Volltext: Balzner Neujahrsblätter (2015) (2015)

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«Anlässlich der Inspektion der Steinbrüche bei Balzers des 
Johann Frick in Balzers und des Johann Kubli in Trüb 
bach am 29. September 1905 wurde die Wahrnehmung 
gemacht, dass nicht alle Vorsichtsmassregeln, welche für 
derartige Betriebe geboten erscheinen, beobachtet werden.» 
Als direkte Folge der Inspektion gelangte er im Oktober 
1905 an die Regierung in Vaduz mit dem Ziel, eine 
Betriebsordnung für den Steinbruch in Balzers zu er 
lassen. Er arbeitete schliesslich im Oktober 1906 eine 
Betriebsordnung für die beiden Balzner Steinbrüche 
von Johann Frick und Jakob Kubli in Balzers aus, Lan 
desverweser Karl von In der Maur ergänzte und geneh 
migte dieselbe mit einigen persönlichen Hinweisen. 
Hauptziel der Betriebsordnung war die Verbesserung 
der Arbeitssicherheit, wobei in verschiedenen Gefahren 
bereichen angesetzt wurde. So sollte das Aufsichts 
personal verpflichtet werden, den Steinbruch täglich 
zu begehen, um Erdabrutschungen oder Felsstürze 
rechtzeitig vorhersehen zu können. An gefährlichen 
Lagen sollten «Seile in Griffweite» eines j eden Arbeiters 
den häufig vorkommenden Abstürzen Vorbeugen. 
Besondere Vorsicht war bei Abräumarbeiten geboten. 
Wie die Vergangenheit gezeigt hatte, war dies ein Be 
reich, in dem es immer wieder zu schweren Unfällen 
durch Rutschungen, Stürze oder sich unvermittelt 
bewegendes Material gekommen war. Grössere 
Sprengungen, insbesondere das «Niederlegen ganzer 
Wände», mussten neu beim Ortsvorsteher vorgängig 
angemeldet werden. Die Betriebsordnung legte zudem 
fest, dass das billige, aber äusserst riskante so genannte 
«Unterschiessen» überhängender Gesteinspartien zu 
vermeiden sei. Ebenso sollte eine Beobachtungsfrist 
von 24 Stunden eingeführt werden, wenn nach einer 
erfolgten Sprengung eine Felswand nicht unmittelbar 
hei. Erst danach durfte die Wand beschritten und ge 
nauer untersucht werden. 
Weitere Regelungen betrafen die Kontrolle der ver 
wendeten Sprengmittel. Neu sollten Sprengstoffmengen 
ab drei Kilogramm nur noch in entsprechend gesicherten 
und dafür angelegten Magazinen aufbewahrt werden 
dürfen. Gesprengt wurde damals mit Schwarzpulver, 
später und seltener mit Dynamit, das eine ungleich 
höhere Sprengkraft entwickelte. Besonders vorsichtig 
galt es beim Umgang mit gefrorenen Sprengladungen 
zu sein. 1907 kam es beispielsweise zu einem schwe 
ren Arbeitsunfall, als sich eine Sprengladung frühzeitig 
entlud und zwei mit Sprengvorbereitungen beschäf 
tigte Arbeiter mehrere Meter weit gegen eine Fels 
wand schleuderte. Einer der Arbeiter wurde dabei von 
durch die Wucht der Explosion herumgeschleuderten 
Steinen getroffen und schwer verletzt. 
Da es noch keine eigentliche Ausbildung im Umgang 
mit Sprengstoffen gab, hielt die Betriebsordnung all 
gemein fest, dass zu den Sprengarbeiten nur solche 
Arbeiter verwendet werden sollten, welche zuverlässig 
und mit der Behandlung der Spreng- und Zündmittel 
vollkommen vertraut wären. Beim Laden müsste zu 
dem jeweils entweder ein Vorarbeiter oder Aufseher 
anwesend sein. Auch für die Durchführung von Spren 
gungen oder «Schüssen», wie man sie früher nannte, 
galten nun einfache, aber verbindliche Sicherheits 
massnahmen: 
«Die Zündschnur muss für jeden Schuss die nötige Länge 
und Brenndauer haben, damit sich die Arbeiter genügend 
weit entfernen und bergen können. Sämtliche Zugänge 
zum Orte, wo Schüsse abgetan werden sollen, sind zu 
bewachen und die üblichen Wamungssignale durch in 
Pausen von 3-5 Minuten vor dem Zünden dreimal zu 
wiederholende langgedehnte Rufe <Feuer> zu geben. Auf 
den ersten Ruf<Feuer> haben alle im Bruche Beschäftigten 
die gesicherten Unterstände aufzusuchen.» 
Abschliessend drängte Gewerbeinspektor Stipperger 
insbesondere darauf, dass alle Steinbrucharbeiter von 
den Unternehmern nicht nur bei einer Krankenver 
sicherung, sondern dringend bei einer Unfallversiche 
rung gemeldet werden müssten, was bislang nicht der 
Fall war. Teils hatten die Arbeiter ausschliesslich eine 
Krankenversicherung, teils erfolgte diese sogar auf eige 
ne Kosten und Tagelöhner verfügten bislang ohnehin 
über keinen Versicherungsschutz. Für alle Arbeitsun 
fälle mit Verletzten galt nun die Verpflichtung, unmit 
telbar einen Arzt beizuziehen. Auch war eine Meldung 
an die Gemeinde beziehungsweise von dieser wieder 
um eine Meldung an die Regierung zu erstatten. 1910 
wurde schliesslich eine neue Gewerbeordnung für das 
Fürstentum Liechtenstein erlassen. Darin war eine 
Versicherungspflicht für alle Arbeiter in Steinbrüchen 
vorgesehen. Als die Gewerbeordnung fünf Jahre später 
in einem wirtschaftlich schwierigen Umfeld revidiert 
und gelockert wurde, blieb dieser Passus enthalten und 
wurde gar auf die im Steinbruch häufig beschäftigten, 
meist ausländischen Tagelöhner ausgedehnt. 
Zu den Blütezeiten des Steinbruchs, als an die 40 Per 
sonen dort beschäftigt waren, ergab sich auch durch 
die riskanten Arbeitsbedingungen und die hohe Perso 
naldichte ein sehr hohes Unfallrisiko. Aus dem Jahr
	        

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