Volltext: Balzner Neujahrsblätter (2012) (2012)

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handen war, dieses von den Eigentümern 
aber nicht überbaut wurde. Damit wiesen 
wir praktisch keine Bautätigkeit auf. Die 
Gemeinde wünschte jedoch ein Wachstum 
und definierte dafür im Leitbild eine Ziel 
setzung von einem bis zwei Prozent pro 
Jahr. Aus rechtlichen Gründen konnte 
man allerdings niemanden zwingen, sein 
Grundstück zu überbauen. 
Mit der Ortsplanung wurden zwei Fliegen 
auf einen Streich geschlagen: Einerseits 
konnte Fläsch sicherstellen, dass die beste 
henden Freiflächen im Dorfkern nicht be 
baut werden, und andererseits wurde durch 
entsprechenden Realersatz am Dorfrand 
Bauland im Privateigentum geschaffen, 
welches auch auf den Markt kam. Ins 
gesamt wurden etwa 55 Parzellen im Zent 
rum mit den Eigentümern abgetauscht. 
Wir haben zwei Bauzonen geschaffen: eine 
für «baureifes Land» und eine für «zu erwar 
tendes Bauland». Das erlaubt eine etappen 
weise Erschliessung. Für die Eigentümer in 
der ersten Zone besteht eine Bebauungs 
pflicht innerhalb von zehn Jahren. Im spe 
ziellen Fall von Fläsch findet also die Ver 
dichtung am Rande des Dorfes statt und 
nicht wie allgemein üblich im Kern. 
Hans Brunhart: Im Ortsplanungsbereich 
gibt es viele Konzepte und Leitbilder. Was 
hat Fläsch anders gemacht und was war die 
Voraussetzung, dass der grosse Wurf gelun 
gen ist? 
Heinz-Urs Kunz: Ich denke, dass drei wesent 
liche Faktoren ausschlaggebend waren. Ers 
tens haben wir mit Studenten der HTW Chur 
am Anfang eine gründliche Auslegeordnung 
gemacht. An diesem Forschungsprojekt 
haben sich 120 Studenten beteiligt. Wir sind 
die Ortsplanung von der Architektur her 
angegangen und nicht von der Raumpla 
nung, wie das der Normalfall ist. Der archi 
tektonische Ansatz hat denn auch das ganze 
Konzept dominiert. Natürlich wurde ein 
Raumplaner beigezogen, aber eher für die 
formellen Abläufe. Ich halte diesen Ansatz 
der Planung für sehr massgebend. Zweitens 
kam uns zugute, dass Professor Wagner sich 
schon über viele Jahre mit Stadt- und 
Dorfentwicklung befasste, und zwar - wie 
erwähnt - aus architektonischer Sicht. 
Davon konnten wir stark profitieren. Er 
brachte gute Ideen ein, zeigte Lösungsmög- 
lichkeiten auf und hatte auch sofort das Auge 
für Fläsch. Der dritte wichtige Punkt war die 
Tatsache, dass die politische Gemeinde Bo 
den besass; ohne diesen wäre das Projekt 
nicht realisierbar gewesen. Dazu kam, dass 
die damaligen Mitglieder des Gemeinderates 
die Ortsplanrevision engagiert vorangetrie 
ben haben und im Dorf gut vernetzt waren. 
Sie haben einen wesentlichen Beitrag geleis 
tet, dass die Gemeindeabstimmung so posi 
tiv ausgefallen ist. 
Ein kompakter his 
torischer Dorfkem, 
sinnvoll ergänzt 
durch Um- und Neu 
bauten sowie durch 
die neuen Wohn 
gebiete am Ortsrand. 
Hans Brunhart: Welche Rolle spielt ein sol 
ches Projekt im Hinblick auf die Identität 
der Bevölkerung? Es bringt ja auch einen 
gewissen Zuzug. Wie definiert sich die Iden 
tität von Fläsch? Was macht ein Dorf aus? 
Heinz-Urs Kunz: Das Leitbild 2004 wurde - 
und das halte ich für grundlegend - zusam 
men mit den Einwohnerinnen und Einwoh 
nern unserer Gemeinde erstellt. Während 
des gesamten Projektverlaufs wurde trans 
parent informiert, um eine Meinungsbil 
dung zu ermöglichen. Dies war besonders 
am Anfang wichtig, als es galt, den Sinn des 
Leitbildes zu kommunizieren. Der Gemein 
derat hat schliesslich in einem zweitägigen 
Workshop mit zwanzig bis dreissig Frei 
willigen die einzelnen Themen aufgear 
beitet. Damit war die Grundlage für das
	        

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