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Mario F. Broggi, Wilfried Kaufmann (t), Rudolf Staub
Orchideenreiche Magerwiesen «Senne-Zepfel-Fokswinkel-Wesa»
(Balzers-Thesen)
Die meisten Rüfe-Schuttkegel von Balzers bis Schaan
wald sind wegen des skelettreichen Untergrunds was
serdurchlässig und damit austrocknungsgefährdet. Das
begünstigte bis weit ins 20. Jahrhundert hinein das
Bestehen von Heidewiesen. Der Feldkircher Botaniker
Josef Murr war beim Besuch der Liechtensteiner Hei
dewiesen ob ihrer Vielfalt ins Schwärmen geraten:
«Auf meinen nun fast fünfzigjährigen Wanderungen habe
ich selten ein so freundliches Florenhild gesehen, wie auf
den blumenreichen, in unverletzter, durch keinen Dung
vernichteten Ursprünglichkeit sprossenden Heidewiesen,
die sich von der Dux-Kapelle gegen die Vaduzer Fabrik
hinüber erstrecken, kurzrasigen und dabei doch weichen
Matten, [über] welche der Pflanzenfreund gehen kann,
ohne dem Besitzer etwa durch Zertreten eines mastigen
Krautwuchses Schaden zuzufügen» [Murr 1921].
Er begründete diesen Artenreichtum und «liebliche
Mischung» mit den Ausläufern der Bündner Föhnflora,
verbunden mit einer alpinen, aus der Eiszeit oder von
Felsstürzen und Abschwemmungen gebliebenen Pflan
zenwelt. Von diesen lange extensiv genutzten Heide
wiesen sind nach der Überbauung der Villenviertel in
Schaan und Vaduz und durch die generelle Intensivie
rung der Landwirtschaft nach dem Zweiten Weltkrieg
nur mehr Reste verblieben. Sie konzentrieren sich
heute auf den südlichen Schutttrichter der Lawena-
rüfe im Bereich «Senne-Zepfel-Fokswinkel-Wesa»
im Grenzgebiet der Gemeinden Triesen und Balzers.
Diese bunten Blumenwiesen auf dem leicht geneigten
Wildbach-Schuttkegel gehören damit zu den gröss
ten und schönsten des Landes. Sie sind zudem von
Hecken, Baumreihen, Wäldchen und kleinen Fliessge-
wässern gekennzeichnet. Diese Geländekammern sind
damit für die Erholungsnutzung besonders attraktiv.
Die trockenen Magerwiesen bilden neben den über
schwemmbaren Auen der meistgefährdetste Biotoptyp
Liechtensteins. Es ist davon auszugehen, dass 99 Pro
zent dieses Lebensraums im Verlaufe des 20. Jahrhun
derts aus dem Talraum verschwunden sind. Diese
Reste verdienen damit unser besonderes Augenmerk.
Die naturräumliche Ausgangslage
Die Landschaft zwischen «Feld - Periol- Bofel» nordseits
der Badtobel- und Lawenarüfe und «Senne-Wesa-Ze-
pfel - Fokswinkel» südlich der Lawenarüfe sind auf
circa 160 ha Fläche eine für Liechtenstein einmalige
Heckenlandschaft. Sie bildet mit diesen Geländekam
mern eine noch traditionelle Kulturlandschaft. Die
Baumheckenstreifen folgen dabei häufig den Parzellen
grenzen. Diese wachsen oft auf zusammengehäuften
Steinen, die aus den umgebenden Parzellen entfernt
worden sind. Während nördlich der Badtobelrüfe im
Bereich «Neufeld-Uf der Röh - Pfarrslangacker»
deutlich hangparallele Terrassenstrukturen der nach
geformten Acker-Kulturlandschaft sichtbar sind, ist die
Seite 34: Die Magerwiesen zwischen Triesen und Balzers.