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Arnold Vettoris Fahr
rad, mit dem er sieb
zehn Jahre auf Tour
war
zieren. Als Alternative habe er ihm ange-
boten, in den väterlichen Betrieb einzutre
ten. «Ich habe einmal darüber geschlafen
und am nächsten Morgen meinem Vater
erklärt: <Ich fange bei dir an.>» Von seinem
Vater konnte er viel lernen - vor allem, dass
bei einem Geschäft immer beide Seiten
zufrieden sein müssen und dass bei grossen
Mengen auch kleine Margen reichen, um
Geld zu verdienen.
«Es kann keiner im Ländle sagen, ich hätte
ihn einmal übers Ohr gehauen. Nein, das
habe ich nie! Damit verliert man Kunden.
Wenig verdient, aber immer Umsatz ge
macht.»
Zuerst habe er fünfzehn oder vielleicht
zwanzig «Bibeli», beispielsweise nach Rug-
gell, verkauft: pro Stück sei ihm ein Fran
ken geblieben. Viele Jahre später habe er
400 «Bibeli» verkauft und an jedem drei
Franken verdient.
und Arnold Vettori konnte seine Erzählun
gen mit vielen Namen und Details aus
schmücken.
Schon sein Vater hatte in Walenstadt mit
Hühnern gehandelt. Arnold Vettori erinnert
sich noch genau, wie er das erste Mal in
Zürich auf dem Markt war. Er hatte einen
ganzen Wagen mit Körben auf die Bahn
verfrachtet, war nach Zürich gefahren und
dort über die Bahnhofstrasse bis zum Hel
vetiaplatz gegangen, wo der Markt statt
fand. Neben ihm stand ein Händler aus
Zug, der seinen Vater gut gekannt hatte,
und schon am Morgen ausrief:
«Das ist der Vettori aus Walenstadt,
der die schönsten Hühner hat!»
Am Mittag waren Vettoris Hühner bereits
verkauft, während der Konkurrent die sei-
nigen noch in den Käfigen hatte.
Wenig verdient,
aber immer Umsatz gemacht
Sein Vater - so Arnold Vettori - habe ihn
beim Schulabschluss gefragt, ob er noch
die Kantonsschule besuchen wolle. Er würde
ihm anschliessend auch ein Studium finan
In Balzers «dr Palättler»
Während siebzehn Jahren bediente er das
Gebiet von Mäls bis nach Ruggell mit sei
nem Fahrrad. In Balzers war der «Palätt
ler», wie Vettori dort genannt wurde, zum
ersten Mal im Mai 1934. Er kann sich an
viele Namen erinnern: «SEliassa, unterm
Schuster. Eine Tochter lebt heute noch
dort. Vis-à-vis ist das Hänsele gewesen, ein
Altlediger.» Übrigens war er nur in Balzers
der «Palättler», in den anderen liechtenstei
nischen Gemeinden der «Bibeler» und in
Ruggell der «Hühnermann».
Für fünf Rappen ein «Bürli»,
für zwanzig eine Cervelat
Für den Verkauf der Küken benötigte Ar
nold Vettori eine Bewilligung. Alle drei Mo
nate musste er bei der Regierungskanzlei
das «Patent» bezahlen, «jeden Monat zwan
zig Fränkli». Als er sich zum ersten Mal
nach Ruggell begab, hatte er zwölf Küken
dabei. Es war ein schöner Frühlingstag.
Wie er mit dem Fahrrad Ruggell erreichte,
dachte er sich: «Hier kannst du nirgends
verkaufen. Da ist ja niemand daheim.»
Dann kam jedoch ein Mann und rief: «Klei