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gern angenommen. «Im Jahr 1986 hat ein Wiedehopf
paar nachweislich in der Felswand des Ellhorn gebrü
tet. Das war aussergewöhnlich und eher untypisch für
Wiedehopfe», weiss Georg Willi. In den früher noch
häufigeren Streuobstwiesen fanden viele Tierarten rei
ches Auskommen. Die hochstämmigen Obstbäume
boten Quartier und die Wiesen lieferten reiche In
sektennahrung. Dass die stete Abnahme alter «Hoch
stämmen) und Feldgehölze die Möglichkeit, passende
Quartiere in nahrungsreicher Landschaft zu finden,
deutlich einschränkt, ist nachvollziehbar.
Der Obstbaumverein, die Bürgergenossenschaft und
viele Engagierte bemühen sich um Nachpflanzungen,
aber bis die Bäume ein Alter erreicht haben werden,
in dem sie Spechten, Wiedehopfen und Fledermäusen
Quartier bieten können, werden noch einige Jahre ver
gehen. Umso wichtiger ist es, dass noch vorhandene alte
Bäume erhalten werden. Mit künstlichen Nisthilfen
kann man die Situation ersatzweise verbessern. «Wenn
die Lage stimmt und ein genügend grosses Nahrungs
angebot in der Umgebung vorhanden ist, brüten Wie
dehopfe auch in Starenkästen», berichtet Georg Willi.
Der Wärmeliebhaber
Da sich die Situation der Feinde und Konkurrenten
nicht wesentlich verändert haben dürfte, bleibt noch
ein sogenannter abiotischer Faktor zu beleuchten, das
Klima. Was die Temperaturen betrifft, gibt es einen kla
ren Trend für die Schweiz und Liechtenstein. Im Jah
resmittel ist es in den letzten zwanzig Jahren deutlich
wärmer geworden. Wärmeliebhabern wie dem Wiede
hopf kommt das in mehrfacher Hinsicht zugute. Zum
einen hat er grössere Chancen, seinen Nachwuchs
nicht durch zu kühle Temperaturen zu verlieren. Er
kann sich im besten Fall sogar mit zwei Bruten im Jahr
vermehren. Zum anderen profitieren auch viele Insek
tenarten vom wärmeren Jahresmittel und damit steigt
das Nahrungsangebot für den Wiedehopf und andere
Insektenliebhaber.
Ein Hingucker für Jung und Alt
Als vor elf Jahren plötzlich wieder sein «Upup-up»
in Balzers erklang, wandten sich viele Köpfe suchend
nach oben. Während die Herzen der Kenner sofort
höher schlugen, wunderten sich andere aufmerksame
Lauscher über den neuen Klang im Dorf. Manch einer
mag sich gefragt haben, ob der Kuckuck in diesem Jahr
in Moll ruft. Der Ruf des Wiedehopfs ist kräftig und
doch sanft. Seine Stimme trägt weit, daher hält man
zumeist vergeblich nach dem Rufenden Ausschau.
Erst seit vier Jahren brüten die Rückkehrer wieder
regelmässig in Balzers und weiteren Gemeinden dies-
und jenseits des Rheins. Der prächtige Vogel ist ein
«Hingucker» für Jung und Alt, freut sich Wilfried Vogt,
Vogelschutz-Obmann beim Ornithologischen Verein
(OV) Balzers und Lehrer an der Realschule. Jugend
liche berichten in der Schule von Begegnungen mit
Wiedehopfen und interessieren sich für das auffällige
Tier. «So erweckt der Wiedehopf durch seine exotische
Erscheinung Interesse und wird zum Symbol auch für
andere Arten, die nicht ganz so auffällig sind und doch
in gleicher Weise unserer Aufmerksamkeit und unseres
Schutzes bedürfen.»
Leider nehmen seine Bestände weltweit ab. Als Grün
de dafür werden Lebensraumzerstörung und Bejagung
genannt. Fast wäre es diesem prächtigen Vogel so er
gangen wie dem Kinderlied. Er wäre bei uns langsam
in Vergessenheit geraten. Gut, dass er nach langer Ab
wesenheit nun wieder zurück ist. Er wird als etwas Be
sonderes wahrgenommen und erfreut uns mit seinem
Anblick.