Volltext: Balzner Neujahrsblätter (2017) (2017)

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Arthur Brunhart 
Die Gemeindeautonomie. Realität? Illusion? Heilige Kuh? 
Gemeindeautonomie, Selbstverwaltung, Selbstbestim 
mungsrecht, ja sogar Gemeindefusionen kommen in 
Liechtenstein sporadisch ins Gespräch. Die Gemeinde 
autonomie stehe angesichts grosser Herausforderungen 
unter Druck, die Handlungsfähigkeit der Gemeinden 
sei von zunehmender Regelungsdichte, Kompetenz 
verschiebungen von den Gemeinden an den Staat, der 
Allmacht von Regierung und Landesverwaltung sowie 
einem «wuchernden Expertentum» eingeschränkt. 
Mit dieser Erfahrung ist Liechtenstein nicht allein. In 
der Schweiz trug 2012 ein Zeitungsartikel die Über 
schrift: «Die Ermordung der Gemeindeautonomie». 
2009 fassten die Schweizer Gemeinden eine Resolution 
gegen die zunehmende Einschränkung ihrer Autono 
mie, 2014 brachte der Schaffhauser Ständerat Thomas 
Minder, in dessen Kanton man schon überlege, «einen 
unitaristischen Einheitskanton ohne Gemeinden zu 
installieren», im Parlament eine Motion ein, um die 
Teilhabe an der lokalen Demokratie zu erweitern und 
«dieses urschweizerische Prinzip auch für die Zukunft 
nachhaltig zu sichern». 
Seite 6: Anlässlich der 15O-Jahr-Feier der liechtensteinischen 
Souveränität verlieh Fürst Franz Josef II. der Gemeinde Fal 
zers das Recht, ein Gemeindewappen zu führen: «Im blauen 
Feld aufrecht einen goldenen Greif. Mit roter Zunge und rot 
bewehrt». Gleichzeitig erhielt sie eine Flagge, ein goldenes Band 
auf blauem Grund. Das Bahner Hoheitszeichen lehnt sich an 
das Wappen des um 1300 auf Gutenberg ansässigen Heinrich 
von Frauenberg an. 
Grund genug, einen Blick auf die Gemeinde 
autonomie in Liechtenstein zu werfen. Es würde sich 
lohnen, dem Thema mit Sicht auf ihre Relevanz seit 
der Totalrevision des Gemeindegesetzes 1996 und die 
heute gelebte Realität vertieft nachzugehen. 
Gemeinden in Verfassung und Gesetz 
Die Gemeinden haben im Fürstentum Liechtenstein, 
das sich vor 30 Jahren auch der Europäischen Charta 
der kommunalen Selbstverwaltung verpflichtete, eine 
starke Stellung. Das kommt in mehreren Artikeln der 
Landesverfassung (TV) zum Ausdruck. 
Staat mit elf Gemeinden? 
Gemäss Artikel 1 ist das Fürstentum Liechtenstein 
«ein Staatsverband von zwei Landschaften mit elf 
Gemeinden» und soll «den innerhalb seiner Grenzen 
lebenden Menschen dazu dienen, in Freiheit und 
Frieden miteinander leben zu können». 
Artikel 4 gesteht den Gemeinden aber die Mög 
lichkeit zu, aus dem Staatsverband auszutreten, ein 
Recht, das 2003 gegen starke Kritik eingeführt wurde 
und nach Ansicht der Rechtsgelehrten zahlreiche 
Fragen verfassungsrechtlicher, formaler, juristischer 
und prozeduraler Natur aufwirft. 1 
Das Austrittsrecht beruht auf dem Gedanken der 
Selbstbestimmung, 2 dem Recht des Einzelnen oder 
von Gruppen, die eigenen Angelegenheiten frei und 
auf eigene Verantwortung zu gestalten. Das Austritts-
	        

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