Volltext: Balzner Neujahrsblätter (2013) (2013)

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Standorten sehr wohl fühlen. Sie wurden 
vor rund hundert Jahren als Gartenpflanzen 
und zur «Bereicherung der Flora» einge 
führt: die Goldrute und der Sommerflieder. 
Beide ziehen während ihrer Blüte Insekten 
in Massen an. Die Kehrseite ist die beinahe 
ungehemmte Ausbreitung dieser zwei Arten. 
Wenn keine entsprechenden Eingriffe erfol 
gen, verdrängen sie an trockenen und nähr 
stoffarmen Standorten - wie beispielsweise 
am Rheindamm - andere Pflanzenarten. 
Von ihnen profitieren nur ein paar wenige, 
aber in grosser Anzahl vorkommende In 
sektenarten. Im Gegensatz dazu sind die 
seltenen Arten oft sehr spezialisiert und 
deshalb von bestimmten Pflanzen abhän 
gig. Eine mannigfaltige Flora zieht entspre 
chend viele unterschiedliche Insekten an. 
Der Rheindamm in Balzers oberhalb der 
Rheinbrücke ist botanisch eines der wert 
vollsten Gebiete unseres Landes. 
In einer intakten Magerwiese sieht man auf 
den ersten Blick eine Vielfalt an Blüten 
pflanzen und Schmetterlingen. Man hört 
das Zirpen der Grillen und Heuschrecken. 
Bei genauerem Hinschauen kann man mit 
etwas Glück zwischen den hohen Gras 
halmen einen sehr seltenen Jäger entdecken: 
die Dornhngerspinne. In Mitteleuropa gibt 
es rund zehn verschiedene Arten von Dorn- 
hngerspinnen, die mit blossem Auge nur 
schwer zu unterscheiden sind. Einen ihrer 
seltensten Vertreter, Cheiracanthium cam 
pestre, finden wir am Rheindamm in Balzers. 
Der Name Dornfmger klingt bedrohlich, hat 
aber nichts damit zu tun, dass sich ein Biss 
in den Finger wie ein Dorn anfühlt. Er be 
zieht sich auf Strukturen auf dem Kopu 
lationsorgan der Männchen und ist eine 
direkte Übersetzung des Gattungsnamens 
Cheiracanthium. Nichtsdestotrotz ist ein 
Biss der Dornfmgerspinnen sehr schmerz 
haft und kann mehrere Stunden spürbar 
sein. In Mitteleuropa gibt es lediglich zwei 
Spinnenarten, welche die menschliche Haut 
durchdringen können: die Wasserspinne 
und der Ammen-Dornfmger. Langfristige 
Folgen der Bisse sind bisher nicht bekannt. 
Wegen ihrer eher unscheinbaren Lebens 
weise sind Bisse von Dornfmgerspinnen 
äusserst selten und kommen fast nur vor, 
wenn Weibchen ihre Kokons verteidigen. 
Dornfmgerspinnen benötigen trockene bis Weibliche Dom 
leicht feuchte Gebiete mit hohem Gras, fingerspinne 
Ihre Verbreitung beschränkt sich vor allem (Cheiracanthium 
auf Mager- oder Trockenwiesen, die wenig punctorium). 
genutzt werden. In Liechtenstein bietet 
ihnen insbesondere der Rheindamm geeig 
nete Lebensräume. 
Auenwälder 
Liechtenstein war früher grossflächig mit 
Auenwäldern bewachsen. Mit der Absen 
kung des Grundwasserspiegels sind diese 
grösstenteils vertrocknet beziehungsweise 
infolge der Nutzung und Bebauung durch 
die Menschen verschwunden. Eines der 
letzten Überbleibsel finden wir in der Balz- 
ner Rheinau. Die aktuellen Feuchtigkeits 
verhältnisse haben nicht mehr viel mit dem 
ursprünglichen Auencharakter zu tun. Der 
Waldabschnitt ist aber weiterhin ein sehr 
artenreicher Lebensraum und geniesst des 
halb einen besonderen Schutz als Sonder 
waldfläche. 
Die meisten feuchtigkeitsliebenden Arten 
sind bereits aus der Rheinau verschwunden. 
In der Laub- und Nadelstreu entdecken wir 
dafür andere Arten, die auch in weniger 
feuchten Gebieten leben können. 
Zu den sehr speziellen Bewohnern der Balz- 
ner Rheinau gehört eine kleine Zwergspinne 
namens Entelecara acuminata. Zwergspin 
nen sind die artenreichste Spinnengruppe in 
unseren Breitengraden. Über die Lebens-
	        

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