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Austragen von Brötchen verdient und ge
spart hatte, für sechs Franken eine alte
Flöte erwarb und zusammen mit einigen
anderen Kindern einer der ersten Schüler
von Pater Baur war. Eine Stunde kostete
damals fünfzig Rappen. Pepi spielte zu
nächst Blockflöte, dann Altflöte und Klari
nette. Etwas später leitete Pater Baur im
Collegium Marianum ein Schulorchester
mit von ihm ausgebildeten Musikschülern;
diesem gehörte auch Pepi Frömmelt an. Als
der Musikunterricht mit der Gründung der
Liechtensteinischen Musikschule professio
nalisiert werden sollte, organisierte Pepi
Frömmelt über die Schweizerische Arbeits
gemeinschah für Jugendmusik und Musik
erziehung (SAJM) Kurse unter der Leitung
der Fachleute Walter Giannini, Oswald Zur
buchen und Rudolf Schoch, worauf Pater
Emil Baur in Zürich die Prüfungen für
Blockflöten- und Klavierunterricht ablegte
und das Diplom erwarb.
Pater Baur hatte auch enge Beziehungen
zur Pfarrgemeinde Azmoos. In den frühe
ren Jahren leitete er dort den Kirchenchor.
Später versah er jeden Sonntag den Dienst
des Organisten, Vorsängers und Vorbeters -
ein Dienst, der ihm am Herzen lag und der
ihm Freude bereitete. In Azmoos ergaben
sich aus seiner langjährigen Tätigkeit eben
falls verschiedene freundschaftliche Bezie
hungen, wie etwa mit Paula und August
Kaiser-Kaufmann, die bis 1958 in Trübbach
wohnten und dann nach Azmoos zogen. Sie
waren Mitglieder des Kirchenchores. Ihre
Söhne Werner, Ernst und Karl erhielten
Musikunterricht bei Pater Baur und wirk
ten später bei Orchestermessen mit. Wer
ner und Ernst spielten Geige, Karl Klavier.
Werner, der später selber an der Unteren
Waid Musikunterricht erteilte, nahm unge
fähr ab 1945 Stunden bei Pater Baur; seine
Brüder folgten jeweils ab der Primarschule.
Karl Kaiser erinnert sich, dass er bereits
mit zwölf oder dreizehn Jahren bei
Orchestermessen in der Kirche Azmoos auf
dem Harmonium spielen durfte und ihm so
von Pater Baur eine grosse Verantwortung
übertragen wurde, da er auf den Chor und
alle Instrumente achten musste. Paula
Kaiser-Kaufmann war eine Schulfreundin
meiner Mutter. Auch auf diese Freund
schah mag unsere fast familiäre Beziehung
zu Pater Baur zurückgehen.
Eng war Pater Baur zeitlebens mit seinen
sieben Geschwistern verbunden. Als Ältes
ter einer Familie, die früh den Vater verlor,
war er ihnen wohl besonders zugetan. Er
war in seinen Ferien oft bei ihnen und
besuchte sie immer, wenn sich Gelegenheit
dazu bot.
Im Sommer 1957 durften mein Bruder Wal
ter und ich mit Pater Baur ein paar Ferien
tage bei seiner Schwester in Escholzmatt
(LU) verbringen. Dies war zu jener Zeit
etwas ganz Besonderes, da man sonst in
den Schulferien auf dem Feld und mit dem
Viehhüten beschäftigt war. Von Trübbach
aus fuhren wir mit dem Zug nach Einsie
deln, wo wir bei Verwandten von Pater
Baur ein Mittagessen bekamen. Ich weiss
noch, dass für etwa fünf Personen neben
einem Fleischgericht eine Schüssel mit un
gefähr sechs winzigen ganzen Bratkartof
feln auf dem Tisch stand - ein Schreck,
da wir zu Hause solche frühen kleinen
Kartoffeln liebten und jeweils eine Vielzahl
davon assen, meist mit etwas Gemüse und
Salat. Die Fahrt ging dann weiter nach
Escholzmatt zur Gastfamilie, bei der wir
sehr schöne Tage verbrachten. Das Haus
lag an einem Bach, welcher Tag und Nacht
vor sich hinplätscherte. Ich hütete die teil
weise noch kleinen Kinder. Eines Tages fuh
ren wir mit dem Fahrrad nach Romoos, ein
hochgelegenes Dorf. Endlich oben ange
kommen (meist zu Fuss, da wir das Rad
stossen mussten), bekam ich in einem Res
taurant ein Glas Weissenburger Mineral
wasser mit Himbeergeschmack - ein Ge
tränk, das ich bis dahin noch nie gekostet
hatte und nie mehr vergass. Ich bettelte so
gar um ein zweites Glas. Auf dem Heim
weg, der steil abwärts führte, bemerkte ich,
dass bei meinem Fahrrad die Bremsen
überhaupt nicht griffen. Irgendwann fuhr
ich nach rasanter Fahrt seitwärts gegen
einen Hügel, sodass ich endlich anhalten
konnte. Pater Baur lud mich für den Rest
des Heimwegs auf sein Fahrrad. Sein
Schwager holte das defekte Rad am Abend
ab und transportierte es nach Hause. Das
Erlebnis beschrieb ich später in einem
Aufsatz.
Pater Baur war ein bescheidener Mensch.
Nicht nur vermied er es, im Rampenlicht zu
stehen, er war auch anspruchslos in seiner