Volltext: Balzner Neujahrsblätter (2016) (2016)

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Paul Vogt 
Kaum jemand, der nicht einmal von Typhus ergriffen war 
Die Zahl der jährlichen Neuerkrankungen an Typhus 
abdominalis wird heute weltweit auf 22 Millionen ge 
schätzt, davon enden weniger als ein Prozent tödlich. 
In Mitteleuropa kommt Typhus kaum mehr vor, die 
meisten Patienten holen sich die Krankheit bei einer 
Reise in ein Land mit schlechten hygienischen Bedin 
gungen. Mit Antibiotika lässt sich die Krankheit gut 
behandeln. Vor 125 Jahren war das ganz anders: Die 
hygienischen Verhältnisse in Balzers glichen jenen in 
Risikogebieten in Entwicklungsländern. Balzers und 
Mäls galten als zwei Orte, in denen Typhus vergleichs 
weise häufig vorkam. Die Krankheit wurde nicht von 
auswärts eingeschleppt, sondern hatte ihre Ursachen in 
den sanitären Verhältnissen an Ort. Sie verlief manch 
mal, aber längst nicht immer tödlich. 
Der Forschungsstand 
Anfängen möchte ich mit einem Kompliment an den 
früheren Gemeindevorsteher, Lokalhistoriker und 
Sammler Emanuel Vogt. Mit seinem dreibändigen 
Lebenswerk «Mier z Balzers» hat er eine umfassende 
Ortsgeschichte geschrieben, die auf lange Zeit Be 
stand haben wird. Im ersten Band «Lebensraum» gibt 
es auch ein Kapitel «Typhus in Balzers». 1 Dort gibt 
«Mane» Vogt bereits eine Übersicht zum Thema. Er 
schreibt, dass in den 1880er-Jahren zwar bekannt war, 
dass verschmutztes Wasser das Hauptproblem war, 
dass sich die Gemeinde aber aus finanziellen Gründen 
zunächst gegen den Bau von Wasserleitungen sträub 
te. Erst durch eine Spende des Fürsten Johann II. in 
der Höhe von lO’OOO Gulden konnte die Gemeinde 
1894 zum Bau einer Wasserleitung im Ortsteil Balzers 
bewegt werden. 1902 stellte der Fürst auch ein unver 
zinsliches Darlehen für den Bau einer Wasserleitung in 
Mäls zur Verfügung. Ohne diese Darlehen hätte sich 
die Gemeinde nicht im Stand gesehen, die finanziellen 
Mittel für die notwendige Sanierung aufzubringen. 
Was wusste die Medizin über den Typhus? 
Typhus war bereits im Altertum verbreitet, doch war 
über die Ursachen und die Behandlungsmöglichkeiten 
wenig bekannt. Noch in «Pierer’s Universal-Lexikon» 
von 1857 wurde die Hauptursache fälschlicherweise 
in der schlechten Luft gesehen: 
«Der Ausbruch einer [Typhus-]Epidemie wird durch 
Zusammenhäufung vieler Menschen auf einem kleinen 
Raume und die dadurch bedingte Luftverderbniß be 
günstigt, ferner durch schlechtes mit faulenden Stoffen 
verunreinigtes Trinkwasser, kärgliche schlechte Nah 
rung, feuchte Luft.» 
Seite 44: Di: Albert Schädler schrieb am 11. November 1892 an 
die Regierung, dass in den letzten vier Wochen zwölf Kinder und 
vier Jugendliche wegen Typhus bei ihm in Behandlung waren.
	        

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