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keiten, viele Anlässe, einen Gemüsemarkt.
«Vor vierzig Jahren fanden ein oder zwei
Unterhaltungsabende im Jahr statt. Bei die
sen Gelegenheiten war der Gemeindesaal
dann so richtig <pumpvoll>, und es wurde
viel getanzt.»
Was hat sich noch geändert? «Die Mieten
waren damals erschwinglich. 220 Franken
habe ich für unsere erste Wohnung bezahlt.
Heute müsste ich wahrscheinlich fast den
halben Zahltag für die Miete hinblättern.
Auch prozentual zu meinem damaligen
Lohn war die Miete angemessen.»
Vor allem an seinem Arbeitsplatz ist Her
bert Fantina die Toleranz der Menschen po
sitiv aufgefallen. «Diese ist, Gott sei Dank,
bis heute geblieben.» Nur selten lamentiere
ein Balzner aggressiv über etwas. Es werde
nicht dauernd alles schlecht geredet. Das
mache ihm immer noch Eindruck.
«Tua wia d‘Lüt»
Herbert Fantina hat etwas Wesentliches
schon von seinem Vater gelernt. Dieser hat
ihm vermittelt, dass er sich überall auf der
Welt wohlfühlen könne, wenn er sich be
nehme «wia d’Lüt». Sonst könne er zu
Hause bleiben. Für Herbert war das nie
schwierig. Das hat er im Unterbewusstsein
gemacht. Und von seiner Mentalität her hat
es einfach gestimmt, in Balzers und mit den
Balznern. Dass er nach Balzers in eine
Familie gekommen ist, die eigentlich auch
keine Balzner waren, wurde ihm erst viel
später bewusst, denn auch diese lebte nach
ihrem Zuzug seinen Grundsatz.
Ausgebürgert
Eine schlechte Erfahrung bleibt dem Ehe
paar Marlis und Herbert Fantina in Erinne
rung: Marlis verlor durch die Heirat mit
ihm, einem Ausländer, die liechtensteini
sche Staatsbürgerschah. Erst später konnte
sie rückgebürgert werden. Durch die Heirat
war sie Österreicherin geworden. Die Unge
rechtigkeit der Situation wurde Marlis
eigentlich erst so richtig bewusst, als sie an
der Jungbürgerfeier - damals erlangte man
mit 21 Jahren die Volljährigkeit - nicht teil
nehmen konnte, während ausländische
Frauen, die einen Liechtensteiner geheira
tet und damit die Staatsbürgerschaft auto
matisch bekommen hatten, dabei waren.
Und sie, die sich als Liechtensteinerin fühlte
und hier aufgewachsen war, gehörte nicht
dazu!
Weil seine Frau noch nicht volljährig war,
als sie heirateten, brauchte sie die Einwilli
gung ihres Vaters. «Und wir sind immer
noch zusammen, haben es vielleicht noch
schöner als früher und dazu weniger Sor
gen.» Heute können sie sich einfach auf den
Besuch der Enkelkinder freuen.
Am Schluss des Gesprächs trifft Marlis ein.
Man gibt sich zur Begrüssung nicht die
Hand. Das war in Balzers schon früher
nicht üblich, und das ist so geblieben: im
Kreis der Familie und bei Personen, die
man gut kennt. Sie sagt einfach «hoi meta-
nand» - eben wie anno dazumal! Bei Fan-
tinas hat sich also doch nicht so viel geän
dert - ausser dass dank der neueren Gesetz
gebung heute alle Familienmitglieder
Liechtensteiner sein und bleiben können.