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Rheinseite - kamen in den Seitengewässern noch im
19. Jahrhundert etwa 25 verschiedene Fischarten vor.
In den 1980er-Jahren waren es nur noch vier, denn
praktisch alle Gewässer des Talraums waren verändert
worden und die einzige Mündung, jene des Binnenka
nals in Ruggell, hing in der Luft und war unpassierbar.
Durch die Korrektur wurde der Alpenrhein selbst den
Bachforellen, Stromern, Seeforellen, Äschen, Nasen
und vielen weiteren Fischarten als Laich- und Brutge
biet genommen. Er fliesst zu schnell, es finden sich
kaum mehr ruhige Bereiche, die für Jungfische oder
strömungsmeidende Fischarten geeignet wären. Dank
der Revitalisierung der Binnenkanalmündung, ihrer ni
veaugleichen Anbindung an den Alpenrhein und weite
rer Revitalisierungen können heute etwa 18 verschiede
ne Fischarten im Gewässersystem gezählt werden. Die
meisten von ihnen sind selten. Fischökologisch gesehen
ist der Alpenrhein in einem schlechten Zustand, wie
den Untersuchungsergebnissen des letzten Monitorings
zu entnehmen ist.
Die Fischfauna war und ist nur ein Teil des einstigen
Ökosystems Alpenrhein, wenn auch der am besten be
schriebene. Die Auwälder und Riedlandschaften boten
Lebensraum für zahlreiche weitere Tier- und Pflanzen
arten. Die Feuchtgebiete waren reich an Insekten, die
wiederum die Nahrungsgrundlage für Vögel, Kleinsäu
ger und Amphibien bildeten. Prächtige Libellen gingen
über den Wasserflächen und entlang der Auenvegeta-
tion auf die Jagd. Auch weitere gewässerbrütende In
sektenarten kamen in grosser Zahl und Vielfalt vor und
bildeten eine wichtige Nahrungsgrundlage. Der Al
penrhein schuf immer wieder offene Bodenstellen für
bodenbrütende Wildbienen und andere Insektenarten.
Heute sind viele von ihnen selten oder gar verschwun
den, was sich auch auf unsere Fische, Vögel, Fledermäu
se oder Amphibien auswirkt. Zahlreiche Vogelarten,
wie Pirol, Eisvogel, Gebirgsstelze oder Flussregenpfeifer
bewohnten die ausgedehnten Auwälder, die einst den
Alpenrhein säumten. Heute sind sie selten geworden.
In den Hinterwässern und Altarmen fanden Gelbbauch
unken, Erdkröten und verschiedene Froscharten ideale
Laichgebiete. Auch sie gelten heute als gefährdet, und
der Laubfrosch, einst ein typischer Auwaldbewohner,
ist bei uns sogar ausgestorben.
Zwischen Balzers und der Mündung des Alpenrheins
in den Bodensee gibt es heute keine natürlichen Ufer
mehr, der Fluss stösst direkt an den Blockwurf. Die
Verbindung zwischen Land- und Wasserlebensräumen
Abb. 5: Die Äsche, eine strömungsliebende Fischart, war im
19. Jahrhundert eine häufige Rheinbewohnerin.
Abb. 6: Der Eisvogel, ein typischer Auwaldbewohner
fehlt, die artenreichen Saumbiotope sind verschwun
den und mit ihnen ein Stück Biodiversität. Von der
einstigen Lebensraumvielfalt am Alpenrhein zeugen
heute nur noch Relikte wie einige ehemalige Auwäl
der, welche allerdings nicht mehr mit dem Fluss in Ver
bindung stehen und dadurch ihre Dynamik eingebüsst
haben, oder die föhrenbestandenen Trockenauen im
Gebiet «Fora-Entamoos-Neugrüt». Die Balzner
Giessen werden heute nicht mehr vom Grundwasser
gespeist, sondern vom Oberflächenwasser des Rheins,
das über eine Rohrleitung vom Ellhorn bis ins Äule-
häg geführt wird. Nur ihr Verlauf ist der gleiche wie
damals.
Durch eine Aufweitung des Flussraums können neue
Biotope geschaffen und vorhandene Lebensräume auf
gewertet und vernetzt werden. Die kleinen Gewässer
entlang des Dammfusses bringen einige Amphibien-