Volltext: Balzner Neujahrsblätter (2016) (2016)

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Lisa Fischer 
«So braucht es... Männer, die über Menschenkenntnis, Geschick, 
Ruhe und vor allem über einen praktischen, gesunden Verstand 
verfügen» 1 - Vermittleramt und Vermittler in Balzers 
Die Mitwirkung von Laien hat in der mitteleuropäischen 
Rechtspflege eine lange Tradition, wobei wir heute drei 
Hauptformen kennen: das Schwurgericht, das Schöf 
fengericht und den Friedensrichter [Vermittler]. Der 
Vermittler soll versuchen, zwischen unterschiedlichen 
Ansichten und Interessen eine Einigung herzustellen, 
hat dabei aber keine oder nur geringe Kompetenz zur 
Rechtsprechung. 2 In Liechtenstein wurde ein solches 
Amt im Gesetz über die Vermittlerämter [VAG] vom 
12. Dezember 1915 eingeführt. Diesem Gesetz zufolge 
mussten vor dem Gang zum Gericht alle bürgerlichen 
Rechtsstreitigkeiten zum Versuch einer Vermittlung 
und alle Ehrenbeleidigungssachen zu einer Sühnever 
handlung vor das Vermittleramt gebracht werden, wie 
das Liechtensteiner Volksblatt vom 17. März 1916 
schreibt: 
«Wer also eine streitige Geldforderung betreiben, ein 
streitiges Gehrecht behaupten, einen nicht anerkannten 
Schadenersatzanspruch geltend machen oder sonst eine 
der vielen Rechtsstreitigkeiten gerichtlich durchführen 
will, hat sich an den Vermittler zu wenden. Oder will 
sich jemand vor Amt gegen eine Verleumdung, gegen 
Veröffentlichung ehrenrühriger Tatsachen aus dem Pri 
vat- oder Familienleben oder Schmähungen in der Presse 
oder dergleichen wehren, so hat er sich zunächst eben 
falls an das Vermittleramt um einen Sühneversuch zu 
wenden.» 3 
Per 1. Juli 2015 wurde das Gesetz über die Vermitt 
lerämter nach knapp einem Jahrhundert aufgehoben. 
Im Folgenden wird die Entstehung des Gesetzes er 
läutert, die Aufgaben eines Vermittlers mit Beispielen 
erklärt und die Gründe für die Abschaffung dargelegt. 
Abgerundet wird der Aufsatz durch ein Interview mit 
Remo Vogt, der das Amt des Balzner Vermittlers von 
2004 bis 2015 innehatte. 
Entstehung des Gesetzes über die Vermitt 
lerämter (VAG) 
Die Tradition der Vermittler und damit das Bestre 
ben mit Hilfe einer dritten Instanz einvernehmliche 
Lösungen für Streitparteien zu finden, reicht weit 
zurück. Schriftlich festgehalten wurde dies in Liech 
tenstein bereits in der Amtsinstruktion von 1719. 
Diese sah vor, dass «bürgerliche Streitigkeiten» zwi 
schen ihren Gemeindsleuten von örtlichen Amtsträ 
gern geschlichtet und entschieden wurden. Auch 
die 1810 erlassene «Gerichtsinstruktion» im ersten 
Gemeindegesetz des Landes übertrug einen Teil 
der Gerichtspflege lokalen Amtsträgern. In den Ge 
meindegesetzen von 1842 und 1864 hingegen waren 
Schlichtungs- und Entscheidungskompetenzen der 
lokalen Amtsträger nicht mehr enthalten. 4 Im März 
1884 wurde im Landtag schliesslich ein Antrag zur 
Errichtung von Vermittlerämtern gestellt. Als Grün 
de wurden die Entlastung der Gerichtsverwaltung 
und «grosse Ersparnis an Zeit u. Geld für die von der 
Gerichtsstätte entfernteren Bewohner» angeführt. 5 
Heute, in Zeiten von Autos und gut ausgebautem
	        

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