Volltext: Balzner Neujahrsblätter (2016) (2016)

Eingebürgerte Geistliche als Spezialfälle 
Im 19. Jahrhundert wurden in Balzers vier katholische 
Theologiestudenten und Priester eingebürgert, es waren 
aber Spezialfälle: Im Jahr 1824 war es der Geistliche 
Johann Josef Bahl aus Tschagguns, er war Anwärter auf 
eine Seelsorgestelle, später dann von 1844 bis 1860 
sogar Pfarrer von Balzers. 9 Im Jahr 1827 wurde der 
Student Johann Evangelist Back, aus dem badischen 
Frickingen Gemeindebürger von Balzers, sein Ziel war 
eine Priesterweihe im Bistum Chur. 10 Und schliesslich 
wurde 1869 der Student Johann Georg Mayer aus dem 
württembergischen Deuchelried Gemeindebürger von 
Balzers, er war Anwärter auf eine Seelsorgestelle in der 
Diözese Chur. 11 
Mit dem Bürgerrecht einer Gemeinde in der Diözese 
Chur hatten es diese Männer leichter, einen Studien 
platz, die Priesterweihe und eine Pfarrerstelle in diesem 
Bistum zu erlangen. Zum Teil war ein solches Bürger 
recht sogar die Bedingung für ein Studium oder für ein 
späteres Wirken in der Diözese Chur. Das Gebiet des 
heutigen Fürstentums Fiechtenstein war seit der Chris 
tianisierung um das Jahr 400 Teil des Bistums Chur. 12 
Solche Einbürgerungen konnten für eine Gemeinde 
lukrativ sein, standen sie doch oft in Verbindung mit 
einem finanziellen Beitrag für die Pfarrei; zudem konn 
ten die Gemeinden sicher sein, dass von Priestern, die 
zur Ehelosigkeit verpflichtet waren, keine Nachkom 
men zu erwarten waren, die der Gemeinde zur East 
fallen konnten. 
Fährleute transportieren Heimatlose nach 
Balzers, 1834 
Im Januar 1834 berichtete der Vaduzer Landvogt 
Peter Pokorny dem Werdenberger Bezirksamt über 
unerlaubte Grenzübertritte vieler fieimatloser, die 
mit der Rheinfähre von Trübbach nach Balzers gelangt 
waren: Erst neulich seien 29 Personen aus den Kan 
tonen Schwyz und Uri auf diese Art von der Schweiz 
nach Liechtenstein abgeschoben worden. Landvogt 
Pokorny machte die «ziemlich bekannte Gewinnsucht 
der Schiffleute» sowie die «gleichgültige Nachsicht der 
stationierten Landjäger» dafür verantwortlich. Er bat 
das Bezirksamt Werdenberg «freundnachbarlichst», 
diesem «Unfug» Einhalt zu gebieten. Dieses «Gesindl» 
würde die ansässige Bevölkerung, gerade in Balzers, 
mit «unverschämten Betteleyen beunruhigen», was 
nicht geduldet werde könne. 13 
Das Werdenberger Bezirksamt bedauerte in seiner Ant 
wort, dass diese fieimatlosen in Liechtenstein gelandet 
seien und versprach Abhilfe. Die Werdenberger Amts 
stelle betonte aber auch, dass aus Liechtenstein eben 
falls schon oft fieimatlose nach Werdenberg gekom 
men seien: «Die Cantone Graubündten, Appenzell und 
Schwyz waren [... ] oft Aufenthaltsorte dieser Unglück 
lichen, woher sie zuweilen einwandern, dann aber sind 
auch solche, die sich oft im Liechtensteinischen aufge 
halten und herein kommen, keine Seltenheit.» 14 
Folgen eines Verlusts des Heimatrechts 
fieimatlos herumziehende Menschen oder ihre Vor 
fahren hatten oft zu einem gewissen Zeitpunkt ihre 
fieimat- und Bürgerrechte verloren. 15 Der Verlust 
dieser Rechte traf Menschen beiderlei Geschlechts. 
Männer verloren ihr Bürgerrecht etwa durch Söld 
nerdienste im Ausland. 16 Frauen, die gegen sittliche 
Normen verstossen hatten, waren oft zur bleibenden 
Nicht-Sesshaftigkeit verurteilt. Solche Verstösse waren 
unerlaubte Liebschaften, insbesondere aber auch un- 
sowie aussereheliche Schwangerschaften. 17 Bis ins 
19. Jahrhundert erhielten uneheliche Kinder kein Hei 
mat- oder Bürgerrecht und waren in der Folge von den 
Nutzungsgütern der Gemeinden ausgeschlossen. 18 
Die Kirche umgeht staatliche Eheverbote 
Vielen mittellosen Paaren wurde noch im 19. Jahrhun 
dert das Heiraten verboten. Von der Obrigkeit regle 
mentiert, sollte verhindert werden, dass sich vermö 
genslose Personen unkontrolliert vermehrten und so 
zu einer Belastung für die Armenfürsorge wurden. 19 
Eine fürstliche Verordnung führte 1804 den staatli 
chen Ehekonsens in Liechtenstein ein. Eine Ehe wurde 
so erst rechtsgültig im Land, wenn ihr die Obrigkeit 
zugestimmt hatte. Auf dieser gesetzlichen Basis konn 
te der Staat Ehen «solcher Menschen, die weder Ver 
mögen haben, noch eine Profession betreiben» verbie 
ten. 20 Die katholische Kirche kümmerte sich jedoch 
nicht um solche staatliche Verbote. Sie segnete Paare, 
die zur Eheschliessung bis nach Rom gereist waren, 
und stellte ihnen eine Heiratsurkunde aus. 21
	        

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