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heraus die Massnahmen zum Schutz der Balzner Breit
flügelfledermäuse entstanden sind. Zwei Ziele waren
uns wichtig: So sollten die vermutlich seit Jahrzehnten
im Dachstock ansässigen Breitflügelfledermäuse wäh
rend der Renovierungsarbeiten ungestört ihre Jungen
aufziehen und nach der erfolgten Renovierung auch
im umgebauten Pfarrhaus ihr angestammtes Quartier
weiterhin bewohnen können.
Breitflügelfledermaus ist selten und gefährdet
Balzers liegt im mittleren Alpenrheintal und geogra
fisch in einem eigentlichen Hot Spot der Fledermaus
fauna. Tatsächlich sind im Gemeindegebiet in den
letzten dreissig Jahren 18 Fledermausarten entdeckt
worden. Und dies bei insgesamt 22 aus Liechtenstein
und 30 aus der Schweiz bekannten Arten! Erwähnens
wert sind dabei seltene und gefährdete Arten wie die
bereits erwähnte Grosse Hufeisennase, zudem das
Kleine Mausohr, die Bechsteinfledermaus, das Graue
Langohr, das Alpenlangohr sowie die Breitflügelfle
dermaus. Die Tatsache, dass in Mitteleuropa alle diese
Arten als wärmeliebend gelten, lässt vermuten, dass
die hohe Artenvielfalt unter anderem mit dem som
mermilden Föhnklima Zusammenhängen dürfte. Doch
mindestens so wesentlich ist mit Sicherheit auch die
immer noch vielfältige Landschaft mit ihren laubholz
dominierten Wäldern und Feldgehölzen sowie den
zahlreichen Speziallebensräumen wie Auenwäldern
oder Magerwiesen. Klimatische Gunstlage und eine
hohe Lebensraumvielfalt sind daher wohl die Haupt
ursachen für den grossen Fledermausreichtum in der
Balzner Region. Da erstaunt es nicht weiter, dass auch
die seltene Breitflügelfledermaus gerade in dieser Ge
gend bislang überleben konnte.
Die Breitflügelfledermaus kommt in ganz Europa bis
zur Ostsee vor. Die nördliche Verbreitungsgrenze er
reicht sie in Mittelengland, Dänemark, Südschweden
und Lettland. Ihr Hauptverbreitungsgebiet liegt in der
Norddeutschen Tiefebene. In Mittel- und Südeuropa
ist sie weit seltener. Dies bestätigt auch die Verbreitung
der Breitflügelfledermaus in der Schweiz. Hier zeigt
sich ein Verbreitungsschwerpunkt im Tessin, Wallis und
Jura sowie in wärmeren Regionen der Ostschweiz. Die
nächsten Fortpflanzungskolonien liegen am Bodensee
im Kanton Thurgau, im nördlichen Tiefland des Kantons
St. Gallen und im Alpenrheintal. Die aus dem Alpen
rheintal bekannten Quartiere liegen in Balzers, Vaduz,
Rüthi, Eichberg, Diepoldsau sowie in Feldkirch. Das
Quartier in Rüthi ist inzwischen durch eine unsach-
gemässe Renovation des Gebäudes zerstört worden.
Steckbrief zur Breitflügelfledermaus
Eptesicus serotinus
Mit einem Gewicht von rund 20 bis 30 Gramm und einer Flügel
spannweite von bis zu 38 Zentimeter gehört die Breitflügelfle
dermaus zu den grossen einheimischen Arten. Das Fell ist lang
haarig, am Rücken dunkel- und am Bauch gelbbraun. Schnauze
und Ohren sind schwarz, die breiten Flügel dunkel schwarzbraun
gefärbt. Im Flug erscheinen die Tiere etwa amselgross. Die
Breitflügelfledermaus ist eine typische Gebäudefledermaus,
die vorwiegend im Siedlungsraum und siedlungsnahen Be
reich vorkommt. Sommerquartiere und Fortpflanzungsgesell
schaften von 10 bis 70 (maximal 100) Weibchen befinden sich
an und in Gebäuden, in Spalten und Flohlräumen, hinter Flolz-
verkleidungen, im Firstbereich von Dachböden oder unter
Dachpfannen. Die Breitflügelfledermaus ist ausgesprochen
orts- und quartiertreu, lebt im Quartierverbund mit mehre
ren Teilkolonien. In ihrem Wochenstubenquartier bringen die
Weibchen ab Mitte Juni je ein Junges pro Saison zur Welt.
Ab August lösen sich die Wochenstuben wieder auf. Den
Winter verbringen die Tiere im Winterschlaf in Felsspalten,
Flöhlen und Stollen. Die Winterquartiere werden ab Oktober
bezogen und im März/April wieder verlassen. Zwischen Som
mer- und Winterquartier legen die Tiere meist geringe Wander
strecken unter 50 Kilometer, seltener mehr als 300 Kilometer
zurück. Jagdgebiete sind Waldränder, Obstgärten, Weiden und
Parkanlagen, aber auch Strassen lampen, wo die Breitflügel
fledermaus Jagd nach grossen Insekten macht.