Volltext: Balzner Neujahrsblätter (2016) (2016)

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Herr Dr. Saxer und der Ortsvorsteher Brunhart waren zugegen. 
Die Untersuchung ergibt: Der Knabe Leonz, im 14. Jahre, liegt seit 
22 Tagen am Typhus abdominalis krank darnieder, Puls 80, Tempe 
ratur 38 Grad Celsius, Milztumor, das Höhenstadium des Typhus 
ist vorüber und Patient ist im Stadium der Reconvalescenz. 
Der Knabe hat vor Erkrankung im Melser Berge Vieh gehütet, 
aus dem Tümpel in die Hitze hinein schlechtes Wasser getrunken, 
wurde zugleich durchnässt und hat sich dadurch verkühlt, worin 
die Ursache zur Typhuserkrankung liegen dürfte. 
Local zeigt sich: Der Abtritt unrein, Holzschlauch, Jauchekasten 
mit zersetzter, faulender Jauche überfüllt, auf demselben ein alter, 
stinkender Misthaufen etc. 
Es wurde dem Vorsteher gemäss Aufträge der fürstlichen Regie 
rung die Weisung erteilt, dahin Sorge zu tragen, dass der Jauche 
kasten geleert, der stinkende Mist entfernt werde. 
Zugleich soll neuerdings den Bürgern bekannt gegeben werden, 
dass in Balzers wie in Meis alle Unreinigkeiten aus den Höfen der 
Häuser sowie die Jauche aus den Aborten und Güllenkästen in 
nächster Zeit bei Strafe zu entfernen sei und da wo nothwendig 
eine sachgemässe Desinfection vorgenommen werde. 
Nach einer früheren Publication von Seite der fürstlichen Regie 
rung seien überhaupt jedes Frühjahr und jeden Herbst sämtliche 
Abort-Jauchekästen gänzlich zu leeren, sodann mit ungelöschtem 
Kalk zu desinficiren, ebenso sollen die Abzugskanäle-Gräben in 
sämtlichen Gemeinden im Frühjahre und Herbst gereinigt werden. 
Die bezüglichen Polizeiorgane - Gemeindeweibel als Ortspolizei 
sowie die Landweibel - haben als Aufsichtsorgane zu functioniren. 
Es scheint nun diese Publication in der Gemeinde in Vergessenheit 
gerathen zu sein, aus welchem Grunde eine neuerliche Publicati 
on angezeigt ist.» 
Krankenbericht Wilhelm Schlegel zur todkranken Anna 
Burgmeier, Witwe (1841—1896) 6 
«In Folge Anzeige von Herrn Dr. Saxer in Trübbach, dass Witwe 
Anna Burgmeier in Meis (Balzers), Hsnr. 114 an Typhus abdomina 
lis erkrankt sei, begab sich heute der ergebenst Gefertigte dahin, 
wobei auch Dr. Saxer und Vorsteher Brunhart zugegen waren. Es 
zeigte sich nun, dass Anna Burgmeier einige Male bei dem typhö 
sen Knaben des Josef Eberle im Nachbarhause Nr. 113 auf Besuch 
war und zweifelsohne von da sich den Typhuskeim holte. 
Nach dem Krankenbesuche besichtigten wir bei diesen Häusern 
und gegen Iradug die Strassenabzugskanäle und sahen hier, dass 
dieselben mit allmöglichem Unrath, der sich seit langer Zeit in 
denselben angehäuft hat und in Verwesung übergangen ist, ge 
füllt sind. Das Gleiche ist der Fall in den Strassenkanälen bei den 
Häusern gegen Trübbach hin. 
Der Vorsteher versprach, diese Kanäle durch den Strassenwart in 
Meis sofort reinigen zu lassen. Es dürfte aber angezeigt sein, einen 
Landweibel zu beauftragen genaue Nachschau zu halten, ob dies 
wirklich geschehen ist. 
Einem grossen Übelstande ist dank der Munifizenz Sr. Durchlaucht 
durch die Wasserleitung in Balzers-Mels abgeholfen worden. 
Zur möglichsten Sanierung (?) der Ortschaften Balzers und Meis 
erscheint es als geboten, eine einheitliche, planmässige, nach 
technischen Grundsätzen ausgeführte Kanalisation mit Reguli 
rung der retirenden Jauchekästen, Düngerlager und den Fäulnis 
tümpeln in den Hofräumen durch die fürstliche Regierung unter 
Anleitung des Landestechnikers bald möglich zu veranlassen, um 
den allgemeinen hygienischen Anforderungen zu entsprechen, da 
dies durch eigene lni[ti]ativen der Bürger nicht zu erhoffen ist.» 
Entwurf von 1904 von Albert Schädler für ein 
Merkblatt zur Bekämpfung von Typhus 7 
1. ) Es ist in geeigneter Weise im Orte zu verlautbaren, in wel 
chen Häusern Typhus herrscht und sind die Ortsbewohner, be 
sonders aber jene Personen, welche die Pflege der Kranken be 
sorgen, zu belehren, dass den Stuhlentleerungen der Kranken 
die grösste Ansteckungsgefahr anhaftet. 
Nicht nur durch Berührung mit diesen Ausscheidungen der 
Kranken, sondern auch durch Genuss von Wasser oder Speisen, 
welche mit solchen Ausscheidungen in Berührung gestanden, 
wird Typhus übertragen. [...] Zum Trinken, Waschen und Ko 
chen soll nur gekochtes [...] Wasser verwendet werden [...]. Ei 
nige Nahrungsmittel sind besonders im rohen Zustande geeig 
net, den Typhuskeim zu übertragen, und sollen daher [...] nur 
in gut gekochtem Zustande genossen werden. Zu diesen Nah 
rungsmitteln gehören namentlich Milch, Fleisch, Fische, Gemü 
se und Obst. Ganz besonders sorgfältige Behandlung erheischt 
die Bett- und Leibwäsche der Kranken. [...] Das wirksamste 
Mittel gegen alle Infektionskrankheiten, also auch gegen Ty 
phus, besteht in der peinlichsten Reinhaltung des Körpers, der 
Wäsche und Kleider, wie besonders auch der Wohnungen. [...] 
2. ) Der Typhus pflegt unter nachstehenden Erscheinungen auf 
zutreten: Nach mehrtägigem leichten Unwohlsein entwickelt 
sich ein mehr oder minder heftiges Fieber, von grosser Abge- 
schlagenheit, 8 häufig von Kopfschmerzen begleitet. Manchmal 
erfolgt Erbrechen oder ist wenigstens Brechreiz vorhanden. 
Seltener ist die Erkrankung schon zu ihrem Beginne von flüssi 
gen Stuhlentleerungen begleitet. Die Ortsbewohner sind daher 
zu verpflichten, sofort nach dem Einritte solcher Erscheinungen 
den Arzt zu Rate zu ziehen [...]. Auch soll bei Berufung des 
Arztes gleichzeitig auch die Anzeige an den Gemeindevorstand 
erstattet werden. 
3. ) Tritt in einer Haushaltung Typhus auf, so müssen sofort jene
	        

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