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Sicherheit festgestellt werden, worauf schon Paul Vogt
zu Recht hingewiesen hat.
Als Hypothesen können und dürfen zur Diskussion ge
stellt werden: Bei der 1389 erzielten Regelung handelt
es sich lediglich um die schriftliche Festhaltung einer
von den Konfliktparteien bereits vorgängig - vermut
lich in einem Untergang - mündlich erzielten Eini
gung über die durch eine von den involvierten Partei
en gemeinsam festgelegte Grenzziehung, gegenseitig
zugebilligten Weidegründe an der St. Luzisteig. Dies
bedeutete, dass Weidegründe an der St. Luzisteig ein
ander gegenseitig zugebilligt wurden. Diese Grenzfest
legung zwischen Dorfgenossenschaften verschiedener
Herrschaften markiert aber zugleich auch das den je
weiligen Dorfgenossen zugestandene Verfügungsrecht
über ein genossenschaftlich zu nutzendes Gebiet, mit
hin eine Dorfgrenze. Dass dieser Dorfgrenze letztlich
der Charakter einer Landes- bzw. Herrschaftsgrenze
zuzuschreiben ist, mag der tiefere Grund für die bei
den Herrschafts- und Parteienvertreter, Heinrich V. von
Werdenberg-Sargans zu Vaduz auf der Seite Balzers
und Donat von Toggenburg auf der Seite Fläsch/Mai
enfeld, gewesen sein, um diesen Prozess vor Gericht
anzustrengen. Ihr beiderseitiges Interesse an einem so
provozierten Schiedsgericht könnte in ihrem Versuch
vermutet werden, das für sie grundsätzlich wohl wich
tigere Thema einer einvernehmlichen Festlegung ihrer
Herrschaftsgrenzen zur Sprache zu bringen.
In der für die nächste Ausgabe der Balzner Neu
jahrsblätter vorgesehenen Fortsetzung unseres Beitrags
über die Balzner Grenzkonflikte werden wir uns mit
der Schiedsgerichtsurkunde vom 20. Juni 1463 [Sig.:
Gemeindearchiv Fläsch U9] befassen, die erneut ent
standene Nuzungskonflikte zwischen der Dorfgenos
senschaft Balzers und einigen Dorfgenossen von Fläsch
und Maienfeld an der St. Luzisteig zu regeln versucht.
Es wird sich zeigen, ob sich aus dieser Urkunde allen
falls neue Erkenntnisse oder zumindest weitere plau
sible Vermutungen für die Untermauerung unserer
aufgestellten Hypothesen ziehen lassen.