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«Mit rauher Hand ins Herz gegriffen»
Pfarrer Leonhard Hollweck und die Ausmalung
der Pfarrkirche von Balzers 1932-1935
Cornelia Herrmann
Pfarrer Leonhard
Hollweck als Kaplan
in Mauren. Foto
grafie um 1911/13.
1 Cornelia Herrmann:
Die Kunstdenkmäler
des Fürstentums
Liechtenstein. Das
Oberland. Bd. II.,
Bern 2007.
2 Erste Auswertungen
einiger schriftlicher
Quellen aus den Archi
ven von Balzers stam
men aus den Jahren
1982 und 1987:
- Franz Büchel: Die
Geschichte der Pfar
rei Balzers. Balzers
1982, bes. S. 79-83.
(Büchel 1982).
- Emanuel Vogt und
Othmar Kähli:
75 Jahre Fürst
Johann-Jubiläums
kirche. Pfarrkirche
St. Nikolaus Balzers
1912-1987. Schaan
1987, bes. S. 42-53.
(Vogt/Kähli 1987).
3 PfAB 9b, Schreiben
von Otto Hämmerle
an Pfarrer Hollweck,
München, 28. Februar
1934.
4 PfAB 9b, Schreiben
des Domscholastikus
Basilius Vogt an sei
nen Neffen und Ge
meindevorsteher Basil
Vogt, Chur, 30. August
1931.
5 PfAB 9b, Schreiben
der Gemeindevorste
hung Balzers an
Bischof Dr. Georgius
Schmid in Chur, Bal
zers, 30. Juni 1931.
6 Wie Anm. 4.
Keine Fakten ohne Menschen
Der im Oktober 2007 erschienene Band
«Kunstdenkmäler des Fürstentums Liech
tenstein. Das Oberland» 1 beinhaltet Daten,
Fakten und Beschreibungen von Bauten
und Kunstobjekten in der Gemeinde Bal
zers. Doch es gibt keine Fakten ohne
Menschen. Menschen entwickeln Ideen,
treiben Arbeiten voran und vollenden
Projekte, denen sowohl Erfolg als auch
Misserfolg beschieden sein kann. Kunst
braucht Auftraggeber, die kompetent und
mutig sind, die mit schwierigen Auftrag
nehmern umzugehen wissen, die auf Eitel
keiten von Künstlern und fixe Ideen reagie
ren können. Ein guter Auftraggeber muss
wissen, wo seine Fähigkeiten aufhören und
wo Fachkompetenz hinzugezogen werden
muss. Die Reibungsflächen zwischen Auf
traggeber und Künstler haben eine lange
Tradition. Für diese Hintergründe bleibt in
einem Sachbuch jedoch nur wenig Raum.
Umfangreiches Aktenmaterial im Pfarr-
archiv und einige Dokumente im Gemein
dearchiv von Balzers 2 , weitere im Pfarr-
archiv von Mauren ermöglichen die Rekon
struktion des eindrücklichen Bildes eines
engagierten, kritischen und den Disput
nicht meidenden Gottesmannes, der sich
nicht scheute, einem Künstler «mit rauher
Hand ins Herz» zu greifen. 3 Die Rede ist von
Leonhard Hollweck, der 1931 als Pfarrer in
Balzers installiert wurde. Sein Vorgänger,
Pfarrer Peter Schmid, hatte in Zeiten gros
ser finanzieller Schwierigkeiten den Bau
einer neuen Pfarrkirche in Angriff genom
men. In den Jahren 1909 bis 1912 entstand
nach Plänen des fürstlichen Architekten
Gustav Ritter von Neumann aus Wien die
Fürst-Johannes-Jubiläumskirche, die am
12. November 1912 dem hl. Nikolaus ge
weiht wurde. Im Innern allerdings war das
Gotteshaus 1931 beim Amtsantritt von
Pfarrer Hollweck noch unvollendet.
Der Churer Domscholastikus Basilius Vogt
aus Balzers beschrieb Leonhard Hollweck
1931 als tüchtigen Prediger und Sänger, als
«Freund der Kinder & der Kranken & des
Beichtstuhles - eine Frohnatur, ... klug &
versöhnlich, der auch ein Wort mit sich
reden lässt.» 4 Basilius Vogt betonte, dass
Hollweck keine leere Kirche sehen könne,
es dränge ihn förmlich zur Ausstattung.
Lediglich das zu hohe Alter des von Bischof
Georgius Schmid von Grüneck vorgeschla
genen 53-jährigen Kandidaten minderte die
Vorfreude der Balzner. Man erhoffte sich
eher einen Pfarrer, «der mit Energie und
Liebe die etwas verwahrloste Jugend lenken
kann.» 5 Ein Pfarrer ohne Fehl und Tadel sei
noch nicht geboren und «allen kanns selbst
der Herrgott nicht recht machen», lautete
das diplomatische Resümee von Basilius
Vogt. 6 190 von 212 anwesenden
stimmberechtigten Bürgern wählten
schliesslich am 1. September 1931
Leonhard Hohweck zum Pfarrer von
Balzers.