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Oben: Brunnen im Winkel, Balzner Kalkstein, 1881, (um 1950).
Unten: Brunnen im Winkel, revidiert 2011 mit Balzner Kalkstein, (2011).
als Saisonarbeiter ins Ausland. In diese Zeit
fällt auch die sogenannte Schwabengänge
rei der Kinder, die sich von Frühjahr bis
Herbst in Süddeutschland gegen Verkösti
gung und Kleidung verdingten.
Im Herbst 1892 wurde die Gemeinde wie
der von einer grossen Typhus-Epidemie
heimgesucht. Auf Druck der Regierung
befasste sich der Gemeinderat Anfang 1893
nochmals mit dem Wasserversorgungs
projekt. Die Meinung des Gemeinderates
und der Mehrheit der Bevölkerung war
unverändert ablehnend. Die finanziell
schlechte Lage der Gemeinde, die Belastun
gen durch die Rheinbauten und zehn auf
einanderfolgende Missernten werden wohl
der Grund für die neuerliche Ablehnung
gewesen sein.
Im Sommer 1893 schliesslich bewilligte der
Landtag ein Darlehensgesuch in Höhe von
6‘500 Gulden und der Lürst spendete
lO'OOO Gulden für den Bau der Wasserlei
tung. Da nun die Linanzierung geregelt war,
wurde das Projekt in den Jahren 1894/95 im
Ortsteil Balzers realisiert, wobei nur die
Dorfbrunnen und die neu erstellten Hyd
ranten an das Wasserleitungsnetz ange
schlossen wurden. Im Jahr 1902 stellte der
Landesfürst 30‘000 Gulden unverzinslich
für zwanzig Jahre zur Verfügung, sodass
1902/03 der Bau der Wasserversorgung in
Mäls ausgefühlt und das Netz in den Lolge-
jahren in beiden Ortsteilen erweitert wer
den konnte.
Ab 1902 war es interessierten Wasserab
nehmern in der gesamten Gemeinde erst
mals gestattet, das «Wasser mittels Zulei
tung ins Haus zu nehmen».
Zu viele Dorfbrunnen
Sei es, dass die Bewohner von Balzers und
Mäls sich dieser Wohltat allzu sehr erfreuten,
sei es aus anderen Gründen, jedenfalls heisst
es 1911 in einem Schreiben der Fürstlichen
Regierung an die Gemeindevorstehung, «in
Balzers greife eine derartige Wasserver
schwendung Platz, dass eine regelmässige
Wasserversorgung der ganzen Ortschaft
nicht möglich sei... Dass in Balzers und Meis
zu viele Brunnen laufen, ist bekannt.» Es
wurde ein energischer Wasseraufseher gefor
dert. 1913 hat die Gemeinde die ersten
Wasserstatuten erlassen.
Waren es 1886 in Mäls noch drei Dorfbrun-
nen, so standen 1903 dort bereits zwölf
Laufbrunnen. 1913 wurden die Wasserzu
läufe bei den Brunnen gedrosselt. Auch
heute noch sind die Wasserbezüge auf drei
bis fünf Liter pro Minute begrenzt. 1913 hat
die Lürstliche Regierung sogar verfügt, dass
ein Teil der Brunnen abzubrechen sei - dies
nur dreissig Jahre nach der Aufforderung
für zusätzliche Dorfbrunnen.
Brunnenmeister
In früheren Zeiten gab es einen Brunnen
meister oder einen Brunnenrichter, der die