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Kurz vor Allerheiligen, nach den ersten
Frostnächten, ragten die Maisstengel gelb
und dürr in den Äckern. Die Türkenkolben
mit ihren harten, goldgelben Körnern wur
den von den Stengeln getrennt und in wei
ten Säcken gesammelt. Diese wurden in
einer Reihe, einer neben dem anderen, an
den Feldrand gestellt, wo sie der Fuhrmann
abholte.
Das «Uusschelfera» und Aufhängen der zu
sammengebundenen Kolben auf dem Est
rich dauerte vielfach die halbe Nacht. An
schliessend wurde das Türkenstroh mit der
Sichel abgeschnitten, gebündelt und in
«Kelchen» zum Trocknen aufgestellt.
Winter
Auch im Winter ging den Fuhrleuten die
Arbeit nicht aus. Es heulten im November
zwar noch keine Motorsägen im Wald, aber
schon damals fielen die mit der Flandsäge
gefällten Buchen und Tannen krachend auf
den gefrorenen Boden. Bald reihten sich
zwischen Reisighaufen die Baumstämme.
Der Fuhrmann sortierte Ketten und
«Gönta», «Zabbi» und Axt und begab sich
mit seinen Pferden in den Wald. Die
«Gönta» drangen singend in die Holzstäm-
me, die dann mit einer Kette zusammenge
bunden wurden. Das Pferd löste mit einem
kräftigen Ruck die angefrorenen Stämme
und schleifte sie in gleichmässigem Trott
im schmalen «Riss» zwischen den Bäumen
zur Strasse. Wenn Schnee lag, wurden die
Stämme für die Fahrt ins Tal mit dem
«Zabbi» auf den «Schneehaas» gerückt.
Der Fuhrwerker besorgte auch den Trans
port der Brennholzstämme. Dafür spannte
er die Pferde vor den schweren, eisenbereif
ten Wagen. Im Wald angekommen, hielt er
neben dem Holzhaufen an, warf eine Decke
über die dampfenden Pferderücken und
begann mit dem Aufladen des Holzes. Er
kannte jeden Kniff, um die zentnerschwe
ren Brocken auf den Wagen zu heben. Mit
einer starken Kette und einer Eisenwinde
wurde das Fuder zusammengezurrt. Jetzt
waren der Fuhrmann und seine Helfer ins
Schwitzen geraten. Er nahm die Decken
von den Pferden, kontrollierte Bremsen
Mehrere «Gönta», kleine Eisenkeile mit einem Ring. Der «Gonta» wurde
in den gefällten Baumstamm geschlagen und ein Seil oder eine Kette
durch den Ring gezogen. Der Baumstamm konnte so durch Menschen
oder Tierkraft fortgeschleppt werden. Bei den beiden äusseren «Gönta»
handelt es sich um «Tröllgönta». Diese wurden vor allem in unwegsa
mem Gelände verwendet, wenn die Gefahr des Abrollens von Baum
stämmen bestand und das Zugtier dann mitgerissen worden wäre. Mit
Hilfe des drehbaren «Tröllgönta» wurde das Mitdrehen der Zugeinrich
tung zwischen Tier und Stamm verhindert. Die hier abgebildeten
«Gönta» stammen aus der Balzner Kulturgütersammlung.
und Gefährt und gab mit einem leisen
«Hü!» das Zeichen zur Heimfahrt.
Neben der Holzarbeit rief den Fuhrmann
die Sorge um Rüfen und Rhein. Wer heute
am Rhein spazieren geht und die riesigen
Wuhrsteine betrachtet, ahnt kaum, mit wel
chen Mühen deren Transport verbunden
war. Im Steinbruch wurden die schweren
Wuhrsteine mit primitiven Werkzeugen auf
den Reifenwagen gehoben. Wochenlang
dauerten die Fahrten mit den Steinen auf
den gekiesten Wegen. Für Pferde und
Fuhrmann bedeutete diese Tätigkeit ein
eintöniges, kräftezehrendes Ausharren bei
Wind und Wetter.
Den Fuhrleuten wurde auch das Entleeren
der Kiessammler am Rand der Rüfen über
tragen. Kies und Geröll wurden meist
in Akkordarbeit auf die quadratförmigen