Volltext: Balzner Neujahrsblätter (2016) (2016)

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Herausforderung als das Erstellen der Wasserleitun 
gen. Grössere Abwassermengen und das Regenwasser 
wurden in offenen Gräben, die teilweise mit Steinplat 
ten bedeckt waren, abgeführt, 36 kleinere Mengen liess 
man auch versickern. Uber den Bau der Abwassergrä 
ben liegen nur spärliche Informationen vor, da diese 
Aufgabe offenbar nicht planmässig erfolgte - entspre 
chend schlecht war die Ausführung. Aus vereinzelten 
Hinweisen kann geschlossen werden, dass zwar um die 
Jahrhundertwende ein Längenprofil vorhanden war, 
in dem das Gefälle der Abwassergräben eingezeichnet 
war. Die Gräben, die oft den Strassen entlang ausge 
hoben wurden, waren jedoch mangelhaft ausgeführt 
und befanden sich meist in einem schlechten Zustand. 
Immer wieder wurde die Gemeindevorstehung von 
der Regierung gemahnt, dafür zu sorgen, dass die Grä 
ben gereinigt wurden. Um die Jahrhundertwende war 
nur ein kleiner Teil der Gräben bereits gepflastert; Ze 
ment- bzw. Betonrohre wurden nur auf kleinen Ab 
schnitten im Ortskern verwendet. 
Hinweise auf konkrete Massnahmen bei der Abwasser 
entsorgung habe ich erst ab 1910 gefunden. Gemäss 
Emanuel Vogt befasste sich der Gemeinderat 1913 
erstmals mit dem Abwasserproblem und beschloss den 
Bau einer «Wasserableitungsdohle und Röhrenlegung für 
das Abwasser im Dorf». 37 1919 wurde eine Abwasser 
leitung im Winkel in Mäls so umgelegt, dass das Land 
50 Prozent, die Gemeinde und die Privaten je 25 Pro 
zent der Kosten übernehmen mussten. 1922 bewilligte 
der Landtag einen Landesbeitrag von 470 Lranken für 
die Sanierung der Abwasserleitung auf der Praiawisch. 
Das Land musste bezahlen, weil der Graben entlang 
einer Landstrasse erstellt wurde. Im Landtagsprotokoll 
wird kurz erwähnt, dass Zementrohre eingebaut wur 
den, mit denen das Abwasser in einen Entwässerungs 
graben abgeleitet wurde. 38 
Licht auf ein anderes Unterhaltsproblem wirft ein 
Schreiben von Landesgeometer Josef Ospelt an die 
Gemeinde Balzers, der anmahnte, dass die Hausbesit 
zer die Brücken, die über die Gräben zu ihren Häu 
sern führten, besser instand halten müssten. 39 Einige 
wenige technische Angaben über die Ausführung der 
Gräben sind in einer Anweisung von Regierungschef 
Gustav Schädler an die Gemeindevorstehung zu En 
den. Darin heisst es: 
«Um das Profil des Grabens festzustellen ist eine 
gleichmässig durchlaufende Sohlbreite von 50-60cm 
anzunehmen. Der Fuss der beidseitigen Böschungen ist 
mittels eines 50 cm hohen Böschungspflasters zu sichern, 
30 cm stark auf Kiesunterlage von 15-20 cm Stärke.» 40 
In den folgenden Jahrzehnten wurden schrittweise 
Verbesserungen in der Abwasserbehandlung erzielt, 
der Weg war jedoch noch weit. 1974 wurde die Klär 
anlage im Neugrüt in Betrieb genommen, die im Be 
reich Abwasserentsorgung eine entscheidende Wende 
marke bildete. 
Typhus noch nicht eliminiert, aber 
Fortschritte erzielt 
Am 21. Mai 1901 und am 2. Juni 1901 machte Vor 
steher Elias Vogt bei der Regierung die Anzeige, dass 
in Mäls wieder zwei Typhus-Lälle aufgetreten seien. 41 
Landesverweser Karl von In der Maur ersuchte darauf 
Dr. Saxer in Trübbach um «Aufschluss über die Ursache 
dieser Erkrankungen und über die sich aus diesem An 
lasse etwa als nothwendig darstellenden sanitätspolizeili 
chen Vorkehrungen.» 42 
Dr. Saxer verfasste darauf einen achtseitigen Be 
richt: 43 Zunächst führte er in einem allgemeinen Teil 
aus, was die Medizin über Typhus damals wusste. In 
einem zweiten Teil ging er dann speziell auf die Si 
tuation in Balzers und Mäls ein, wo er sich aufgrund 
seiner 25-jährigen Tätigkeit als praktischer Arzt gut 
auszukennen glaubte. Der «Unterleibs-Typhus» (Ty 
phus abdominalis] oder das «Nervenfieber» sei eine 
akute Infektionskrankheit, die in Balzers auch «Ner 
venkrankheit» genannt wurde. Die Begriffe «Nerven 
fieber» oder Nervenkrankheit« erklärten sich aus den 
Krankheitssymptomen: In der zweiten Woche stellten 
sich bei den Kranken Lieber und ein Zustand ein, in 
dem sie oft delirierten. Als Ursachen für das endemi 
sche Auftreten von Typhus in Balzers und Mäls nannte 
er folgende Missstände: 
1. Mangelnde Abortverhältnisse: Ein grosser Teil der 
Häuser besitze höchst primitive Abortanlagen. Die 
Jauchegruben seien nicht richtig erstellt, die Llüssig- 
keit könne austreten und in den Untergrund sickern 
und diesen infizieren: 
«Ja es giebt Gruben (ich habe selbst solche gesehen], 
welche aus einem in die Erde gegrabenen Loche bestehen, 
welches mit Streue ausgefüllt wird zur Aufnahme der 
Faecalien. In einem solchen Hause habe ich seiner Zeit 
den Keller inspizirt und die Kartoffeln in einer ekeln, 
gelb-braunen Faecalien-Sauce angetroffen. Dass damals
	        

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