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1906 findet sich beispielsweise eine Unfallmeldung im
Liechtensteiner Volksblatt:
«Am 14. März nachmittags löste sich oberhalb des Stein
bruches im Altneugut zu Balzers ein Felskopf mit beiläufig
1000 Kubikmeter, stürzte ab und verschüttete alle von dem
Steinmetz Johann Frick auf Vorrat zugehauenen Grab-
und Bausteine sowie das meiste Werkzeug. Einem beim
Steinbruche beschäftigten Arbeiter, namens Serafin Frick,
gelang es, als der Felssturz erfolgte, noch rechtzeitig der
Gefahr zu entrinnen; er fiel jedoch beim eiligen Weglaufen
und zog sich eine leichte Beschädigung am Kopfe zu.»
Nicht immer ging es jedoch so glimpflich aus, gerade
aus der Zeit um die Jahrhundertwende sind verschie
dene Unfälle mit teils gravierenden Verletzungen
dokumentiert. In verschiedenen Fällen kam es schliess
lich auch zu Schadenersatzforderungen und Straf
verfahren, wenn den Steinbruchunternehmern die
Nichteinhaltung der Sicherheitsrichtlinien vorgewor
fen werden konnte. Als zusätzliche Sicherheitsmass
nahme für den Betrieb in Steinbrüchen galt bereits
seit der Jahrhundertwende, dass Unternehmer eine
behördliche Konzession vorweisen mussten, wenn sie
einen Steinbruch betreiben wollten. Um die Konzessi
on zu erhalten bedurfte es jedoch keiner besonderen
Vorkenntnisse oder -prüfung.
Wenngleich Unfallmeldungen in den folgenden Jahr
zehnten seltener wurden, blieb die Arbeit im Stein
bruch gefährlich. Am 3. August 1957 kam es in Balzers
zu einem grossen Felsrutsch, der im kollektiven Ge
dächtnis der älteren Generation noch immer präsent
ist. Obwohl nur durch Glück keine Menschen direkt
zu Schaden kamen und der Felsrutsch eigentlich
mahnend an den riskanten Abbau am Fels und die im
Steinbruch stets vorhandene Gefahr verwies, wurde
er damals in den Zeitungen sogar als Glücksfall dar
gestellt. So schrieb das Liechtensteiner Vaterland am
7. August 1957:
«Der Felsrutsch wurde durch frühere Sprengungen ausge
löst und kam, wie uns der Unternehmer Heinrich Vogt,
übrigens einer unserer besten Fachleute auf diesem Gebie
te, mitteilte, nicht ganz unerwartet. Allerdings wurde das
sich bereits seit zirka 2 Jahren abzeichnende Ereignis erst
zu einem späteren Zeitpunkt erwartet. Am vergangenen
Donnerstag fand im Absturzraum die letzte Sprengung
statt, die etwa 1000 Kubikmeter zu Tal brachte. Am
Samstagvormittag fielen als Ankündigung kleine Steine
und kurz vor 1 Uhr mittags geschah der gewaltige Fels
rutsch. 80 000 Ins 100 000 Kubikmeter Bahner Marmor
harren in Blöcken Ins zu 300 Kubikmeter der Verarbeitung
und die Sprengungen können für etliche Jahre eingestellt
werden. Der angerichtete Schaden ist als minimal zu be
zeichnen. Neben unbedeutenden Beschädigungen in den
anstoßenden Kartoffel- und Getreideäckem erleiden die
Unternehmer keinerlei Schaden. Die im Sturzgelnet gele
gene Baracke, in der sich ein italienischer Arbeiter befand,
blieb wie durch ein Wunder unversehrt.»
Der Felsrutsch hatte aber zumindest indirekt dennoch
äusserst tragische Folgen. Da die Lage im Balzner Stein
bruch nach dem Felssturz noch unruhig war und man
sicherheitshalber etwas abwarten wollte, übernahm
einer der beiden Steinbruchbetreiber, Johann Bürzle,
zwischenzeitlich eine Arbeit in der so genannten
Kracherrüfe in Nendeln. Dort kam es kurze Zeit später,
am 22. August 1957, zu einem tragischen Unglück,
bei welchem er und der italienische Arbeiter Antonio
Ceraelo ums Leben kamen. Antonio Ceraelo war erst
einige Monate zuvor mit seiner Familie nach Balzers
gezogen, um im Steinbruch zu arbeiten. Heinrich Vogt
führte seitdem den Steinbruch im Altneugut alleine
weiter bis 1966. In diese Zeit fällt auch ein weiterer
Todesfall aus dem Balzner Steinbruch, als Baptist Wille
tödlich verunglückte, nachdem sich kurz nach einer
Sprengung überhängende Felsmassen in einigem Ab
stand zur eigentlichen Sprengung gelöst hatten.
Der Steinbruch um 1972 mit grossen Mengen frischen Rohma
terials aus westlicher Richtung, vom Rheindamm aus gesehen.
Heute befindet sich hierein Windschutzstreifen.