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Mosten in Balzers
Bei meinen Nachfragen, wie es denn damals gewesen sei,
als alle mit Grund und Boden auf Gedeih und Verderb
verwurzelt waren, erzählten mir die «Alten» immer von
der Arbeit auf dem Feld und mit den Tieren, vom Hol
zen und von jenen Menschen, die im Wald mehr geholt
haben als nur das Holz.
Einer der wichtigsten Abschnitte im Jahr war wohl das
«i Hierbschta», das Einbringen der Ernte im Herbst, bevor
der Winter das ganze Dorf in seine eisigen Arme nahm.
In dieser Jahreszeit, wenn das Vieh von den Alpen kam
und die Tage kürzer wurden, waren das «Moschta» und
«i Schlacha» wichtige Tätigkeiten: das Pressen von Äpfeln
und Birnen zu Süssmost oder Apfelwein und das Ein
maischen dieser Früchte sowie das spätere Brennen zu
Spirituosen. Für diesen Teil der Erntearbeiten und dessen
reibungslosen Ablauf soll sich vor allem der männliche
Teil der Dörfler verantwortlich gefühlt haben. So habe
manch einer bei einem nochmaligen Wintereinbruch im
Frühling, der die Blüten der Obstbäume abfrieren kann,
am Morgen das Fenster aufgerissen und gerufen: «So,
jätz isch es passiert! Es ischt g’moschtet.»
Aber auch der Föhn, der den Balznern ein in vielfacher
Hinsicht vorteilhaftes Klima verschafft, lässt den einen
oder anderen erfahrenen «Möschtier» im Herbst auf der
Zielgeraden stolpern und straucheln. Statt Säcke zu fül
len, machen diese dann halt eben nur die Faust im Sack.
Was heute ein Ärgernis ist, konnte zur damaligen Zeit
jedoch Hunger bedeuten, denn ein Grossteil der Obst
ernte wurde im Keller als Frischobst eingelagert, im
Ofen geteert, sterilisiert oder in Gläsern heiss abgefüllt
Oben: Mitglieder der Bürgergenossenschaft Balzers bei der
Obsternte am Hettabörgleweg im Gebiet Bim Selbergiessa.
Seite 32: Walter Brunhart, der Betreiber der Bahner Schloss
mosterei, auf Matiola.
und so haltbar gemacht. Diese Arbeiten waren Frauen
und Kindern zugeteilt.
Als ich bei einem alten Balzner nachfragte, wie viel Most
er denn im Keller habe, meinte er: «So um di 1 '000 Fiter
wören’s wool sii.» Ich wollte natürlich wissen, was er mit
so viel Most macht. «Jo halt o suufa, tänk.» Man erzählte
mir, dass es welche gab, die nicht mehr mit dem Fiter-
mass in den Keller zur Mostspindel gingen, sondern mit
dem Melkkübel. Und ein anderer hätte gar neben dem
Bett ein Gefäss mit einer Schöpfkelle parat gehabt, um in
der Nacht entsprechend zu hantieren.
«G’moschtet hät ma immer scho.» Das Mosten war ein
fixer Bestandteil des Dorflebens durch alle Jahrhun-