Volltext: Balzner Neujahrsblätter (2016) (2016)

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Balzers und Mäls, zwei Brunnenstuben und Guss 
eisenröhren für die Wasserleitungen vor. In Balzers 
sollten zehn Hydranten und fünf Brunnen mit lau 
fendem Wasser und acht gesperrte Brunnen errichtet 
werden, in Mäls sieben Hydranten und acht gesperrte 
Brunnen. Unter «gesperrten Brunnen» wurden solche 
mit einem Wasserhahn verstanden. Die Gesamtkos 
ten wurden auf 6’700 Gulden veranschlagt, wobei das 
Land ein verzinsliches Darlehen von 6’000 Gulden ge 
währen sollte. 
Der Gemeinderat Balzers befasste sich am 27. No 
vember 1892 mit der Sanierung der Wasserversorgung 
und beschloss: «Wasserleitung ist nothwendig und ist zu 
machen». 
Es fehlte also nicht an der Einsicht, dass etwas getan 
werden musste. Gemeindevorsteher Christian Brun 
hart musste einen Kostenvoranschlag machen las 
sen und mit der Regierung beraten, wie die benöti 
gen finanziellen Mittel beschafft werden konnten. 21 
Landesverweser Stellwag wollte wissen, wieviel die 
Gemeinde selbst aufbringen könne «beziehungsweise 
welcher Betrag eventuell jährlich durch eine mässige 
Erhöhung der Gemeindeumlage» aufgebracht werden 
könnte. 22 Vorsteher Christian Brunhart teilte ihm 
nach einer Beratung im Gemeinderat mit, dass die 
Gemeinde höchstens 400 Gulden aufbringen könne. 23 
Mit einer solchen Einstellung stand Balzers nicht al 
lein: Andere Gemeinden im süddeutschen Raum re 
agierten ähnlich - von einer höheren Belastung der 
Bevölkerung durch eine neue Wassergebühr wollte 
man nichts wissen. Möglich scheint aber auch, dass 
die Balzner durchgerechnet hatten, was die Verzin 
sung und Amortisation der veranschlagten Projektkos 
ten finanziell ausmachen würde: 400 Gulden reichten 
gerade für die Verzinsung der 6’700 Gulden und eine 
bescheidene Amortisation von einem Prozent. 
Am 22. Dezember 1892 notierte Landesverwe- 
ser Stellwag auf dem Schreiben zwar «iwrläufig zur 
Kenntnis, ad acta», doch im Frühjahr 1893 griff er das 
Projekt wieder auf. Landestechniker Rheinberger er 
hielt den Auftrag eine detaillierte Kostenberechnung 
und Pläne zu beschaffen. 24 Am 27. April 1893 lieferte 
dieser den gewünschten Kostenvoranschlag. 
Auf ein entsprechendes Gesuch der Gemeinde bewil 
ligte der Landtag am 12. Juli 1893 ein unverzinsliches 
Darlehen von 6’500 Gulden für den Bau der Wasserlei 
tung, das in zehn Jahresraten zurück zu zahlen war. Be 
gründet wurde dies im Kommissionsbericht wie folgt: 
«Die Wasserversorgung in der Gemeinde Balzers ist eine 
mangelhafte und nimmt man in Betracht, daß in dieser 
von Typhus ungemein häufig heimgesuchten Gemeinde das 
Trinkwasser noch inelfach mittelst Ziehbrunnen aus dem 
von Typhuskeimen durchseuchten Boden herkommt, auch 
eine eminent gesundheitsschädliche. Die Gemeinde hat 
sich nun endlich dazu aufgerafft., für Balzers und Meis aus 
den nahen und reichen Hochquellen eine Wasserleitung zu 
erstellen, ist aber ohne Beihülfe nicht in der Lage, allein das 
wichtige Projekt auszuführen. [...] Die Gesamtauslugen 
für die zu erstellende Wasserleitung sind aufcirka 8'000 fl. 
veranschlagt., dürften aber in Wirklichkeit namhaft höher 
werden. Das Ansuchen der Gemeindevertretung, welches 
von Seite der fürstlichen Regierung befürwortet wurde, lau 
tet auf Gewährung eines unverzinslichen Darlehens von 
6'500 fl., rückzahlbar in 20 Jahresraten.» 25 
Das Entgegenkommen des Landtags war grosszügig, 
doch die Gemeinde konnte sich noch immer nicht 
zur Realisierung der Wasserleitung durchringen. Über 
die Hintergründe kann man nur Mutmassungen an 
stellen: Vielleicht waren der Gemeinde Bedenken 
gekommen, da die Landtagskommission vermutete, 
dass die effektiven Kosten «namhaft höher» würden 
als die veranschlagten 8’000 Gulden. Über ein Jahr 
geschah nichts; schliesslich ersuchte am 12. Oktober 
1894 Landesverweser Stellwag den Landesfürsten, der 
Gemeinde für den Bau der Wasserleitung einen Beitrag 
von lO’OOO Gulden zu schenken. 26 Einen Monat später 
meldete das Liechtensteiner Volksblatt, dass Fürst Jo 
hann II. diesem Wunsch nachgekommen sei: 
«Seine Durchlaucht, unser regierender Fürst Johann II. 
von und zu Liechtenstein, hat der Gemeinde Balzers zur 
Errichtung einer neuen Wasserleitung 10’OOO fl. gespendet. 
Ein Akt der großen Wohlthätigkeit unseres allverehrten 
Landesvaters. » 2 7 
Die Gemeinde Balzers bedankte sich am 4. November 
in einem überschwänglichen Brief beim Fürsten: 
«Die Gemeinde, welche dadurch in den Stand gesetzt 
wurde, dieses in gesundheitlicher Beziehung so nothwendige 
Werk in entsprechender Weise zur Ausführung zu bringen, 
erstattet Eur Durchlaucht hiemit den tiefgefühltesten Dank. 
Sie sendet ihre flehenden Bitten zum Allmächtigen empor, 
dass er über Eur Durchlaucht die Fülle seines Segens 
ausgiesse und Hochdieselhe lange erhalte zum Wohle 
der Unterthanen, die glücklich sind, unter Hochderen 
väterlichem Szepter zu stehen.» 29 
1895 wurde dann die Wasserleitung im Dorfteil Balzers 
endlich gebaut.
	        

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