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Klaus Biedermann
Einbürgerungspraxis sowie Umgang mit Hintersassen und
Heimatlosen im 19. Jahrhundert, mit Blick auf Balzers
«[...] Ihr Herren in Vaduz habt nichts, aber andere
haben noch Gemeindegüter. Wir haben noch Wälder
und Güter, die wir nicht leichtfertig verschenkten
und nicht mit einem theilen wollen, der aus einem
anderen Welttheil herkommt.» 1 - Mit diesem Votum
wehrte sich der aus Balzers stammende Landtagsab
geordnete Franz Josef Wolfinger 1864 dagegen, dass
Hintersassen in den Genuss der vollen Bürgerrechte
kommen sollten. Der Landtag diskutierte im Früh
jahr 1864 darüber, zu welchen Bedingungen einzelne
Hintersassen-Familien in einer Gemeinde des Landes
eingebürgert werden sollten. Die Mehrheit des Land
tags stimmte schliesslich einem neuen Gemeindege
setz zu, welches eine Einbürgerung dieser Hinter
sassen-Familien grundsätzlich ermöglichte. 2 Jedoch
konnten die betreffenden Familien nur dann in den
Genuss der vollen Bürgerrechte kommen, wenn sie
sich in die Nutzungsrechte ihrer Bürgergemeinde
einkauften. Die Mehrzahl der Hintersassen-Famili
en, zumeist der dörflichen Unterschicht angehörend,
konnte sich diesen Einkauf jedoch nicht leisten. 3
Die Kosten für eine Einbürgerung in Balzers
sind die höchsten
Der eingangs zitierte Franz Josef Wolfinger machte
1864 im Landtag geltend, dass die Gemeinde Balzers
noch über einen grossen Bodenbesitz verfügte, welcher
den Bürgerhaushalten zwecks Nutzung zur Verfü
gung stand. Andere Gemeinden - wie etwa Vaduz oder
Ruggell - hatten im Laufe des 19. Jahrhunderts grosse
Teile des Gemeindebodens an die einzelnen Haushal
te ausgegeben und auch in deren Besitz überführt.
Der Nutzen der einzelnen Bürgerfamilien war jedoch
grösser, wenn die betreffende Gemeinde noch über
einen entsprechend grossen Bodenbesitz verfügte.
Je nach Umfang dieses Allmend- oder Bürgerbodens
wurde die Einkaufstaxe festgelegt, die jemand bei der
Einbürgerung in die Gemeinde zu zahlen hatte. Zu
diesen Einkaufstaxen folgen an anderer Stelle noch
weitere Informationen. Es darf jedoch bereits gesagt
werden, dass die Einkaufstaxen für Neubürger in Bal
zers um 1864 die höchsten des ganzen Landes waren.
Eingesessene Bürgerfamilien wollten den Gemeinde
nutzen möglichst nicht mit Neubürgern teilen müs
sen.
Franz Josef Wolfinger war jedoch nicht nur Landtags
abgeordneter, sondern auch Gastwirt und zeitweise
Gemeindevorsteher in Balzers. 4 In dieser Position
vertrat er primär die Interessen der Balzner Bürger im
Landtag. Die hohen Hürden für eine Einbürgerung in
seiner Heimatgemeinde sollten möglichst beibehal
ten werden.
Nur «nützliche» Bürger sind willkommen
Balzers war jedoch nicht die einzige liechtensteini
sche Gemeinde, welche die Messlatte für eine Ein-