Volltext: Balzner Neujahrsblätter (2007) (2007)

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Der schöne Ehrensold, den ihm in Aner 
kennung seiner grossen Uneigennützig 
keit und seiner vielen Verdienste zum 
teil der Landtag, zumteil auch die Huld 
Sr. Durchlaucht gewährte, und die liebe 
volle Pflege, die ihm das von barmh. 
Schwestern geleitete Bürgerheim zuteil 
werden liess, hätten ihm einen ange 
nehmen Lebensabend bereiten können, 
wenn nicht die Last der Jahre immer 
drückender geworden wäre. Wiederholte 
Schlaganfälle wurden zwar mit stau 
nenswerter Zähigkeit überwunden, ver 
ursachten jedoch eine teilweise Läh 
mung und hatten eine raschere Abnahme 
der geistigen und körperlichen Kräfte 
zur Folge. Die letzten Wochen waren 
besonders leidensvoll, bis diese riesige 
Natur vom allgewaltigen Tode niederge 
rungen war. Er starb am 10. Januar zur 
Mittagsstunde im 83. Lebensjahre. 
Als die Trauerglocke dieses Ereignis 
kundgab, sagte sich jeder, mit dem gu 
ten Kanonikus ist ein edler Mann, ein 
würdiger Priester aus unserer Mitte ge 
schieden. Sein Andenken wird noch 
lange unter uns fortleben. Seine Freige 
bigkeit war allbekannt, sowie seine 
grosse Einfachheit und Genügsamkeit. 
Viel besass er nie; aber von dem, was er 
hatte, gab er immer gerne. In wie man 
chen Condolenzschreiben an den Ver 
fasser dieser Zeilen wird er «Wohltäter» 
genannt. Was er von dem Ehrensolde 
erübrigte, ging zu wohltätigen Zwecken 
hinaus. Im Testament ist fast die ganze 
Hinterlassenschaft für solche Zwecke 
bestimmt worden. 
Kanonikus Büchel war ein hochgebilde 
ter Mann, ein klarer Kopf, der gründli 
che philosophische und theologische 
Kenntnisse besass, die er durch Lektüre 
fortwährend vertiefte und erweiterte; 
dabei war er eine eminent praktische 
Natur, die mit ruhigem und klarem Bli 
cke Menschen und Verhältnisse beur 
teilte. Vielleicht war er zu sehr Opti 
mist. Seine religiösen Vorträge waren 
einfach, aber klar und überzeugend, sei 
ne Christenlehren mustergültig. Auch 
in den letzten Jahren noch wurde jeder 
Vortrag vollständig niedergeschrieben. 
Der sei. Kanonikus war ein Frühaufste 
her. Im Sommer um 4 Uhr, im Winter 
um 4 1/2 Uhr begann er sein priesterli- 
ches Tagewerk, indem er sich durch 
Gebet, Betrachtung und Brevier auf den 
Dienst des Altares vorbereitete. Der 
Vormittag war dann dem Studium oder 
der Katechese, der Nachmittag dem 
Krankenbesuche u. a. gewidmet. Besu 
che, besonders von geistlichen Mitbrü 
dern, waren ihm immer willkommen, 
und durch sein aussergewöhnliches Er 
zählertalent wusste er dann die Unter 
haltung anregend und angenehm zu 
machen. Es braucht wohl nicht erst ge 
sagt zu werden, dass sein Ansehen bei 
der Geistlichkeit sehr gross war und 
dass bei seiner anerkannt kirchlichen 
Gesinnung, seiner vieljährigen und viel 
seitigen Praxis, seiner gründlichen Ver 
trautheit mit unseren Verhältnissen 
sein Rat vielfach in Anspruch genom 
men wurde. In den Pastoralkonferenzen 
war seine Stimme massgebend. Aber 
auch bei der Laienwelt, bei Volk und 
Behörden stand Kanonikus Büchel in 
hohem Ansehen. Man ehrte in ihm den 
würdigen Priester von exemplarischem 
Wandel und den hochgebildeten, edlen 
Mann; das ehrt die Verehrer und den 
Verehrten in gleichem Masse. 
Mit dem liebenswürdigen Priestergreise 
ist ein Zeuge vergangener Tage, ein mar 
kanter Charakter, ein dem kleinen 
Vaterland treu ergebener Liechtenstei 
ner, oder - wie ein Landsmann aus wei 
ter Ferne geschrieben hat - ein Stück 
Heimat, ein Stück Alt-Liechtenstein zu 
Grabe gegangen. Ehre seinem Andenken! 
Liechtensteiner Volksblatt, 25. Januar 1907 
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Liechtensteiner Volksblatt, I. März 1907
	        

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