46
Engagement im Verein und Erkennung
neuer Trends
«Was Balzers vielleicht von anderen Ge
meinden unterscheidet», so Josef Gstach,
«ist der Einsatz seiner Bewohner in Verei
nen - früher vielleicht noch mehr als heute.
Damit ist den Vereinen auch eine grössere
Bedeutung zugekommen.»
Vor allem in den Gesangvereinen sei die ge
sellschaftliche Aufgabe unübersehbar, denn
es gehe nicht «nur» ums Singen. In den
letzten Jahren habe allerdings ein Wandel
stattgefunden. «Das muss aber nicht nega
tiv sein», meint Gstach. «Die Zeiten ändern
sich eben, und man muss neue Wege gehen.
Heute gibt es viele Möglichkeiten, den
gemeinschaftlichen Teil abzudecken. Es
scheint nicht mehr so wichtig, dass der Ver
ein seine gesellschaftlichen Aufgaben wahr
nimmt. Nur noch wenige sind bereit, sich
über das ganze Jahr hinweg zu engagieren.
Sobald die Mitglieder die gesellschaftliche
Funktion des Vereins nicht mehr sehen,
werden die Auftritte zum Teil als Belastung
empfunden, so beispielsweise am Sonntag
das Singen im Gottesdienst. Für projektbe
zogene Einsätze findet man auch heute
immer noch Leute. Allerdings ist die Ein
stellung, einen Beitrag für ein Team oder
eine Gruppe, für die Gemeinschaft oder das
Dorf zu leisten, etwas verloren gegangen.»
Das sei kein Balzner Phänomen, auch nicht
eines der Gesangvereine. «Ich würde da keine
Wertung vornehmen», so Josef Gstach weiter.
«Es geht nicht darum, dass etwas <verloren
gegangen> ist. In den letzten Jahren hat sich
einfach die Aufgabenstellung der Vereine ver
ändert. Es gilt nun, diese Trends und die sich
bietenden Möglichkeiten zu nutzen und neue
Wege zu beschreiten.»
44 Jahre in und für Balzers
Neben seiner Tätigkeit als Dirigent in Bal
zers hat Josef Gstach auch grossen Einfluss
auf das kulturelle Leben und die Kirchen
musik, die ihm immer sehr am Herzen lag,
ausgeübt. So wurde beispielsweise die 1982
von der Firma Späth Orgelbau in Rappers-
wil für die Balzner Pfarrkirche erbaute
neue Orgel von ihm projektiert. Zudem ha
ben eine Reihe liechtensteinischer Musiker
und Lehrer an der Liechtensteinischen
Musikschule wie auch Dirigenten bei ihm
ihre Ausbildung absolviert. Ganz zu
schweigen von den zahlreichen Orchester
messen, die er im Laufe seiner Tätigkeit in
Balzers einstudiert und aufgeführt hat.
Immer bescheiden geblieben
Am 25. September 1989 hat Seine Durch
laucht der Landesfürst Josef Gstach «in An
erkennung seiner besonderen Verdienste
um das Land Liechtenstein» das Ritterkreuz
des Fürstlich Liechtensteinischen Ver
dienstordens zuerkannt. Für sein musikali
sches Wirken wurden ihm auch noch andere
Ehrungen zuteil, so beispielsweise die
Auszeichnung für Kirchenmusik. «Ehrlich
gesagt, ich trage die Abzeichen nie», kom
mentiert der Kapellmeister und Professor.
Josef Gstach ist in den Jahren, in denen er
sich in Balzers engagiert hat, Bestandteil
des kulturellen Lebens der Gemeinde ge
worden. So heisst es in einem Gedicht von
Irmgard Schädler-Wolfinger, das zu seinem
70. Geburtstag vorgetragen wurde:
«Josef, vor etlaga Joor bischt als Neuling ko.
Du häscht aber din Platz z’Balzers schnäll
iknoo.
Du häscht entschaidend üsers Dörfläba prägt.
Bischt än vo üs worda, wia ma so seet.»
«Das hört man gern», meint Josef Gstach
bescheiden.
Und wie geht es weiter?
«Mein Ideal wäre immer noch, dass sich die
Chöre zusammenschliessen.» Wie man das
im Einzelnen mache, wäre gut zu überle
gen. So könnten beispielsweise jedem Chor
eigene Aufgaben und Funktionen zukom
men, wobei aber jeweils ein übergeordnetes
Ziel, wie gemeinsame Konzerte, anzuvisie
ren wäre. Es könnte dann projektbezogen
geprobt werden, vielleicht eben nicht mehr
ganzjährig. Entsprechende Versuche seien
in der Vergangenheit recht erfolgreich
gewesen. Darin sehe er auch einen Weg,
neue und jüngere Mitglieder zu gewinnen.