53
stand, die Kinder der Siedler zu unterrich
ten. Die Siedler arbeiteten beim Bau von
Kirchen mit und hatten so weitere Ver
dienstmöglichkeiten. In Dixie wurde eine
Kirche errichtet, die dem hl. Bonifaz geweiht
ist. Andreas Nutt war an deren Bau beteiligt.
Der Neubeginn
Andreas Nutt zog das ländliche Dixie den
städtischen Siedlungen vor, weil er Land
wirtschaft betreiben wollte. Dixie war eine
sehr kleine Siedlung mit etwa zehn Fami
lien in besagtem Arkansas River Valley,
rund 70 Kilometer nordwestlich von Little
Rock. Geschäfte konnten im circa 20 Kilo
meter entfernten Conway am anderen
Flussufer erledigt werden. Auch Conway
war eine Neugründung und erst im
Entstehen, aber immerhin lag es direkt an
der Bahnlinie und hatte ein Postbüro.
1885 erwarb der Balzner von der «Little
Rock and Fort Smith Company» 80 Acres,
das sind gut 32 Hektare Land, wofür er
320 Dollar bezahlte. Die Landpreise im
Arkansas River Valley variierten je nach
Lage. Für 4 Dollar pro Acre erstand er gutes
Agrarland, das wegen der Randlage - an
einem Bach ausserhalb der bestehenden
Siedlung Dixie und nicht am schiffbaren
Fluss Arkansas - günstig war. (Zum Ver
gleich: Eine Kuh kostete 12 Dollar.) 23 Die
neue Siedlung wurde mit der Zeit New Dixie
genannt. Die Familie Nutt-Kaufmann liess
sich so ziemlich am Ende der Welt nieder.
Die Eisenbahngesellschaft gab nicht nur
Land zu günstigen Preisen ab, sie offerierte
auch flexible Zahlungsbedingungen. Wenn
ein Siedler nicht in der Lage war, den vollen
Preis bar zu bezahlen, genügte eine Anzah
lung in Höhe eines Viertels des Kaufpreises;
die restlichen drei Viertel konnte er in drei
gleichen Raten innerhalb von sechs Jahren
begleichen. Selbstverständlich wurde dar
auf Zins erhoben.
32 Hektare an einem Stück müssen für
einen Balzner Bauern ein Geschenk des
Himmels gewesen sein. Aber dieses Ge
schenk musste hart erarbeitet werden: Zu
erst galt es, das Land zu roden, Haus und
Stall zu bauen sowie Tiere und Geräte zu
kaufen, um überhaupt anbauen und ernten
zu können. Auch diesbezüglich war die
Finanzierung kein Problem, denn die Hof von Joseph
Banken vergaben Kredite. 24 Andreas Nutt,
um 1950.
Die meisten Immigranten aus Deutschland
und der Schweiz betrieben Ackerbau, wie sie
es von zu Hause gewohnt waren. Neben Re
ben, Kartoffeln und Gemüse pflanzten sie
aber auch Baumwolle an, was lukrativer
war. Durch den Verkauf ihrer Produkte in
den benachbarten Städten war es ihnen
möglich, ihre Schulden relativ schnell abzu
bauen. Nach fünf oder sechs Jahren konnte
eine Immigrantenfamilie schuldenfrei sein. 25
Die Auswanderergeneration
Ob der Neustart für die Balzner Familie
auch so mustergültig verlief? Man hofft es,
muss aber realistischerweise Zweifel hegen.
Ein Mann, zwei Frauen und ein halbwüch
siger Bub (das Mädchen starb nach zwei
Jahren) waren wohl nicht das ideale Team,
um in kurzer Zeit Land zu roden. So dürfte
zu Beginn in erster Linie die Selbstversor
gung im Vordergrund gestanden haben.
Viel ist nicht überliefert von den ersten Jah
ren. Haus, Scheune und Stall waren aus
Holz gebaut, und nebenan gab es eine Räu
cherkammer, wie sie bis in die Siebziger
jahre des 20. Jahrhunderts in Balzers noch
üblich waren. Auf den Tisch kam also Ge
räuchertes. Leider bergen diese Räucher
kammern die Gefahr, Feuer zu fangen und
die umliegenden Gebäude in Mitleiden
schaft zu ziehen. So erging es der Familie
Nutt der Überlieferung nach in Dixie zwei
mal; allerdings ist nicht bekannt, in wel
chen Jahren.
VT . . . . . , ^ , 23 Wolfe, S. 358/359.
Naturkatastrophen, Krankheiten und Tod 24 £b enc j a
lauerten natürlich auch in Amerika. In den 25 Ebenda, s. 359-361.