Volltext: Balzner Neujahrsblätter (2011) (2011)

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Blockflöte über Klavier, Violine, Gitarre bis 
zur Posaune - alles lehrte, was gewünscht 
wurde. Er kann während der folgenden zehn 
Jahre als Brückenbauer und Wegbereiter be 
trachtet werden, da immer mehr Kinder und 
Erwachsene im Land Musikunterricht neh 
men wollten, was schliesslich 1963 zur 
Gründung der Liechtensteinischen Musik 
schule führte. 
Pater Baur war nicht redegewandt. So sehr 
er das Gespräch im Freundeskreis liebte, 
öffentliches Auftreten und Reden waren ihm 
nicht gegeben. Sein Wirken als Priester blieb 
deshalb immer auf den Umkreis von Altar 
und Beichtstuhl beschränkt. Als Kinder freu 
ten wir uns, wenn er in der Pfarrkirche die 
Sonntagsmesse las, da dann die Predigt aus 
fiel. Die Tätigkeit, die ihm Freude und Er 
füllung brachte, fand Pater Baur auf dem 
Gebiet der Musik. Er selbst spielte mehrere 
Instrumente mit beachtlichem Können, vor 
allem aber besass er eine grosse Begabung, 
Kinder in die Geheimnisse der Instrumental 
musik einzuführen. Sein Einfühlungsvermö 
gen und seine unermüdliche Hingabe mach 
ten ihn bald zu einem gesuchten Musiklehrer 
für die Kleinen und Kleinsten. Mit diesen 
hielt er äusserst gewissenhaft die Übungs 
stunden ab, spielte mit ihnen im Fami 
lienkreis und verschaffte ihnen Gelegenheit, 
in Schülerkonzerten ihr Können zu zeigen. 
Durch die Kinder wurde Pater Baur in den 
Familien heimisch. Man kannte ihn landauf 
und landab, vor allem natürlich in Balzers. 
Ungefähr im Jahr 1952 begann ich mit 
dem Flötenunterricht bei Pater Baur. Das 
Übungszimmer im Missionshaus Gutenberg 
befand sich nach dem Haupteingang auf der 
linken Seite, vermutlich da, wo heute die 
Waschmaschinen untergebracht sind. Neben 
der Tür stand ein Ofen, welchen Pater Baur 
im Winter kräftig einheizte, damit wir unsere 
Finger auf den Instrumenten bewegen konn 
ten. Bei warmem und schönem Wetter kam 
es vor, dass die Proben in kleineren Gruppen 
auf dem «Känzele», links neben dem kleine 
ren Gebäude (heutiges Provinzialat), statt 
fanden. Meine Mutter wusste an solchen 
Tagen immer, was und wie gut wir gespielt 
hatten, da die Melodien bis in die Rhein 
strasse getragen wurden. Dies waren sehr 
schöne Proben. Manchmal war Pater Baur 
noch beim Breviergebet, wenn es Zeit für 
den Unterricht war. Er musste dann im klei 
neren Gebäude gesucht werden, und ich 
hatte das Gefühl, ihn zu stören. 
Damals spielten auch die Schwestern Vreni 
und Mona Kesseli sowie Karl Kaiser aus 
Trübbach Flöte und Klavier. Später kamen 
Erich Kaufmann und mein Bruder Arthur 
sowie weitere Kinder dazu. Nach einiger 
Zeit Flötenunterricht wechselten wir auf An 
raten von Pater Baur das Instrument. Vreni 
spielte Altflöte, Mona Violine. Pater Baur 
besorgte mir vorerst eine winzige Geige, 
später eine 3/4-Geige, dann eine «ganze». 
Ich durfte mit zu einem Geigenbauer nach 
St. Gallen, wo das Instrument ausgesucht 
wurde. Bis zum Besuch der Realschule 
nahm ich Unterricht bei Pater Baur, dann 
wechselte ich für ein Jahr zu Severin Blen 
der, bei welchem wir in der Realschule 
Vaduz Singen hatten. 
Pater Baur traute uns jungen Musikschülern 
viel zu. Anlässlich der Hochzeit meiner Cou 
sine Gertrud Foser mit Lorenz Kaufmann 
im September 1956 warteten wir mit einer 
Überraschung auf. Mein Bruder Walter 
spielte Handorgel, mein Bruder Arthur 
Blockflöte und ich Geige. Da Gertrud meine 
Firmgotta und Lorenz Walters Firmgötte 
war, durften wir beide am Vormittag zur 
Hochzeitsmesse in die Kirche und anschlies 
send sogar ins Gasthaus Engel zum Mit 
tagessen. Der Saal im «Engel» war bis auf 
den letzten Platz besetzt, getischt war 
u-förmig. Walter und ich sassen neben unse 
rer Mutter in der Nähe der Tür. Vor dem 
Dessert gingen wir heimlich hinaus, hinter 
die alte Metzgerei. Dort war inzwischen der 
neunjährige Arthur eingetroffen, der die 
Handharmonika und die Geige auf dem 
Handwägelchen von der Finne zum «Engel» 
transportieren musste. Ich glaube, auf der 
Strecke (Unterm Schloss) kippte dieses 
sogar einmal um, weil die Räder in Schief 
lage gerieten. Hinter der Metzgerei Brunhart 
machten wir uns parat und marschierten 
hintereinander, zuvorderst Arthur mit der 
Flöte, dann ich mit der Geige und schliess 
lich Walter mit der Handharmonika, durch 
den Gang in den Saal bis zum Brautpaar, 
wobei wir bereits bei der Haustür zu spielen 
anfingen - alles auswendig. Pater Baur hatte 
uns das Spielen und gleichzeitig auch das 
Marschieren beigebracht. Wir gaben «Uf dr
	        

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