23
berg zielt und stellt die erfolglose Belagerung und Be-
schiessung der Burg während dem Schwabenkrieg dar.
Der Gedanke, dass die aufgeführten Szenen sich tat
sächlich vor über 400 Jahren an dem Ort der Insze
nierung so ähnlich hätten zutragen können, gab dem
Ganzen bestimmt noch eine zusätzliche Bedeutung.
So hiess es in den Liechtensteiner Nachrichten:
«Nicht ein Spiel, das anderswo auch gespielt werden
könnte, soll «über den Hof> gehen; vergangene Zeit, wie sie
war, wie sie lebte, litt und stritt, soll auferstehen, soll dort
auferstehen, wo sie ins Grab sank.» 25
Auch Minst schlug in seinem Stück eine Brücke in die
Gegenwart, indem er den letzten Gutenberger vor sei
nem Heldentod prophezeien liess:
«Mag diese Burg auch in Flammen zusammenbrechen,
mag der Zahn der Zeit sie zernagen, mögen ihre Mauern
stürzen und sinken - sie wird sich wieder erheben, wie ein
Phönix aus seiner eigenen Asche. Die Zeit wird kommen,
da wiederum ihre Türme und Zinnen ins schöne grüne
Rheintal hinabgrüssen und wiederum durch die Tore der
gastlichen Burg frisches Leben wogt.» 26
Zusätzliche Abendaufführungen
Das Freilichtspiel war rundum ein voller Erfolg. Die auf
gerichtete Tribüne im Innenhof, welche etwa 200 Zu
schauerinnen und Zuschauern Platz bot, 27 war bei jeder
Aufführung randvoll besetzt. Das Volksblatt berichtete:
«Das Burgenspiel [...] hat die Zuschauer aus Nah und
Fern vollauf befriedigt. Das tragische Geschick des letzten
Gutenbergers erweckte die Teilnahme der Zuschauer.» 28
Und in den Liechtensteiner Nachrichten wurde be
richtet:
«Unter den zahlreichen Zuschauern waren viele, die dem
Stück zum zweiten Male beiwohnten. Die Darbietungen
wurden allerseits mit regem Beifall auf genommen.» 29
Die Aufführungen fanden jeweils sonntags von 15 bis
etwa 17 Uhr statt. Aufgrund der grossen Nachfrage
wurden an zwei Samstagen zusätzlich noch Abendvor
stellungen angeboten. 30 Dies war zur damaligen Zeit
wohl ein ganz spezielles Ereignis, da das elektrische
Licht erst vor vier Jahren [1921] Einzug in Balzers
gehalten hat. Dank der Initiative des Burgbesitzers,
Egon Rheinberger, der damals im Vorstand des ersten
liechtensteinischen Elektrizitätswerks war, wurde die
Burg Gutenberg als eines der ersten Gebäude in Balzers
ans Stromnetz angeschlossen. 31 So konnten die bei
den Abendvorstellungen also beim hellen Glanz der
Scheinwerfer über die Bühne gehen. Die Liechtenstei
ner Nachrichten berichteten:
«Der Höhepunkt der Gutenberger Burgenspiele war Ins
heute wohl ohne Zweifel die Abendaufführung vom letz
ten Samstag. Eine gute Beleuchtung liess im Hofe jene
geheimnisvolle Nachtstimmung aufkommen, die für den
Genuss von Schauspielen eine so gute Voraussetzung
schafft. [...] Wer immer kann, besuche die Abendauf
führung vom Samstag den 22. d. M., die halb 9 Uhr
abends statt findet.» 32
Auch für die Schulen des Landes fand eine zusätzli
che Aufführung statt. Es wurde in den Zeitungen be
richtet, dass die Darstellerinnen und Darsteller wohl
noch nie vor einem so fröhlichen Publikum gespielt
haben.
Plakatentumrf von Egon Rhein
berger zum Freilichtspiel «Der
letzte Gutenberger».