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Von Spinnen und Landschaften
HOLGER FRICK
Balzers und seine Bewohner sind vielfäl
tig! Das ist wohl bekannt. Doch dass dies
nicht nur für seine zweibeinigen Bewohner
zutrifft, sondern auch für die Tiere, dürfte
weniger geläufig sein. Unsere südlichste Ge
meinde zeichnet sich durch eine hohe Viel
falt an Lebensräumen und Arten aus.
Vier dieser Lebensräume und jeweils eine
dort lebende Spinnenart sind Inhalt die
ses Beitrags. Er soll aufzeigen, was wir in
Balzers noch an Naturwerten vorfmden,
und gleichzeitig Anregung sein, diese län
gerfristig zu schützen. Zu diesen speziellen
Lebensräumen gehören die ausgedehnten
Wiesen «Wesa» und «Zepfel», die Mager
wiesen am Rheindamm, die Waldränder
der Balzner Allmein und die letzten Über
bleibsel des ursprünglichen Auenwaldes an
der Rheinau.
Unsere achtbeinigen Untermieter mögen für
manche nicht die sympathischsten Vertre
ter der lokalen Fauna sein. Durch ihre sehr
spezifischen Bedürfnisse, ihre unglaubliche
Artenvielfalt und die äusserst spannende
Lebensweise sind sie aber ausgezeichnete
Beispiele für die Mannigfaltigkeit des Le
bens. In Balzers gibt es seltene Verwandte
der Vogelspinnen, Einwanderer aus dem
Mittelmeerraum, eine Art, die sich als Insekt
tarnt, oder solche, die so klein sind, dass man
sie mit blossem Auge kaum sehen kann.
dünner als ein menschliches Haar und trotz
dem elastischer, härter und stabiler als je
des Material, das Menschen bisher herstei
len konnten.
Einen schlechten Ruf haben Spinnen ohne
eigentlichen Grund. Obwohl fast alle Arten
giftig sind, schaffen es nur ein paar wenige,
die menschliche Haut zu durchdringen. Falls
doch, ist der Biss meist weniger schlimm
als ein Wespenstich. Das trifft zumindest auf
alle in Mitteleuropa lebenden Arten zu. Im
Gegensatz dazu steht der Nutzen des Giftes.
Forscher arbeiten aktuell daran, aus dem
Gift Schmerzmittel und Antibiotika herzu
stellen. Einige Medikamente auf Spinnen
giftbasis werden bereits gegen unterschied
liche Erkrankungen eingesetzt.
Eine Welt ohne Spinnen
Diese Vorstellung mag für jeden Phobiker
paradiesisch klingen. Ohne sie sähe es bei
uns allerdings ziemlich ungemütlich aus.
Spinnen zählen zu jenen Tieren, die in der
Nahrungskette ganz oben stehen, ebenso
wie Wölfe oder Adler. Sie tragen dazu bei,
dass sich andere Arten nicht unkontrolliert
vermehren. So fressen zum Beispiel alleine
die Spinnen in Liechtenstein Tausende Ton
nen Insekten pro Jahr; umgerechnet er
gäbe dies eine 10 bis 20 cm dicke Schicht.
Keine schöne Vorstellung...
Die achtbeinigen Spinner
Spinnen lassen sich sehr leicht von Insek
ten unterscheiden: Sie haben acht Beine
(Insekten haben sechs) und produzieren -
mit ganz speziellen Drüsen an ihrem
Hinterleib - Seide. Mit dieser Seide können
sie Netze spinnen, um Beute zu fangen, Be
hausungen bauen oder sie als Sicherungs
seil einsetzen. Die Seide ist etwa zehnmal
Weltweit gibt es mehr als 45'000 beschrie
bene Arten von Spinnen, wovon über l'OOO
verschiedene in der Schweiz oder Öster
reich leben und rund 500 in Liechtenstein.
Dies entspricht etwa der zehnfachen Arten
vielfalt der Säugetiere oder der vierfachen
der Vögel.
Seite 54: Föhren
wald oberhalb der
Balzner Allmein.