Volltext: Balzner Neujahrsblätter (2016) (2016)

59 
Massnahmen getroffen werden, welche geeignet sind, eine Wei 
terverbreitung auf andere Hausgenossen und auf andere Perso 
nen überhaupt zu verhindern. Die wichtigste dieser Massnahmen 
ist Isolierung der Kranken von den übrigen Familien- und Hausge 
nossen. [...] 
4. ) Da die grösste Ansteckungsgefahr den Entleerungen der Kran 
ken anhaftet, so müssen dieselben vor ihrer Beseitigung in den 
Abort oder durch Vergrabung fern von Wohnstätten und Brunnen 
desinfiziert werden. [...] 
5. ) Unreinlich gehaltene Aborte leisten der Verbreitung des Ty 
phus den meisten Vorschub. Es ist daher zu sorgen, dass die 
Aborte in reinlichem Zustand erhalten werden. Aborte und Senk 
gruben in Häusern, wo Typhus herrscht, sind täglich mit reichli 
chen Mengen von Kalkmilch zu desinfizieren. [...] 
6. ) Leib- und Bettwäsche der Kranken ist nach Gebrauch in reich 
lich 5 %iger Carbolsäure, 2 %iger Lysollösung oder Kalkmilch 
einzuweichen und erst nach 24 ständigem Liegen in diesen Flüs 
sigkeiten der Reinigung zuzuführen. Das Wohnzimmer der Kran 
ken ist nach Krankheitsablauf frisch zu tünchen, der Fussboden 
mit heisser Lauge aufzuwaschen. Bettgestell und Möbel sind mit 
5 %iger Carboisäurelösung abzuwaschen. Das Bettstroh ist zu 
verbrennen, Matratzen mit 5 %iger Carboisäurelösung scharf 
abzureiben und zu lüften. [...] 
7. ) Die Brunnen in Häusern, wo Typhus herrscht, sind, falls ein 
Verdacht der Verunreinigung besteht, zu sperren [...]. 
8. ) Schulkinder, die mit den Kranken in gemeinsamer Wohnung 
wohnen, sind vom Schulbesuche fernzuhalten. 
Typhus aus heutiger medizinischer Sicht 
Typhus wird sogenannt fäkal-oral übertragen. Das heisst die An 
steckung erfolgt über Nahrungsmittel und Wasser, welche mit 
Stuhl und Urin von Erkrankten (oder Trägern!) verunreinigt sind. 
Dies geschieht bei mangelhafter Hygiene (sowohl persönlich im 
Sinn von Händewaschen, als auch was die Infrastruktur betrifft, 
also Wasserleitungen etc.). Es gibt keine direkte Übertragung 
durch Berühren eines Erkrankten oder über die Luft. Einige weni 
ge Fälle von sexueller Übertragung sind in der Literatur bekannt. 
Das A und 0, um eine Übertragung zu verhindern, ist die Hy 
giene: Händewaschen, Händewaschen, Händewaschen. Ganz 
simpel: Man muss nur darauf achten, dass nichts, was mit Ex 
krementen von Erkrankten in Kontakt kam (Hände, Wäsche, 
Nahrungsmittel), mit dem Mund in Berührung kommt, sei es 
direkt (durch die eigenen Hände) oder indirekt, wenn man Le 
bensmittel mit schmutzigen Händen anfasst und diese anderen 
zum Essen gibt. Bei der Zubereitung von Nahrungsmitteln ist auf 
pingelige Sauberkeit zu achten. 
Zum Risiko der Krankenpflegerinnen und -pfleger: Mit entspre 
chenden Hygienemassnahmen (genau: Händewaschen!) kann 
das Risiko stark vermindert werden. 
Ein Sonderfall sind die sogenannten Träger. Dies sind Personen, 
die nach durchgemachter Krankheit die Typhus-Bakterien über 
Jahre hinweg ausscheiden und somit andere anstecken können. 
Es betrifft etwa zwei bis fünf Prozent der Erkrankten. Proble 
matisch ist dies bei der Verarbeitung von Lebensmitteln. Träger 
von Typhus-Bakterien sind von der Lebensmittelverarbeitung 
und der Krankenpflege auszuschliessen, solange sie Bakterien 
ausscheiden. 
Zur Isolierung: Heute wird Quarantäne bei Typhus nicht mehr 
angewendet. Quarantäne würde bedeuten, dass noch nicht er 
krankte Kontaktpersonen isoliert werden. Natürlich ist es sinn 
voll, dass Kranke zu Hause bleiben, bis sie gesund sind. Wenn 
sie die Hygieneregeln (Händewaschen!) beachten, können Kon 
taktpersonen hingegen problemlos in die Schule oder zur Arbeit 
gehen. 
Für diese Hinweise bedanke ich mich herzlich bei Dr. med. Marina 
Jamnicki Abegg vom Amt für Gesundheit. 
Anmerkungen 
1 Sohn von Engelwirt Andreas Callistus Brunhart. Vom Mai 
1878 bis zu seinem Tod studierte er Bildhauerei an der 
Akademie der Bildenden Künste in München. Zu seinem Tod 
erschienen im Liechtensteiner Volksblatt vom 18. Juni 1880, 
S. 2, zwei Berichte, von denen der eine hier abgedruckt ist. 
2 LI LA RE 1887/1249: Bericht Schlegel vom 5. August 1887. 
3 LI LA RE 1889/1299: Bericht Landesphysikus Dr. Wilhelm 
Schlegel an Regierung am 8. Juli 1889. 
4 Nachruf im Liechtensteiner Volksblatt vom 2. Dezember 
1892, S. 1. 
5 LI LA RE 1896/1032: Bericht Wilhelm Schlegel an Regierung 
12. September 1896. 
6 LILARE 1896/1191: Bericht Wilhelm Schlegel an Regierung 
30. Oktober 1896. 
7 LI LA RE 1904/1449 ad 1377 (ohne Datum): Dr. Albert 
Schädler machte der Regierung den Vorschlag, die Merkblät 
ter des deutschen Reichsgesundheitsamtes zur Bekämpfung 
von Typhus, Diphterie und Tuberkulose an die Geistlichen, 
Oltsvorsteher und Lehrer in Liechtenstein zu verteilen. 
Landesverweser Karl von In der Maur schickte darauf Albert 
Schädler die österreichischen Vorschriften und ersuchte ihn, 
diese auf liechtensteinische Verhältnisse zu adaptieren, was 
dieser mit dem hier edierten Dokument machte. Ungeachtet 
dessen wurden 1905 die reichsdeutschen Merkblätter gemäss 
ursprünglichem Vorschlag von Albert Schädler verschickt. 
8 Abgeschlagenheit: Müdigkeit, Erschöpfung.
	        

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.