Volltext: Balzner Neujahrsblätter (2013) (2013)

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Dabei kam es zu einem Problem: Nach 
Angaben von Gemeindevorsteher Heinrich 
Brunhart stand eine Grenztafel nicht an der 
richtigen Stelle, sondern zu weit nördlich. 
Er selbst habe sie vor mehreren Jahren um 
einige Meter in Richtung Balzers versetzt, 
sodass diese Tafel nicht mehr in gerader 
Linie zwischen den beiden Grenzsteinen 
beim St. Katrinabrunna und am Tschingel- 
kopf stehe. Der Landweibel kam deshalb 
zum Schluss: «Es ist also noch nicht fest 
gestellt, ob die Entwaffnung Meyrhofers 
durch die Brüder Wolfinger auf liechten 
steinischem oder schweizerischem Gebiet 
erfolgte; es handelt sich um eine Differenz 
von zirka 40 Metern.» Die Gebrüder Wolfin 
ger und auch der Ortsvorsteher seien aller 
dings der Meinung, die Entwaffnung habe 
auf Schweizer Territorium stattgefunden. 
Das Appellationsgericht lehnt 
die Einstellung des Verfahrens ab 
Am 20. Februar 1907 wurde Meyrhofer als 
Erster vom Landgericht einvernommen. 
Dieser anerkannte, dass der Streit auf 
Schweizer Territorium stattgefunden hatte. 
Er behauptete, die genaue Lage des Grenz 
zeichens am Tschingelkopf nicht gekannt 
zu haben und deshalb der Meinung gewe 
sen zu sein, auf liechtensteinischem Gebiet 
«amtzuhandeln». Umgekehrt hätten die 
Balzner die Grenze aber genau gekannt, 
«denn als ich den Heinrich Wolfinger ... 
gegen die österreichische Grenz zerrte, 
riefen alle sofort: Halt nicht mehr weiter, 
da kommt die Grenze.» Offenbar war dem 
Finanzer die Lust am Prozessieren bereits 
abhanden gekommen, denn er verzichtete 
ausdrücklich auf eine Anklage wegen Eh 
renbeleidigung, obwohl ihn die Mälsner 
als Dieb beschimpft hatten. Auch bestätigte 
er, dass die ihm abgenommenen Waffen 
bereits an die k.k. Finanzbezirksdirektion 
geschickt worden seien. 
Aufgrund dieser Aussage wollte Landrich 
ter Blum den Prozess einstellen: Gemäss § 5 
der Strafprozessnovelle von 1881 beantragte 
er noch am gleichen Tag beim fürstlich 
liechtensteinischen Appellationsgericht in 
Wien, das dafür zuständig war, die «Ablas- 
sung» (Einstellung) des Verfahrens. Dieses 
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Heinrich Brunhart 
war von 1897 bis 
1900 und von 1903 
bis 1912 Vorsteher 
in Balzers. 1898 bis 
1910 und 1914 bis 
1922 war er auch 
Landtagsabgeordne 
ter. Das Geburtsjahr 
auf dem Sterbe 
bildchen ist falsch, 
richtig wäre 1857. 
lehnte jedoch am 7. März die Einstellung 
ab, da keineswegs mit Sicherheit davon 
ausgegangen werden könne, dass kein straf 
barer Tatbestand vorliege. Für die Anwend 
barkeit von § 81 StGB sei nicht die Frage 
der Gesetzmässigkeit der Amtshandlung, 
sondern die formelle Berechtigung zu die 
ser Amtshandlung entscheidend. Die Frage, 
ob Amtspersonen, die sich nicht mehr auf 
liechtensteinischem Boden befänden, dieses 
Schutzes entkleidet seien, müsse geprüft 
werden. Das Landgericht müsse daher die 
Beschuldigten einvemehmen und die genaue 
Lage des Tatorts klären. 
Die Einvernahme der Beschuldigten 
Die Beschuldigten wurden auf den 22. März, 
halb neun Uhr, in die Amtskanzlei des 
Landgerichts vorgeladen. Diese Vorladung 
hat ihnen offensichtlich einen gehörigen 
Schrecken eingejagt. Jedenfalls suchten sie 
nun einen Anwalt, und zwar den besten,
	        

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