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Stets Priorität hatte, möglichst mit dem vorhandenen
Maschinenpark zu fertigen. Da stand das technische
Zeichnen und die dreidimensionale Vorstellung im
Vordergrund, und da war ich ziemlich sattelfest. Es
hat mir keine Mühe bereitet, mir vorzustellen, wie
ich etwas darstellen musste, damit der Mitarbeiter in
der Werkstatt sofort gesehen hat, was zu tun ist. Das
hat sich dann weiterentwickelt bis zum Ende meiner
Berufskarriere in der Firma. Ich war sehr engagiert, es
war hoch interessant. Ich hatte direkten Kontakt mit
den Kunden, konnte mit ihnen über Einsparungen
und technische Verbesserungen diskutieren. Wichtig
dabei war immer, dass man den Betrieb, die Beleg
schaft und den Maschinenpark gut kennt. Ein Eli
neinwachsen in den Betrieb war wichtig. Es ging
nichts von heute auf morgen.
Neben all diesen Präzisionsarbeiten war für mich die
Natur immer eine Möglichkeit zum Auftanken.
Also auch schon, wie man es heute nennt,
Work-Life-Balance?
Ja, sicher. Wobei uns bei der Arbeit viel Vertrauen ent
gegengebracht wurde. Wir kannten die Konstrukteure
gut und sie uns. Von ihnen kam erst vage mittels einer
Skizze die Aufforderung, eine Preisvorstellung abzu
geben. An uns lag es dann, gewisse Preisvorstellungen
herauszufinden. Da ergab sich manche Gelegenheit zu
Kontakten. Das war anspruchsvoll, abwechslungsreich
und interessant.
Deine Beschäftigung im Beruf und der Freizeit war
unterschiedlich. In der Freizeit hattest du aber auch
andere Möglichkeiten des Ausgleichs.
Jaja, bei Musik und Gesang. Intensiv sogar anfangs,
aber die letzten Jahre waren weniger hektisch, ein
langsames «Ausplampen» sozusagen! Als ich sechzig
war, dachte ich mir, «machst halt noch eine Weile und
dann ist Schluss».
Aber das fällt ja auch nicht leicht, wenn man mal ein
«Operettenstar» war?
Star ist wohl übertrieben! Man hatte damals noch
einen guten Zusammenhalt. Das war schon entschei
dend für das Mitmachen. Es muss alles passen, sonst
lässt du dich nicht auf so was ein.
Also man kann sagen, dass du schon ein paar Talente
hast, neben der beruflichen Qualifikation.
Man hat halt versucht, mit Abwechslung zu leben,
nicht einseitig. Darum habe ich heute auch im Sinn,
ein bisschen vom fJolz wieder wegzukommen und
mich wieder mit Metall zu beschäftigen.
Kennen gelernt von dir habe ich zuerst deine Zeich
nungen. Das war die erste Phase, in der deine Arbei
ten, vor allem Porträts, in der Öffentlichkeit bekannt
wurden. Du hast auch über viele Jahre das Titelbild der
«Balzner Neujahrsblätter» gestaltet und die Flefte mit
Zeichnungen illustriert.
Für mich war der Drang zum Zeichnen irgendwie
immer da. Aber gerade Porträtzeichnen ist nicht ein
fach, da muss man sich schon recht hineinknien. Rück
blickend würde ich das nicht mehr so machen. Es war
oft nervtötend und man muss sich unheimlich kon
zentrieren, wenn man etwas gut und möglichst genau
machen will. Gerade bei Frauen: «Ja, hab ich denn dort
wirklich ein Rünzelchen?» Da ist das Zeichnen des
Charakterkopfes eines älteren Mannes viel einfacher,
da gehören Runzeln dazu. Aber es stimmt schon, das
Zeichnen war schon immer meine Lieblingsbeschäfti
gung, schon in der Schule.
Du hast dir eigentlich alles selber «erarbeitet».
Klar. Einmal, als ich in der Lehre war, träumte ich
davon, in eine Kunstschule zu gehen. Damals hat es
geheissen: «Was, in eine Kunstschule! In den Ferien
kannst du heuen!» Dafür war wenig Verständnis da,
so war es halt: «Kunst, was willst du mit Kunst?» Der
Wunsch, einmal eine Kunstschule zu besuchen, war aber
trotzdem noch da. Einmal andere Meinungen, andere
Ansichten kennen lernen, etwas gezeigt bekommen
von Leuten, die etwas können, Fachleuten eben. Das
war dazumal halt kein Thema. Aber das ging ja vielen
Leuten so. Schon beim Thema Realschule hiess es:
«Was, Realschule! Balzers, das langt!»
Wenn man sich das so anschaut, Zeichnungen, Plasti
ken, dein Weg vom Flolz zum Metall. Siehst du Etappen
in deiner Entwicklung, oder kommst du von dem, was
du machst, zum Nächsten? Kannst du sagen, es gab
besondere Anlässe, die dich weitergebracht haben?
Am meisten beeindruckt hat mich, wenn ich ins Aus
land gegangen bin, etwas gesehen habe. Nicht das, was
einen normalerweise umgibt. Etwas anderes, andere