Volltext: Balzner Neujahrsblätter (2018) (2018)

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«Die Verweigerung der [...] Konzession könnte daher nur 
als ein Akt ganz besonderer Unfreundlichkeit gegenüber 
dem kleinen Fürstentum, welches mit den schweizerischen 
Nachbarn stets in bestem Einvernehmen stand, welchem 
aber trotz alldem ein Aufschwung missgönnt wird, ange 
sehen werden.» 6 
Bundesrat Zemp unterstützte das Projekt 
Nach wie vor hielten die Beamten und Ingenieure im 
Eisenbahndepartement an einer SBB-konformen Hal 
tung fest: «Der Zweck der Linie ist weniger dem Lokalver 
kehr zu dienen, als der Rhätischen Bahn einen direkten 
Anschlusspunkt an ausländische Linien zu verschaffen.» 7 
Das Projekt wurde zur Chefsache. Man einigte sich 
darauf, «diesen Streitpunkt dem Entscheide des Herrn 
Departementvorstehers vorzulegen». 8 Interessanterwei 
se entschied Bundesrat Josef Zemp auf <Nebenbahn>, 
«da diese vorwiegend lokalen Bedürfnissen zu dienen 
bestimmt sei.» Zemp überging damit die zuständigen 
Chefbeamten im Eisenbahndepartement und liess sich 
auch vom SBB-Verwaltungsrat nicht einbinden. 
Wirtschaftsmotor für Liechtenstein 
Mit der Botschaft an das Parlament vom 16. April 1907 
empfahl der Bundesrat die Erteilung der Konzession, 
und das Liechtensteiner Volksblatt) kommentierte am 
31. Mai 1907 hoffnungsvoll: 
«Wir Liechtensteiner begrüssen es, dass der Bundesrat 
und die beiden Kantonsregierungen (SG und GR] nicht 
den geschäftlichen Standpunkt der Bundesbahnen ein- 
nahmen, sondern im Sinne einer richtigen Verkehrsrai- 
son und Staatsraison ihre dem Frojekte zustimmenden 
Beschlüsse fassten [...] Die Zustimmung der Bundesver 
sammlung wird in der Hauptsache schweizerischen Inter 
essen - der Kanton Graubünden, die rhätischen Bahnen 
und der Kurort Ragaz gehören in diese Interessensphä 
re - nützen, daneben aber in freundnachbarlicher Weise 
dem kleinen Nachbarland Liechtenstein ermöglichen, aus 
seiner Isolierung etwas herauszutreten und seinen Ver 
kehr zu verbessern.» 
Die Hoffnung keimte bereits 1881 
Liechtenstein kämpfte bis anfangs des 20. Jahrhun 
derts mit grossen ökonomischen Problemen. Politisch 
seit 1806 ein souveräner Staat, wirtschaftlich seit 1852 
durch einen Zollvertrag mit dem Kaiserreich Öster 
reich-Ungarn verbunden, suchte es als kleines Agrar- 
und Textilindustrieland die Infrastruktur und damit 
die Wirtschaft zu fördern. Eine das ganze Fürstentum 
durchziehende Schmalspurlinie hätte dem Land tat 
sächlich jene bedeutenden Infrastrukturverbesserun 
gen gebracht, für die es bereits Jahrzehnte zuvor ge 
kämpft hatte. 
So gelangte das «Eisenbahn-Comite Vaduz» am 26. 
Juni 1881 mit einer Petition an den «Hohen Landtag», 
betreffend die Verlängerung der Eisenbahn von Schaan 
über Balzers nach Sargans. Der Landesausschuss solle 
«mit dem Vorarlberger Landtage zu geeigneter Zeit sich 
ins Benehmen zu setzen, damit dieser beim österr. Han 
delsministerium die bezüglichen Verhandlungen einleite 
u. dass der Landesausschuss überhaupt zur Förderung 
dieses Projektes in Aktion trete.» 9 
Unterschrieben war der Vorstoss von den Herren G. 
Arbenz, Dr. Albert Schädler, Xaver Bargetze, Anton 
Real, Ingenieur Carl Schädler, Dr. Rudolf Schädler 
und Job. A. Amann. Es sei, so glaubten damals diese 
Pioniere, «nach unseren bisherigen Informationen eine 
Behinderung von Seite der Schweiz und namentlich der 
Vereinigten Schweizerbahnen nicht zu befürchten». 10 
Wie dramatisch die ökonomische Situation Liechten 
steins damals war, unterstreicht eine weitere Passage: 
«Für unser Land würde die Erstellung dieser durch das 
ganze Fürstenthum führenden Verkehrswege unzweifelhaft 
von grossem Nutzen und in Anbetracht der hiesigen 
sehr gedrückten Lage, der exorbitanten Besteuerung und 
besonders auch der grossen Verdienstlosigkeit ein äusserst 
wichtiges Mittel [sein], den gesunkenen Volkswohlstand 
in gesunder und dauernder Weise zu heben.» 11 
Das Bahnprojekt sei für das Land zur existentiellen 
Lebensfrage geworden. 
Trotz Fleiss und Sparsamkeit verarmt 
Ebenfalls 1881 schilderte das Liechtensteiner Volks 
blatt) die kritische ökonomische Situation im Fürs 
tentum, dies im Zusammenhang mit dem in Wien be 
schlossenen Bau einer Arlberg-Bahn: 
«Der Bevölkerung unseres Landes mangelt es hauptsäch 
lich an lohnender Beschäftigung in der Heimat, und wie 
derholte Missernten haben schwere Notstände hervorge 
rufen. Eine dauernde Verbesserung der wirtschaftlichen 
Verhältnisse ist aber nur durch den Bau dieser Bahn zu 
erhoffen [...] Der Bahnbau bringt uns Verdienst, indem 
unsere Arbeitskräfte Verwendung finden. Die Bahn selbst 
ist nach ihrer Inbetriebsetzung im Stande die einheimi-
	        

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