jeher über 
Mäls; sie wurde auf Drängen der Regierung des Stan 
des Glarus, der werdenbergischen Landesherren, 1793 
ebenfalls ausgebaut. Trotzdem soll sie noch 1820 nur 
schlecht befahrbar gewesen sein. 11 Das lag vermutlich 
an der topographischen Tatsache, dass sich die Mälser 
Schifflände nicht wie ihr Trübbacher Gegenstück auf 
eine gute Landfeste stützen konnte und die Zufahrt 
über offenes Schwemmland der Rheinebene führen 
musste [vgl. Abb. 2, 3]. Umso wichtiger war es, die Zu 
fahrt bei gefrorenem Boden befahren zu können, was 
sicher das Interesse an der Winterbrücke bei Trübbach 
begründet hat. 
Wie die Einrichtung einer Sust in Trübbach, 12 der Tarif 
der Lähre von 1654 13 und die mehrfach erwähnte, fahr 
bare Winterbrücke 14 zeigen, hatte wahrscheinlich der 
fern verkehr bis ins frühe 19. Jahrhundert einen grös 
seren Einfluss als die lokalen Bedürfnisse. So erwähnt 
der Tarif neben Heu- und Streuefudern und Vieh, 
die eher dem lokalen Bedarf entsprachen, unter an 
derem ausdrücklich vierspännige Wagen, zweiachsige 
fuhrwerke, Mühlsteine, Salzfässer und Ladungen mit 
Kaufmannsware, die übergesetzt wurden oder über die 
Rheinbrücke oder durch die Rheinfurten geführt wur 
den. für die Einheimischen bestand der hauptsächlich 
Nutzen der Lähre wohl im Zugang zum Sarganser 
Markt, bildete das Städtchen doch den nächstgelege 
nen Marktort, auch wenn es an Bedeutung hinter feld- 
kirch und Chur zurückstand. 
Erst im 19. Jahrhundert begann eine Verkehrsverla- 
gerung vom rechten auf das linke Rheinufer, welche 
das Interesse der Balzner an der Existenz eines dauer 
haften und leistungsfähigen Rheinübergangs vertiefte. 
1821 wurde die sanktgallische Rheintalstrasse, eine 
voll ausgebaute Chaussée, mit der neuen, dem Rhein 
ufer folgenden Schollbergstrasse eröffnet. 1858 folgte 
die Eröffnung der Eisenbahnlinie Chur-Rheineck mit 
dem Bahnhof Trübbach. Schliesslich entstand auf der 
Schweizer Seite ab den 1960er-Jahren die Autobahn 
A 13 als derzeit leistungsfähigste Verkehrsträgerin im 
Alpenrheintal. 
Das «Fahr am Schollberg» (Mittelalter bis 1871) 
Nur bei Niedrigwasser liess sich der Rhein unterhalb 
des Schollbergs furten, das heisst zu Fuss, mit Reit 
tieren oder Wagen durchqueren. Dem Bau der ersten 
dauerhaften Rheinbrücke, der Vorgängerin der beste 
henden Brücke, im Jahr 1871 gingen deshalb Jahrhun 
derte voraus, in denen der Übergang über den Rhein 
hauptsächlich mit einer Fähre bewältigt wurde. 
1507 wird «das Fahr am Schollberg» erstmals in einer 
Schriftquelle, dem Urbar der Herren von Brandis, er 
wähnt, die dort den Zoll besassen, nicht aber das Fahr. 15 
1517 erwarben es die Glarner als Besitz der Herrschaft 
Wartau. 16 Dass dieses Fahr im frühen 16. Jahrhundert 
erstmals in den Quellen erscheint, dürfte mit der 1492 
erfolgten Eröffnung der Schollbergstrasse [der heutigen 
«alten Schollbergstrasse»] in Zusammenhang stehen. 
Als «Fahr» bezeichnete man seit dem Mittelalter die 
gesamte Einrichtung einer Fähre, mit dem Fahrrecht 
[dem ausschliesslichen Recht, auf einem bestimmten 
Flussabschnitt Personen, Vieh, Fahrzeuge und Güter 
überzusetzen], der Übersetzstelle und der gesamten 
Ausstattung der Fähre [Weidlinge, evtl. Wagenschiff, 
evtl. Fährseil]. Das ausschliessliche Übersetzrecht ge 
währleistete die wirtschaftliche Grundlage des Fährbe 
triebs und wurde deshalb von der Obrigkeit und den 
Fährleuten stets durchgesetzt. Die Fährleute erhielten 
deshalb auch eine Abgabe von Fuhren, die durch den 
Rhein geführt wurden, sowie von den Benützern der 
Winterbrücke, die zeitweilig anstelle der Fähre einge 
richtet und vor der Schneeschmelze wieder abgebro 
chen wurde. 
Erstaunlicherweise lag das Fahr offensichtlich wäh 
rend seiner langen Betriebszeit immer an derselben
	        

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