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Links:
Die Befestigungs
werke um Maienfeld,
Radierung nach dem
1632 von Johannes
Ardüser gezeichneten
Vogelschauplan
Rechts:
Festungswerke an der
St. Luzisteig vor
1870, Lithographie
von H. Goll
Weg zum Passübergang die Ruinen der Feste
Grafenberg. Sichere Kunde von Befesti
gungsarbeiten datiert aus der Zeit des
Schwabenkrieges von 1499.
Alt Fry Rätiens Militärwesen lag immer im
Argen. Man pflegte die bequeme Illusion, in
Krisenzeiten die tüchtigen Soldtruppen aus
dem Ausland zurückrufen zu können, was
naturgemäss nie klappte. Die Folgen waren
zahlreiche schmerzliche Fremdbesetzungen.
Wann immer europäische Kriege herrsch
ten, geriet der schwache Freistaat mit sei
nen wichtigen Pässen in Gefahr. Die frem
den Besatzer haben dann zwangsläufig für
die eigene Sicherheit Befestigungen gebaut.
Die kaiserlich-spanischen Unterwerfungen
der rätischen Passrepublik in den Jahren
1621 und 1622 erfolgten vor allem vom
Engadin her. Die dritte Invasion von 1629
hingegen kam von Norden über die St. Lu
zisteig. Im verzweifelten Aufstand der Prät-
tigauer vom Palmsonntag 1622 warfen die
erbitterten Bauern mit primitivsten Waffen
die Kaiserlichen über die Steig zurück. Die
militärpolitischen Strukturen des Freistaa
tes waren aber zu schwach für einen Dauer
erfolg. Im Spanischen Erbfolgekrieg zum
Beispiel marschierten 1707 während zwan
zig Tagen kaiserliche Truppen von Norden
über die Luzisteig und über die Pässe ins
Mailändische - dies als Folge ultimativ-dip
lomatischer «Verhandlungen» und trotz der
wenige Jahre zuvor modernisierten Befesti
gungen. Die Besetzung der Schweiz 1798
(ohne Graubünden) brachte der Steig er
neut Kriegslärm. Am 6. März 1799 griff die
Armee Massenas vom Sarganserländischen
und Werdenbergischen her die von Öster
reichern besetzte Luzisteig an und brachte
sie gleichentags in ihren Besitz. Aus Vorarl
berg folgten zwei österreichische Gegenan
griffe durch das Korps Hotze (einem Rich-
terswiler in österreichischen Diensten). Der
erste Versuch vom 1. Mai scheiterte auf
grund der schlechten Witterung und man
gelnder Koordination; der zweite Anlauf
Mitte Mai mit fast identischem Plan, aber
besserer Führung und günstigem Wetter,
führte zum Erfolg. Vom 10. bis 12. Oktober
1799 zogen russische Soldaten der arg ge
beutelten Armee Suworows von Ilanz und
Chur kommend über die St. Luzisteig nach
Norden. Seither ist die Steig glücklicher
weise von kriegerischen Ereignissen ver
schont geblieben.
Die Verfassung von 1815 hatte die Einrich
tung einer schweizerischen Militärauf
sichtsbehörde gebracht, welche bei Stras
sen und anderen Bauten die Interessen der
Landesverteidigung vertreten und wahren