Volltext: Balzner Neujahrsblätter (2015) (2015)

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Stets Priorität hatte, möglichst mit dem vorhandenen 
Maschinenpark zu fertigen. Da stand das technische 
Zeichnen und die dreidimensionale Vorstellung im 
Vordergrund, und da war ich ziemlich sattelfest. Es 
hat mir keine Mühe bereitet, mir vorzustellen, wie 
ich etwas darstellen musste, damit der Mitarbeiter in 
der Werkstatt sofort gesehen hat, was zu tun ist. Das 
hat sich dann weiterentwickelt bis zum Ende meiner 
Berufskarriere in der Firma. Ich war sehr engagiert, es 
war hoch interessant. Ich hatte direkten Kontakt mit 
den Kunden, konnte mit ihnen über Einsparungen 
und technische Verbesserungen diskutieren. Wichtig 
dabei war immer, dass man den Betrieb, die Beleg 
schaft und den Maschinenpark gut kennt. Ein Eli 
neinwachsen in den Betrieb war wichtig. Es ging 
nichts von heute auf morgen. 
Neben all diesen Präzisionsarbeiten war für mich die 
Natur immer eine Möglichkeit zum Auftanken. 
Also auch schon, wie man es heute nennt, 
Work-Life-Balance? 
Ja, sicher. Wobei uns bei der Arbeit viel Vertrauen ent 
gegengebracht wurde. Wir kannten die Konstrukteure 
gut und sie uns. Von ihnen kam erst vage mittels einer 
Skizze die Aufforderung, eine Preisvorstellung abzu 
geben. An uns lag es dann, gewisse Preisvorstellungen 
herauszufinden. Da ergab sich manche Gelegenheit zu 
Kontakten. Das war anspruchsvoll, abwechslungsreich 
und interessant. 
Deine Beschäftigung im Beruf und der Freizeit war 
unterschiedlich. In der Freizeit hattest du aber auch 
andere Möglichkeiten des Ausgleichs. 
Jaja, bei Musik und Gesang. Intensiv sogar anfangs, 
aber die letzten Jahre waren weniger hektisch, ein 
langsames «Ausplampen» sozusagen! Als ich sechzig 
war, dachte ich mir, «machst halt noch eine Weile und 
dann ist Schluss». 
Aber das fällt ja auch nicht leicht, wenn man mal ein 
«Operettenstar» war? 
Star ist wohl übertrieben! Man hatte damals noch 
einen guten Zusammenhalt. Das war schon entschei 
dend für das Mitmachen. Es muss alles passen, sonst 
lässt du dich nicht auf so was ein. 
Also man kann sagen, dass du schon ein paar Talente 
hast, neben der beruflichen Qualifikation. 
Man hat halt versucht, mit Abwechslung zu leben, 
nicht einseitig. Darum habe ich heute auch im Sinn, 
ein bisschen vom fJolz wieder wegzukommen und 
mich wieder mit Metall zu beschäftigen. 
Kennen gelernt von dir habe ich zuerst deine Zeich 
nungen. Das war die erste Phase, in der deine Arbei 
ten, vor allem Porträts, in der Öffentlichkeit bekannt 
wurden. Du hast auch über viele Jahre das Titelbild der 
«Balzner Neujahrsblätter» gestaltet und die Flefte mit 
Zeichnungen illustriert. 
Für mich war der Drang zum Zeichnen irgendwie 
immer da. Aber gerade Porträtzeichnen ist nicht ein 
fach, da muss man sich schon recht hineinknien. Rück 
blickend würde ich das nicht mehr so machen. Es war 
oft nervtötend und man muss sich unheimlich kon 
zentrieren, wenn man etwas gut und möglichst genau 
machen will. Gerade bei Frauen: «Ja, hab ich denn dort 
wirklich ein Rünzelchen?» Da ist das Zeichnen des 
Charakterkopfes eines älteren Mannes viel einfacher, 
da gehören Runzeln dazu. Aber es stimmt schon, das 
Zeichnen war schon immer meine Lieblingsbeschäfti 
gung, schon in der Schule. 
Du hast dir eigentlich alles selber «erarbeitet». 
Klar. Einmal, als ich in der Lehre war, träumte ich 
davon, in eine Kunstschule zu gehen. Damals hat es 
geheissen: «Was, in eine Kunstschule! In den Ferien 
kannst du heuen!» Dafür war wenig Verständnis da, 
so war es halt: «Kunst, was willst du mit Kunst?» Der 
Wunsch, einmal eine Kunstschule zu besuchen, war aber 
trotzdem noch da. Einmal andere Meinungen, andere 
Ansichten kennen lernen, etwas gezeigt bekommen 
von Leuten, die etwas können, Fachleuten eben. Das 
war dazumal halt kein Thema. Aber das ging ja vielen 
Leuten so. Schon beim Thema Realschule hiess es: 
«Was, Realschule! Balzers, das langt!» 
Wenn man sich das so anschaut, Zeichnungen, Plasti 
ken, dein Weg vom Flolz zum Metall. Siehst du Etappen 
in deiner Entwicklung, oder kommst du von dem, was 
du machst, zum Nächsten? Kannst du sagen, es gab 
besondere Anlässe, die dich weitergebracht haben? 
Am meisten beeindruckt hat mich, wenn ich ins Aus 
land gegangen bin, etwas gesehen habe. Nicht das, was 
einen normalerweise umgibt. Etwas anderes, andere
	        

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