Volltext: Balzner Neujahrsblätter (2014) (2014)

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Mosten in Balzers 
Bei meinen Nachfragen, wie es denn damals gewesen sei, 
als alle mit Grund und Boden auf Gedeih und Verderb 
verwurzelt waren, erzählten mir die «Alten» immer von 
der Arbeit auf dem Feld und mit den Tieren, vom Hol 
zen und von jenen Menschen, die im Wald mehr geholt 
haben als nur das Holz. 
Einer der wichtigsten Abschnitte im Jahr war wohl das 
«i Hierbschta», das Einbringen der Ernte im Herbst, bevor 
der Winter das ganze Dorf in seine eisigen Arme nahm. 
In dieser Jahreszeit, wenn das Vieh von den Alpen kam 
und die Tage kürzer wurden, waren das «Moschta» und 
«i Schlacha» wichtige Tätigkeiten: das Pressen von Äpfeln 
und Birnen zu Süssmost oder Apfelwein und das Ein 
maischen dieser Früchte sowie das spätere Brennen zu 
Spirituosen. Für diesen Teil der Erntearbeiten und dessen 
reibungslosen Ablauf soll sich vor allem der männliche 
Teil der Dörfler verantwortlich gefühlt haben. So habe 
manch einer bei einem nochmaligen Wintereinbruch im 
Frühling, der die Blüten der Obstbäume abfrieren kann, 
am Morgen das Fenster aufgerissen und gerufen: «So, 
jätz isch es passiert! Es ischt g’moschtet.» 
Aber auch der Föhn, der den Balznern ein in vielfacher 
Hinsicht vorteilhaftes Klima verschafft, lässt den einen 
oder anderen erfahrenen «Möschtier» im Herbst auf der 
Zielgeraden stolpern und straucheln. Statt Säcke zu fül 
len, machen diese dann halt eben nur die Faust im Sack. 
Was heute ein Ärgernis ist, konnte zur damaligen Zeit 
jedoch Hunger bedeuten, denn ein Grossteil der Obst 
ernte wurde im Keller als Frischobst eingelagert, im 
Ofen geteert, sterilisiert oder in Gläsern heiss abgefüllt 
Oben: Mitglieder der Bürgergenossenschaft Balzers bei der 
Obsternte am Hettabörgleweg im Gebiet Bim Selbergiessa. 
Seite 32: Walter Brunhart, der Betreiber der Bahner Schloss 
mosterei, auf Matiola. 
und so haltbar gemacht. Diese Arbeiten waren Frauen 
und Kindern zugeteilt. 
Als ich bei einem alten Balzner nachfragte, wie viel Most 
er denn im Keller habe, meinte er: «So um di 1 '000 Fiter 
wören’s wool sii.» Ich wollte natürlich wissen, was er mit 
so viel Most macht. «Jo halt o suufa, tänk.» Man erzählte 
mir, dass es welche gab, die nicht mehr mit dem Fiter- 
mass in den Keller zur Mostspindel gingen, sondern mit 
dem Melkkübel. Und ein anderer hätte gar neben dem 
Bett ein Gefäss mit einer Schöpfkelle parat gehabt, um in 
der Nacht entsprechend zu hantieren. 
«G’moschtet hät ma immer scho.» Das Mosten war ein 
fixer Bestandteil des Dorflebens durch alle Jahrhun-
	        

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