Volltext: Balzner Neujahrsblätter (2011) (2011)

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Austragen von Brötchen verdient und ge 
spart hatte, für sechs Franken eine alte 
Flöte erwarb und zusammen mit einigen 
anderen Kindern einer der ersten Schüler 
von Pater Baur war. Eine Stunde kostete 
damals fünfzig Rappen. Pepi spielte zu 
nächst Blockflöte, dann Altflöte und Klari 
nette. Etwas später leitete Pater Baur im 
Collegium Marianum ein Schulorchester 
mit von ihm ausgebildeten Musikschülern; 
diesem gehörte auch Pepi Frömmelt an. Als 
der Musikunterricht mit der Gründung der 
Liechtensteinischen Musikschule professio 
nalisiert werden sollte, organisierte Pepi 
Frömmelt über die Schweizerische Arbeits 
gemeinschah für Jugendmusik und Musik 
erziehung (SAJM) Kurse unter der Leitung 
der Fachleute Walter Giannini, Oswald Zur 
buchen und Rudolf Schoch, worauf Pater 
Emil Baur in Zürich die Prüfungen für 
Blockflöten- und Klavierunterricht ablegte 
und das Diplom erwarb. 
Pater Baur hatte auch enge Beziehungen 
zur Pfarrgemeinde Azmoos. In den frühe 
ren Jahren leitete er dort den Kirchenchor. 
Später versah er jeden Sonntag den Dienst 
des Organisten, Vorsängers und Vorbeters - 
ein Dienst, der ihm am Herzen lag und der 
ihm Freude bereitete. In Azmoos ergaben 
sich aus seiner langjährigen Tätigkeit eben 
falls verschiedene freundschaftliche Bezie 
hungen, wie etwa mit Paula und August 
Kaiser-Kaufmann, die bis 1958 in Trübbach 
wohnten und dann nach Azmoos zogen. Sie 
waren Mitglieder des Kirchenchores. Ihre 
Söhne Werner, Ernst und Karl erhielten 
Musikunterricht bei Pater Baur und wirk 
ten später bei Orchestermessen mit. Wer 
ner und Ernst spielten Geige, Karl Klavier. 
Werner, der später selber an der Unteren 
Waid Musikunterricht erteilte, nahm unge 
fähr ab 1945 Stunden bei Pater Baur; seine 
Brüder folgten jeweils ab der Primarschule. 
Karl Kaiser erinnert sich, dass er bereits 
mit zwölf oder dreizehn Jahren bei 
Orchestermessen in der Kirche Azmoos auf 
dem Harmonium spielen durfte und ihm so 
von Pater Baur eine grosse Verantwortung 
übertragen wurde, da er auf den Chor und 
alle Instrumente achten musste. Paula 
Kaiser-Kaufmann war eine Schulfreundin 
meiner Mutter. Auch auf diese Freund 
schah mag unsere fast familiäre Beziehung 
zu Pater Baur zurückgehen. 
Eng war Pater Baur zeitlebens mit seinen 
sieben Geschwistern verbunden. Als Ältes 
ter einer Familie, die früh den Vater verlor, 
war er ihnen wohl besonders zugetan. Er 
war in seinen Ferien oft bei ihnen und 
besuchte sie immer, wenn sich Gelegenheit 
dazu bot. 
Im Sommer 1957 durften mein Bruder Wal 
ter und ich mit Pater Baur ein paar Ferien 
tage bei seiner Schwester in Escholzmatt 
(LU) verbringen. Dies war zu jener Zeit 
etwas ganz Besonderes, da man sonst in 
den Schulferien auf dem Feld und mit dem 
Viehhüten beschäftigt war. Von Trübbach 
aus fuhren wir mit dem Zug nach Einsie 
deln, wo wir bei Verwandten von Pater 
Baur ein Mittagessen bekamen. Ich weiss 
noch, dass für etwa fünf Personen neben 
einem Fleischgericht eine Schüssel mit un 
gefähr sechs winzigen ganzen Bratkartof 
feln auf dem Tisch stand - ein Schreck, 
da wir zu Hause solche frühen kleinen 
Kartoffeln liebten und jeweils eine Vielzahl 
davon assen, meist mit etwas Gemüse und 
Salat. Die Fahrt ging dann weiter nach 
Escholzmatt zur Gastfamilie, bei der wir 
sehr schöne Tage verbrachten. Das Haus 
lag an einem Bach, welcher Tag und Nacht 
vor sich hinplätscherte. Ich hütete die teil 
weise noch kleinen Kinder. Eines Tages fuh 
ren wir mit dem Fahrrad nach Romoos, ein 
hochgelegenes Dorf. Endlich oben ange 
kommen (meist zu Fuss, da wir das Rad 
stossen mussten), bekam ich in einem Res 
taurant ein Glas Weissenburger Mineral 
wasser mit Himbeergeschmack - ein Ge 
tränk, das ich bis dahin noch nie gekostet 
hatte und nie mehr vergass. Ich bettelte so 
gar um ein zweites Glas. Auf dem Heim 
weg, der steil abwärts führte, bemerkte ich, 
dass bei meinem Fahrrad die Bremsen 
überhaupt nicht griffen. Irgendwann fuhr 
ich nach rasanter Fahrt seitwärts gegen 
einen Hügel, sodass ich endlich anhalten 
konnte. Pater Baur lud mich für den Rest 
des Heimwegs auf sein Fahrrad. Sein 
Schwager holte das defekte Rad am Abend 
ab und transportierte es nach Hause. Das 
Erlebnis beschrieb ich später in einem 
Aufsatz. 
Pater Baur war ein bescheidener Mensch. 
Nicht nur vermied er es, im Rampenlicht zu 
stehen, er war auch anspruchslos in seiner
	        

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