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Die Ablagerung im Tethysmeer des
Erdmittelalters
Die Region des Tethysmeers, aus der später die Alpen
hervorgehen sollten, hatte in der Jurazeit [vor 160
Millionen Jahren] seine grösste Ausdehnung von rund
1500 Kilometern und unterschiedlich tiefe Becken.
Während der Jurazeit und der darauffolgenden Krei
dezeit wurden die heutigen Gesteine des Fläscherbergs
im relativ untiefen Gebiet nahe der europäischen
Küste über einen Zeitraum vor 180 bis 130 Millionen
Jahren abgelagert. Es handelte es sich dabei um über
schwemmte Teile des europäischen Kontinents. In den
Alpen werden diese Gesteine heute unter dem Begriff
Helvetikum zusammengefasst.
Untiefe Meeresbereiche, deren Grund aus überspülter
kontinentaler Kruste besteht, heissen Schelfmeere. Ein
charakteristisches Sediment der Schelfmeere ist Kalk.
In tieferen Meeresbecken des offenen Ozeans hinge
gen verhindern die physikalisch-chemischen Bedin
gungen die Kalkablagerung. Für diese Meeresbereiche
sind feinkörnige Tonablagerungen typisch.
Schwankungen des Meeresspiegels und der Wasser
temperatur während der 50 Millionen Jahre dauern
den Ablagerungsgeschichte widerspiegeln sich heute
in einer Abfolge unterschiedlicher Gesteine. Die
markantesten sind in der Folge beschrieben.
Die Ausweitung und das Vordringen des Tethysmeers
zur Jurazeit wurden verursacht durch das langsame
Absinken der europäischen Schelfplattform. Die Ab
senkung der Erdkruste und die Nachlieferung neuen
Sediments hielten sich die Waage, so dass die Wasser
tiefe weitgehend unverändert blieb. Das augenfälligste
Sedimentgestein aus dieser Zeit ist der Quinten-Kalk.
Unter den Millionen von Jahren andauernden gleich
förmigen Bedingungen konnte der Quinten-Kalk eine
Mächtigkeit von bis zu 500 Metern erreichen. FJeute
baut er die Steilwände des nördlichen Walensees eben
so wie den berühmten «Balzner Marmor» auf.
Gegen Ende der Jurazeit überwog die Absenkung. Das
Meer wurde tiefer und die Küste war weiter entfernt.
Damit veränderte sich auch der Sedimentcharakter.
Anstatt Kalk wurden nun zunehmend sehr feinkörni
ge schwarze Tonablagerungen gebildet. Diese treten
heute in Form der schwarzen Schiefermergel der so
genannten Zementsteinschichten und schliesslich im
Palfriesschiefer und im Vitznaumergel zutage, welche
zu Beginn der Kreidezeit abgelagert wurden. Ihr hoher
Tongehalt macht sie geeignet als Schmiermittel für
spätere Deckenüberschiebungen und Zerscherung
während der Gebirgsbildung. Diese Mergel sind auch
heute sehr anfällig für die Erosion, so dass sich auf
diesem Untergrund gerne Täler und Sättel bilden.
Später, ebenfalls in der Kreidezeit, kam es wieder zur
Kalkablagerung. Krustenhebung und ein sinkender
Meeresspiegel führten zur Ablagerung des Kieselkalks.
Zusammen mit dem Quinten-Kalk formt der Kiesel
kalk die charakteristischen Steilwände am Fläscher-
berg. Im Vergleich zum Quinten-Kalk lassen weniger
organische Anteile und mehr Silikat-Anteile aber
weniger Lebewesen und kühlere Klimabedingungen
vermuten.
An der Grenze zur Erdneuzeit fehlen ein paar Seiten im
steinernen Geschichtsbuch. Es besteht eine Schicht
lücke. Die helvetische Plattform wurde wohl vor der
Ablagerung der bedeutend jüngeren Sedimente des
Tertiärs aus dem Meer herausgehoben und teilweise
abgetragen. Am Kontinentalabhang im südlichen Teil
des helvetischen Schelfs wurden keine Kalke, sondern
Mergel und Tiefwassertone abgelagert. Diesem als
Ultrahelvetikum bezeichneten Ablagerungsraum wird
der südliche Fläscherberg zugeordnet.
Seite 25: Ablagerungsräume des Tethysmeers zur späten Kreide
zeit, vor 90 bis 100 Millionen Jahren, als sich das Tethysmeer
bereits begonnen hatte zu schliessen.
Die untere Karte zeigt den Ausschnitt des Tethysmeers, aus dem
sich die Alpen entwickelten. Markante Berge Liechtensteins sind
in ihrem jeweiligen Ablagerungsgebiet ergänzt. Die Gesteine des
Fläscherbergs entstammen dem überschwemmten europäischen
Kontinentalschelf (grün).
Die obere Darstellung zeigt einen Querschnitt von Nordwesten
nach Südosten dieser Karte. [Miescher 2014, basierend auf der
Tektonischen Karte der Schweiz sowie Pfffner 2009)