Volltext: Balzner Neujahrsblätter (2014) (2014)

19 
toriker Martin Bundi rechnet damit, dass ein Joch bei 
uns 36 Aren entsprach. Der Hof Balzers hätte damit 
also etwa 36 Hektaren, der Hof Meilis 48 Hektaren 
Ackerland gehabt. Sicher hatten die Menschen in der 
Zeit eine ungefähre Vorstellung von der Grösse eines 
Jochs. Auffallend ist trotzdem, dass oft runde Zahlen 
[100] verwendet wurden, was ein Hinweis dafür ist, 
dass die Flächen nicht wirklich vermessen wurden. 
Unabhängig davon, wie genau solche Umrechnungen 
sind: Die beiden Höfe hatten eine beachtliche Grösse. 
Um sie bewirtschaften zu können, brauchte es etliche 
unfreie Bauern. 
Ähnliche Schwierigkeiten gibt es bei der Grössenan 
gabe «Fuder» (carrata). Auch hier werden Umrechnun 
gen nur mit grössten Vorbehalten gemacht. Ein Fuder 
entsprach der Idee nach einer Wagenladung. Die Wie 
sen vom Hof Palazoles erbrachten einen Ertrag von 
100 Fudern Heu, jene von Meilis lieferten 160 Fuder. 
Die Hube [auch Hufe] ist ein altes Flächenmass: Sie 
entsprach der Fläche, die ausreichte, um eine Familie 
ernähren zu können, beziehungsweise der Fläche, die 
eine Familie bewirtschaften konnte [bestehend aus 
Acker- und Wiesland, oft auch aus Wald]. Eine Um 
rechnung in Hektaren ist wieder nur mit vielen Unsi 
cherheitsfaktoren möglich. Die Umrechnungen in der 
Fiteratur schwanken zwischen 6 und 25 Hektaren. Die 
Huben in Balzers lagen wohl eher beim unteren Wert. 
Der Begriff Hube war nicht zuletzt auch eine fiskalische 
Grösse, nach der sich die Abgaben und Feistungen 
berechneten, die an den Inhaber des königlichen Hofs 
zu entrichten waren. Über die Rechtsstellung der ab 
hängigen Bauern erfahren wir aber aus diesem Text 
nichts Genaues. 
Festzuhalten ist, dass auf beiden Höfen in beträcht 
lichem Umfang Ackerbau und Viehzucht betrieben 
wurden. Man kann davon ausgehen, dass nicht nur 
Schweine, Schafe und Ziegen, sondern auch Rinder 
gezüchtet wurden. Darauf verweist die Erwähnung der 
Alpen, über die wir aber ansonsten nichts erfahren. 
Aus den Forschungsergebnissen der Mediävisten 4 
wissen wir, dass mit Alpen sowohl Tal- wie Bergalpen 
gemeint sein konnten. Es gibt ausreichend Hinweise, 
dass auch Alpen im Gebirge genutzt wurden. Dass 
die Siedlungs- und Nutzflächen im Frühmittelalter 
ausgedehnt wurden, ergibt sich zudem aus den Er 
gebnissen der Flurnamenforschung: Die Deutung der 
alträtoromanischen Flurnamen zeigt, dass Wälder ge 
rodet und Kulturflächen erweitert wurden. In diesem 
Zusammenhang muss auch erwähnt werden, dass das 
Dorf Balzers vermutlich nicht nur aus dem Königshof 
bestand, sondern dass es auch andere Bauern gab, die 
zwar den Zehnt an die Kirche entrichten mussten, 
aber vermutlich keine anderen Abgaben an den Kö 
nigshof zu leisten hatten. Doch darüber soll hier nicht 
spekuliert werden. 5 
Über den Weinbau lässt sich anhand dieser paar Zei 
len nicht viel sagen, ausser dass er - auch im Vergleich 
zu anderen im Reichsurbar erwähnten Orten - recht 
bedeutend gewesen sein muss. Eine Umrechnung in 
Fiter ist nicht möglich, da ein Fuder [als Hohlmass] je 
nach Region sehr unterschiedlich gross war. Man kann 
davon ausgehen, dass sich der Verfasser des Urbars vor 
allem deshalb für den Wein interessierte, weil damit 
Abgaben verbunden waren. 
Zu den beiden Höfen gehörten ferner Mühlen und je 
ein Wald. Die Erwähnung der Mühlen belegt, dass der 
Getreidebau [wohl vor allem Dinkel und Gerste] ver 
breitet war. Wo die beiden Mühlen in Balzers lagen, 
lässt sich nicht mehr feststellen. 
Die Wälder waren lebensnotwendig. Holz wurde für 
den Hausbau gebraucht, aber auch als Brennholz und 
zum Errichten von Zäunen. Ausserdem ermöglichten 
Buchen- und Eichenwälder die Schweinemast. Der 
Wert eines Waldes wurde im Reichsurbar auch danach 
beurteilt, wie viele Schweine zur Eichelmast in den 
Wald getrieben werden konnten. Beim Hof Palazoles 
heisst es, dass ein «guter» Wald dazugehörte, beim Hof 
Meilis wird die Zahl der Schweine [100] angegeben. 
Zum Königshof Meilis gehörten schliesslich noch - 
was selten war - ein Fischteich und eine Reuse zum 
Fischfang. Dies ist ein früher Beleg für Fischzucht in 
unserer Region. 
Beim Hof Palazoles werden zwei Kirchen erwähnt, 
bei Meilis keine. Die Erwähnung der Kirchen ist zu 
nächst einmal ein Beleg für die erfolgte Christianisie 
rung. Zwei Kirchen bei einem königlichen Hof sind im 
Reichsurbar eine Ausnahme, meistens war es eine oder 
keine. Die Archäologen vermuten, dass es sich bei der 
einen Kirche um die Kapelle auf Gutenberg gehandelt 
haben muss. Dort befand sich seit dem 8./9. Jahrhun 
dert auch ein Friedhof. Bei der zweiten Kirche handelt 
es sich mit Sicherheit nicht um die Kapelle St. Peter in 
Mäls, da diese nach den archäologischen Befunden erst 
um 1300 entstanden ist. Die zweite Kirche befand sich 
wahrscheinlich im alten Dorfteil von Balzers. Beide 
Kirchen waren Eigenkirchen, das heisst, sie gehörten
	        

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.