Volltext: Balzner Neujahrsblätter (2016) (2016)

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Klaus Biedermann 
Einbürgerungspraxis sowie Umgang mit Hintersassen und 
Heimatlosen im 19. Jahrhundert, mit Blick auf Balzers 
«[...] Ihr Herren in Vaduz habt nichts, aber andere 
haben noch Gemeindegüter. Wir haben noch Wälder 
und Güter, die wir nicht leichtfertig verschenkten 
und nicht mit einem theilen wollen, der aus einem 
anderen Welttheil herkommt.» 1 - Mit diesem Votum 
wehrte sich der aus Balzers stammende Landtagsab 
geordnete Franz Josef Wolfinger 1864 dagegen, dass 
Hintersassen in den Genuss der vollen Bürgerrechte 
kommen sollten. Der Landtag diskutierte im Früh 
jahr 1864 darüber, zu welchen Bedingungen einzelne 
Hintersassen-Familien in einer Gemeinde des Landes 
eingebürgert werden sollten. Die Mehrheit des Land 
tags stimmte schliesslich einem neuen Gemeindege 
setz zu, welches eine Einbürgerung dieser Hinter 
sassen-Familien grundsätzlich ermöglichte. 2 Jedoch 
konnten die betreffenden Familien nur dann in den 
Genuss der vollen Bürgerrechte kommen, wenn sie 
sich in die Nutzungsrechte ihrer Bürgergemeinde 
einkauften. Die Mehrzahl der Hintersassen-Famili 
en, zumeist der dörflichen Unterschicht angehörend, 
konnte sich diesen Einkauf jedoch nicht leisten. 3 
Die Kosten für eine Einbürgerung in Balzers 
sind die höchsten 
Der eingangs zitierte Franz Josef Wolfinger machte 
1864 im Landtag geltend, dass die Gemeinde Balzers 
noch über einen grossen Bodenbesitz verfügte, welcher 
den Bürgerhaushalten zwecks Nutzung zur Verfü 
gung stand. Andere Gemeinden - wie etwa Vaduz oder 
Ruggell - hatten im Laufe des 19. Jahrhunderts grosse 
Teile des Gemeindebodens an die einzelnen Haushal 
te ausgegeben und auch in deren Besitz überführt. 
Der Nutzen der einzelnen Bürgerfamilien war jedoch 
grösser, wenn die betreffende Gemeinde noch über 
einen entsprechend grossen Bodenbesitz verfügte. 
Je nach Umfang dieses Allmend- oder Bürgerbodens 
wurde die Einkaufstaxe festgelegt, die jemand bei der 
Einbürgerung in die Gemeinde zu zahlen hatte. Zu 
diesen Einkaufstaxen folgen an anderer Stelle noch 
weitere Informationen. Es darf jedoch bereits gesagt 
werden, dass die Einkaufstaxen für Neubürger in Bal 
zers um 1864 die höchsten des ganzen Landes waren. 
Eingesessene Bürgerfamilien wollten den Gemeinde 
nutzen möglichst nicht mit Neubürgern teilen müs 
sen. 
Franz Josef Wolfinger war jedoch nicht nur Landtags 
abgeordneter, sondern auch Gastwirt und zeitweise 
Gemeindevorsteher in Balzers. 4 In dieser Position 
vertrat er primär die Interessen der Balzner Bürger im 
Landtag. Die hohen Hürden für eine Einbürgerung in 
seiner Heimatgemeinde sollten möglichst beibehal 
ten werden. 
Nur «nützliche» Bürger sind willkommen 
Balzers war jedoch nicht die einzige liechtensteini 
sche Gemeinde, welche die Messlatte für eine Ein-
	        

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