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Balzers und Mäls, zwei Brunnenstuben und Guss
eisenröhren für die Wasserleitungen vor. In Balzers
sollten zehn Hydranten und fünf Brunnen mit lau
fendem Wasser und acht gesperrte Brunnen errichtet
werden, in Mäls sieben Hydranten und acht gesperrte
Brunnen. Unter «gesperrten Brunnen» wurden solche
mit einem Wasserhahn verstanden. Die Gesamtkos
ten wurden auf 6’700 Gulden veranschlagt, wobei das
Land ein verzinsliches Darlehen von 6’000 Gulden ge
währen sollte.
Der Gemeinderat Balzers befasste sich am 27. No
vember 1892 mit der Sanierung der Wasserversorgung
und beschloss: «Wasserleitung ist nothwendig und ist zu
machen».
Es fehlte also nicht an der Einsicht, dass etwas getan
werden musste. Gemeindevorsteher Christian Brun
hart musste einen Kostenvoranschlag machen las
sen und mit der Regierung beraten, wie die benöti
gen finanziellen Mittel beschafft werden konnten. 21
Landesverweser Stellwag wollte wissen, wieviel die
Gemeinde selbst aufbringen könne «beziehungsweise
welcher Betrag eventuell jährlich durch eine mässige
Erhöhung der Gemeindeumlage» aufgebracht werden
könnte. 22 Vorsteher Christian Brunhart teilte ihm
nach einer Beratung im Gemeinderat mit, dass die
Gemeinde höchstens 400 Gulden aufbringen könne. 23
Mit einer solchen Einstellung stand Balzers nicht al
lein: Andere Gemeinden im süddeutschen Raum re
agierten ähnlich - von einer höheren Belastung der
Bevölkerung durch eine neue Wassergebühr wollte
man nichts wissen. Möglich scheint aber auch, dass
die Balzner durchgerechnet hatten, was die Verzin
sung und Amortisation der veranschlagten Projektkos
ten finanziell ausmachen würde: 400 Gulden reichten
gerade für die Verzinsung der 6’700 Gulden und eine
bescheidene Amortisation von einem Prozent.
Am 22. Dezember 1892 notierte Landesverwe-
ser Stellwag auf dem Schreiben zwar «iwrläufig zur
Kenntnis, ad acta», doch im Frühjahr 1893 griff er das
Projekt wieder auf. Landestechniker Rheinberger er
hielt den Auftrag eine detaillierte Kostenberechnung
und Pläne zu beschaffen. 24 Am 27. April 1893 lieferte
dieser den gewünschten Kostenvoranschlag.
Auf ein entsprechendes Gesuch der Gemeinde bewil
ligte der Landtag am 12. Juli 1893 ein unverzinsliches
Darlehen von 6’500 Gulden für den Bau der Wasserlei
tung, das in zehn Jahresraten zurück zu zahlen war. Be
gründet wurde dies im Kommissionsbericht wie folgt:
«Die Wasserversorgung in der Gemeinde Balzers ist eine
mangelhafte und nimmt man in Betracht, daß in dieser
von Typhus ungemein häufig heimgesuchten Gemeinde das
Trinkwasser noch inelfach mittelst Ziehbrunnen aus dem
von Typhuskeimen durchseuchten Boden herkommt, auch
eine eminent gesundheitsschädliche. Die Gemeinde hat
sich nun endlich dazu aufgerafft., für Balzers und Meis aus
den nahen und reichen Hochquellen eine Wasserleitung zu
erstellen, ist aber ohne Beihülfe nicht in der Lage, allein das
wichtige Projekt auszuführen. [...] Die Gesamtauslugen
für die zu erstellende Wasserleitung sind aufcirka 8'000 fl.
veranschlagt., dürften aber in Wirklichkeit namhaft höher
werden. Das Ansuchen der Gemeindevertretung, welches
von Seite der fürstlichen Regierung befürwortet wurde, lau
tet auf Gewährung eines unverzinslichen Darlehens von
6'500 fl., rückzahlbar in 20 Jahresraten.» 25
Das Entgegenkommen des Landtags war grosszügig,
doch die Gemeinde konnte sich noch immer nicht
zur Realisierung der Wasserleitung durchringen. Über
die Hintergründe kann man nur Mutmassungen an
stellen: Vielleicht waren der Gemeinde Bedenken
gekommen, da die Landtagskommission vermutete,
dass die effektiven Kosten «namhaft höher» würden
als die veranschlagten 8’000 Gulden. Über ein Jahr
geschah nichts; schliesslich ersuchte am 12. Oktober
1894 Landesverweser Stellwag den Landesfürsten, der
Gemeinde für den Bau der Wasserleitung einen Beitrag
von lO’OOO Gulden zu schenken. 26 Einen Monat später
meldete das Liechtensteiner Volksblatt, dass Fürst Jo
hann II. diesem Wunsch nachgekommen sei:
«Seine Durchlaucht, unser regierender Fürst Johann II.
von und zu Liechtenstein, hat der Gemeinde Balzers zur
Errichtung einer neuen Wasserleitung 10’OOO fl. gespendet.
Ein Akt der großen Wohlthätigkeit unseres allverehrten
Landesvaters. » 2 7
Die Gemeinde Balzers bedankte sich am 4. November
in einem überschwänglichen Brief beim Fürsten:
«Die Gemeinde, welche dadurch in den Stand gesetzt
wurde, dieses in gesundheitlicher Beziehung so nothwendige
Werk in entsprechender Weise zur Ausführung zu bringen,
erstattet Eur Durchlaucht hiemit den tiefgefühltesten Dank.
Sie sendet ihre flehenden Bitten zum Allmächtigen empor,
dass er über Eur Durchlaucht die Fülle seines Segens
ausgiesse und Hochdieselhe lange erhalte zum Wohle
der Unterthanen, die glücklich sind, unter Hochderen
väterlichem Szepter zu stehen.» 29
1895 wurde dann die Wasserleitung im Dorfteil Balzers
endlich gebaut.