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Älteste Ansicht der Benedikti
nerabtei Pfäfers [Fabaria] vor
ihrer Verlegung nach Norden
ab 1688.
<Magia> auf dem Gebiet von Balzers befunden haben
könnte. Die Historiografie nahm lange Zeit an, dass es
sich bei Magia um Maienfeld GR handele, doch fehlen
hier römische Funde. Uber Lage und Schicksal der im
churrätischen Reichsgutsurbar von 842/843 genannten
Herrenhöfe Palazoles und Meilis ist nichts bekannt.»
Die bisherige Sprachforschung nimmt an, dass Magia
vom gallischen Wort magos herrührt, was Feld bedeutet.
Nach der Zurückdrängung der romanischen Sprache
nach Süden bildete sich die Bezeichnung Maginvelt
und ähnlich, wie wir sie erstmals 1282 urkundlich
bezeugt finden, im Sinne einer Kollektivbildung des
gallischen Wortes magos «Feld» zusammen mit der
deutschen Übersetzung. 11
Paul Vogt wie auch der von ihm auf Seite 15 seines Auf
satzes zitierte Georg Malin stellen Identität zwischen
Magia und Balzers beziehungsweise Palazoles her. Die
einzige Begründung für die angebliche Identität der
beiden Orte ist nach Auffassung von Vogt und Malin
der Umstand, dass in Balzers im Gegensatz zu Maien
feld «schon viele Funde aus der Römerzeit gemacht»
worden seien. Auch Cornelia Herrmann schliesst sich
dieser Begründung zu ihrer Sicht an. Die Feststellung
stützt sich einzig auf den Umstand, dass die Archäo
logie in Maienfeld ausserordentlich im Rückstand ist.
Doch kann allein mit archäologischem Fundgut über
die altersmässige Stellung von Maienfeld und Balzers
in der Spätantike noch keine hinreichende Aussage ge
macht werden. Auch von der Herleitung von Palazoles
aus lateinisch Palatium [Palast, Königshof) bzw. Pala-
tiolum [kleine Pfalz) allein kann noch nicht auf eine
Identifikation von Balzers mit Magia geschlossen wer
den, wie dies das Liechtensteiner Namenbuch tut. 12
Schwerer wiegt, dass zwischen Magia und Palazoles
[oder ähnlich) linguistisch kein Zusammenhang her
gestellt werden kann. Das Gleiche gilt auch für einen
linguistischen Zusammenhang mit Balzers für die
Ortsbezeichnung Lupinis oder ähnlich, wie wir sie
etwa vom 9. bis gegen das Ende des 13. Jahrhunderts
in den Quellen für Maienfeld vorfinden. 13
Die Machtverteilung und damit auch die Ver
kehrsführung in unserem Raum lässt sich sehr gut an
der kirchlichen Organisation ablesen. So erfahren wir
aus dem Reichsgutsurbar: Est ihi [bei der Curtis Lupinis,
das heisst: in Maienfeld) ecclesia cum decima de ipsa
villa et de villa Flasce cum titulo sancti Lucii. St. Aman
dus in Maienfeld war somit zehntberechtigte Pfarr
kirche, die auch den Zehnten von Fläsch mitsamt der
nicht zehntberechtigten St. Luziuskirche einzog. 14
St. Luzius war vorerst Kirche von Fläsch und gab dem
Übergang über die St. Luzisteig zusätzliche Bedeu
tung, auch für die Reichsstrasse Bregenz-Maienfeld-
Chur.
Die Curtis Lupinis [Maienfeld) zeichnet sich im
Reichsgutsurbar durch aussergewöhnlichen Reichtum
aus. Und was für die Verkehrsführung von besonderer
Bedeutung ist, so vernehmen wir: Census de navibus
redditur ihi. Das bedeutet, dass die Gebühr für die Be
nützung der Fähren, welche am Ostufer des Rheins bei
Maienfeld und am Westufer bei der Curtis Naualis bei
Ragaz anlegten, von Maienfeld eingezogen wurde. 15
Ausser den Benützern der Reichsstrasse Vindonissa-
Zürichsee-Chur war auch der Abt von Pfäfers zur Be
treuung seiner umfangreichen Güter und zahlreichen
Kirchen auf der Ostseite des Rheins auf diese Fähren
angewiesen.