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Ab Mitte des 19. Jahrhunderts wurde die
«Überbevölkerung» zunehmend als Bedro
hung beziehungsweise als Ursache für die
Armut empfunden. Über 10 Prozent der
Balzner Bevölkerung sahen schliesslich in
der dauernden Auswanderung die einzige
Möglichkeit, ihr Leben zu verbessern. Die
Gemeinde ging Anfang der 1880er-Jahre
dazu über, Auswanderungen finanziell zu
fördern.
Bevölkerungsentwicklung
von 1729 bis 1800
t— t— t— t— t— t— t— t— t— t— t— t— t— t— oo
— Einwohnerinnen von Balzers
(Rückrechnung)
Rekonstruktion der Einwohnerzahlen
aufgrund der Pfarrbücher
Im folgenden Abschnitt wird nun mittels
der gleichen Methode die Einwohnerzahl
rückwärts errechnet, soweit dies die Pfarr
bücher erlauben. Das älteste erhaltene
Balzner Pfarrbuch enthält die Taufen ab
1717 sowie die Todesfälle und Ehen ab
1729. Anhand der darin verzeichneten Ge
burten und Todesfälle lässt sich auf der Ba
sis der Einwohnerzahl von 1809 (die aus
den oben erwähnten Gründen als
zuverlässiger Fixpunkt betrachtet wird) die
natürliche Bevölkerungsentwicklung bis
ins Jahr 1729 zurück errechnen. Auch wenn
die Sorgfalt der Pfarrherren nicht über alle
Zweifel erhaben ist, gilt diese Methode
doch als relativ zuverlässig. Die Fehlermarge
liegt bei wenigen Prozentpunkten. In einer
rein katholischen Gemeinde wie Balzers
kann davon ausgegangen werden, dass die
Zahlen der Taufen beziehungsweise Sterbe
fälle die gesamte Bevölkerung berücksich
tigten und nicht nur einen Teil. Die Tabelle
(im Anhang) und die folgende Grafik zeigen
die Bevölkerungsentwicklung von 1729 bis
1800, basierend auf den in den Pfarrbü-
chern enthaltenden Angaben.
Zunächst Bevölkerungsrückgang,
ab 1772 starkes Wachstum
Die Auswertung der Zahlen im ältesten
Pfarrbuch bringt ein überraschendes Er
gebnis: Balzers hatte um 1800 nicht mehr
Einwohner als im Jahr 1729. Bei genauerem
Hinsehen sind drei Phasen erkennbar, die
sich merklich voneinander unterscheiden:
Zunächst nahm die Einwohnerzahl bis 1772
mehr oder weniger kontinuierlich ab (insge
samt um 25%). Ab 1773 setzte ein starkes
Wachstum ein (knapp 40%), sodass 1795 die
700er-Grenze fast erreicht wurde. Die schwere
Epidemie von 1796 führte dann aber zu
einem deutlichen Bevölkerungsrückgang. In
den folgenden zehn Jahren blieb die Einwoh-
— Todesfälle in absoluten Zahlen
Sterberate (pro 1'000 Einwohner)
Die Sterberate zeigte im 18. Jahrhundert ins
gesamt noch keinen klar erkennbaren Trend