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ihre Fuhren über die rechtsufrige Strasse zu führen.
Ein einigermassen zeitgemässer Ausbau der rechtsuf
rigen Landstrasse erfolgte aber in Liechtenstein erst
in den Jahren 1770 bis 1782, nicht ohne vorderöster
reichischen Druck, nachdem Vorarlberg von 1768 bis
1771 vorangegangen war. Graubünden folgte mit dem
Ausbau der «Deutschen Strasse» in den Jahren von
1782 bis 1788.
Der Bau der Schollbergstrasse eröffnete auch einen leis
tungsfähigeren neuen Einfuhrweg für das Tiroler Salz,
das bis ins frühe 19. Jahrhundert über den Arlberg nach
Zürich und in die Innerschweiz gebracht wurde. 10 Das
Salz [das über die St. Luzisteig ausserdem auch nach
Graubünden eingeführt wurde] scheint das wichtigste
Transportgut der Liechtensteiner Luhrleute gewesen
zu sein. Dabei fiel dem Rheinübergang bei Trübbach
eine Schlüsselrolle zu. Die Zufahrt lief seit jeher über
Mäls; sie wurde auf Drängen der Regierung des Stan
des Glarus, der werdenbergischen Landesherren, 1793
ebenfalls ausgebaut. Trotzdem soll sie noch 1820 nur
schlecht befahrbar gewesen sein. 11 Das lag vermutlich
an der topographischen Tatsache, dass sich die Mälser
Schifflände nicht wie ihr Trübbacher Gegenstück auf
eine gute Landfeste stützen konnte und die Zufahrt
über offenes Schwemmland der Rheinebene führen
musste [vgl. Abb. 2, 3]. Umso wichtiger war es, die Zu
fahrt bei gefrorenem Boden befahren zu können, was
sicher das Interesse an der Winterbrücke bei Trübbach
begründet hat.
Wie die Einrichtung einer Sust in Trübbach, 12 der Tarif
der Lähre von 1654 13 und die mehrfach erwähnte, fahr
bare Winterbrücke 14 zeigen, hatte wahrscheinlich der
fern verkehr bis ins frühe 19. Jahrhundert einen grös
seren Einfluss als die lokalen Bedürfnisse. So erwähnt
der Tarif neben Heu- und Streuefudern und Vieh,
die eher dem lokalen Bedarf entsprachen, unter an
derem ausdrücklich vierspännige Wagen, zweiachsige
fuhrwerke, Mühlsteine, Salzfässer und Ladungen mit
Kaufmannsware, die übergesetzt wurden oder über die
Rheinbrücke oder durch die Rheinfurten geführt wur
den. für die Einheimischen bestand der hauptsächlich
Nutzen der Lähre wohl im Zugang zum Sarganser
Markt, bildete das Städtchen doch den nächstgelege
nen Marktort, auch wenn es an Bedeutung hinter feld-
kirch und Chur zurückstand.
Erst im 19. Jahrhundert begann eine Verkehrsverla-
gerung vom rechten auf das linke Rheinufer, welche
das Interesse der Balzner an der Existenz eines dauer
haften und leistungsfähigen Rheinübergangs vertiefte.
1821 wurde die sanktgallische Rheintalstrasse, eine
voll ausgebaute Chaussée, mit der neuen, dem Rhein
ufer folgenden Schollbergstrasse eröffnet. 1858 folgte
die Eröffnung der Eisenbahnlinie Chur-Rheineck mit
dem Bahnhof Trübbach. Schliesslich entstand auf der
Schweizer Seite ab den 1960er-Jahren die Autobahn
A 13 als derzeit leistungsfähigste Verkehrsträgerin im
Alpenrheintal.
Das «Fahr am Schollberg» (Mittelalter bis 1871)
Nur bei Niedrigwasser liess sich der Rhein unterhalb
des Schollbergs furten, das heisst zu Fuss, mit Reit
tieren oder Wagen durchqueren. Dem Bau der ersten
dauerhaften Rheinbrücke, der Vorgängerin der beste
henden Brücke, im Jahr 1871 gingen deshalb Jahrhun
derte voraus, in denen der Übergang über den Rhein
hauptsächlich mit einer Fähre bewältigt wurde.
1507 wird «das Fahr am Schollberg» erstmals in einer
Schriftquelle, dem Urbar der Herren von Brandis, er
wähnt, die dort den Zoll besassen, nicht aber das Fahr. 15
1517 erwarben es die Glarner als Besitz der Herrschaft
Wartau. 16 Dass dieses Fahr im frühen 16. Jahrhundert
erstmals in den Quellen erscheint, dürfte mit der 1492
erfolgten Eröffnung der Schollbergstrasse [der heutigen
«alten Schollbergstrasse»] in Zusammenhang stehen.
Als «Fahr» bezeichnete man seit dem Mittelalter die
gesamte Einrichtung einer Fähre, mit dem Fahrrecht
[dem ausschliesslichen Recht, auf einem bestimmten
Flussabschnitt Personen, Vieh, Fahrzeuge und Güter
überzusetzen], der Übersetzstelle und der gesamten
Ausstattung der Fähre [Weidlinge, evtl. Wagenschiff,
evtl. Fährseil]. Das ausschliessliche Übersetzrecht ge
währleistete die wirtschaftliche Grundlage des Fährbe
triebs und wurde deshalb von der Obrigkeit und den
Fährleuten stets durchgesetzt. Die Fährleute erhielten
deshalb auch eine Abgabe von Fuhren, die durch den
Rhein geführt wurden, sowie von den Benützern der
Winterbrücke, die zeitweilig anstelle der Fähre einge
richtet und vor der Schneeschmelze wieder abgebro
chen wurde.
Erstaunlicherweise lag das Fahr offensichtlich wäh
rend seiner langen Betriebszeit immer an derselben