Volltext: Balzner Neujahrsblätter (2017) (2017)

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in einem Schuppen schlafen musste, wenn ihm nicht 
ein Bauer einen Unterschlupf für eine Nacht bot. Er 
nähren musste er sich wohl meist von dem, was er im 
Wald fand, irgendwo stahl oder erbettelte. Es entbehrt 
nicht einer gewissen Tragik, dass der Schuldbrief über 
40 Gulden, den er nicht mehr einlösen konnte, ein 
gewisses Vermögen dargestellt hätte, von dem er in 
der schlimmsten Not hätte zehren können. 
Die Sterberegisterbücher der Pfarrei Balzers 
Die wichtigste Quelle zum vorliegenden Beitrag über 
das fJungerjahr in Balzers ist das Pfarrbuch der Ge 
meinde Balzers, das im Gemeindearchiv aufbewahrt 
wird. Darin sind die Geburten, Todesfälle, Ehen und 
Firmungen verzeichnet. Wertvoll für diese Arbeit ist 
vor allem das Sterberegister, zu dem ich einige ein 
führende Bemerkungen machen möchte. Voraus 
zuschicken ist, dass die Pfarrbücher keine absolut 
zuverlässigen Quellen sind, da einzelne Pfarrherren 
mitunter Geburten und Todesfälle gar nicht oder 
falsch eingetragen haben. 
Das Sterberegister wurde auf Lateinisch geschrieben, 
es ist aber - mit Ausnahme einiger Krankheitsbezeich 
nungen - leicht zu verstehen. Im Sterberegister wird 
zwischen «Infantes» und «Comunicantes» unterschie 
den: 5 «Comunicantes» waren Personen, die die Kom 
munion empfangen durften, sie waren über neun Jahre 
alt. Als «Infantes» wurden Kinder bezeichnet, die die 
Kommunion noch nicht erhielten, sie waren also in 
der Regel weniger als neun Jahre alt. Im Unterschied 
zu den Erwachsenen bekamen die Kinder die Sterbe 
sakramente nicht. Nach katholischer Lehre waren Per 
sonen, «denen der Gebrauch der Vernunft mangelte», 
nicht fähig, dieses Sakrament zu empfangen, da sie 
keine Sünden begehen konnten. Dies waren insbeson 
dere Kinder und geistig Behinderte. Für die Gläubigen 
und den Pfarrer war es wichtig, dass die Sterbenden 
die Sterbesakramente erhielten, da die letzte Ölung 
eine sündenvergebende Wirkung hatte. Die «Vorse 
hung» wurde denn auch im Sterbebuch ausdrücklich 
erwähnt [«omnihus morihundomm sacramentis monitus»: 
versehen mit allen Sterbesakramenten, das heisst 
Beichte, Kommunion und letzte Ölung]. Die Elinter- 
bliebenen konnten damit rechnen, dass der Verstorbe 
ne in den Elimmel aufgenommen worden war. 
Von 1811 bis 1818 war Josef Anton Mayer [1745-1827] 
Pfarrer in Balzers. Bis 1816 gab er im Sterberegister in 
der Regel die Todesursache noch nicht an, nur in be 
sonderen Fällen [zum Beispiel bei Unfall, Verbrechen 
oder manchmal bei Tod im Kindbett] wurde die To 
desursache erwähnt. Ab 1817 führte Pfarrer Mayer das 
Register in neuer Form: Er wählte eine Tabelle mit fünf 
Spalten für das Sterbedatum, den Namen des Verstor 
benen, den Wohnort, das Alter und die Todesursache. 
Bei Kindern wurde in der Regel auch nach 1817 keine 
Todesursache angegeben, was aber keine religiösen 
Gründe gehabt haben dürfte. 
Im Pfarrbuch erwähnte Hungertote 
Peter Kaiser schreibt in seiner Geschichte des Fürsten 
tums Liechtenstein: 
«Die Wiederkehr und der Genuß des Friedens [nach 
dem Wiener Kongress] wurde getrübt durch mehrere 
aufeinander folgende Mißjahre, welche große Not in un 
serer Landschaft erzeugten. Besonders drückend war sie 
in den Jahren 1816 und 1817. Eigentlich Hungers starb 
jedoch Niemand, aber die Folgen des ausgestandenen 
Mangels wurden Vielen tödlich.» b 
Peter Kaiser [1793-1864] hatte die Not als junger 
Mann selber miterlebt, aber in Bezug auf fJunger- 
tote irrte er sich. Richtig ist aber sein Elinweis, dass 
viele Leute nicht am fJunger gestorben sind, sondern 
an Folgekrankheiten, die durch den fJunger und die 
Mangelernährung verursacht wurden. 
Zwei Abbildungen auf einer Hun 
gertafel aus dem Toggenburg. Links 
eine Frau, die sich zusammen mit 
dem Vieh von Gras ernährt; rechts 
ein verhungerter Mann. Das Blatt 
ist am 14. März 1818 datiert und 
wurde von Josabe Zuberbühler aus 
Umäsch verfasst.
	        

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