Volltext: Balzner Neujahrsblätter (2007) (2007)

22 
Links: 
Anwesen von Ferdi 
nand und Katharina 
Frick auf der Kohl 
bruck (heute Iramali, 
Haus Nr. 39) 
Rechts: 
Auf Guschgfiel, 1949 
(v.l): 
Josef Büchel (Senn), 
Andreas Bürzle (Zu- 
senn), 
David Büchel (Hirt), 
Arnold Vogt (Mister), 
Anton Senn (Klein 
küher) 
Das Frühjahr neigte sich dem Ende zu, als 
mir der Alpvogt von Guschgfiel ein lukratives 
Angebot unterbreitete. Ach, schon wieder 
hüten! Eigentlich hatte ich das Viehhüten 
satt. Wie mir der Alpvogt jedoch dreihundert 
Franken in Aussicht stellte, machte mein 
Herz einen recht sportlichen Luftsprung. 
Er gab zu verstehen, dass er Viehhändler 
sei und in seinem Stall ganzjährig vier bis 
fünf Stück Vieh stünden, zum Fuhrwerken 
auch ein Ochse. Das mit dem Ochsen hat 
mir weniger imponiert, aber ich habe doch 
zugesagt. So sollte ich die nächsten drei 
Jahre Knecht beim Sennabuaba Fränzle in 
der Iradug in Mäls sein. 
Der Sommer 1949 auf Guschgfiel 
Im Gegensatz zu den Almen, auf denen ich 
bisher mein Hirtenleben verbracht hatte, 
war Guschgfiel eine Schönheit sonderglei 
chen: sanfte grüne Matten, auf denen man 
kaum einen Stein fand, um ihn einer un 
folgsamen Kuh nachzuwerfen. 
Es gab nicht viel zu tun beim Hüten, aber 
es gab gutes Essen. Jeden Tag bekam ich 
Milchmus, das der Senner Josef Büchel 
extra für mich kochen musste. Die anderen 
Kollegen mochten es nach drei Tagen schon 
nicht mehr anschauen. 
Der Sommer war sehr schön. Trotzdem be 
kam ich ein bisschen Heimweh, da die Alp 
doch etwas abgelegen war und wir nicht viel 
Besuch hatten. Einmal jedoch, da tauchte 
eine Schönheit auf; sie kam ihren Bruder 
Noldi besuchen. Diese Frau hat mir fast den 
Kopf verdreht. Leider war sie aber zwei, 
drei Jahre älter als ich. Nach fünfzig Jahren 
habe ich sie wieder getroffen, und zwar wie 
der auf Guschgfiel - welch ein Zufall! 
Tapetenwechsel 
Ende Saison, beim Alpabtrieb, kam ein 
seriöser Herr auf mich zu und bot mir sieb 
zig Franken Monatslohn, wenn ich bei ihm 
die Stelle als Stallmeister antreten würde. 
Doch vorerst fuhr ich für ein paar Tage 
nach Hause, nach Grins ins Oberinntal. 
Herzlich verabschiedete ich mich bei der 
Familie Frick und bedankte mich für die 
liebevolle Aufnahme, das nette Zuhause 
und das Zudrücken beider Augen nach dem 
geschilderten Fahrradschaden. Ferde und 
Katharina hatten inzwischen, da sie kinder 
los waren, ein herziges zweijähriges Mäd 
chen namens Ruth bei sich aufgenommen. 
Ein neuer Arbeitsbereich 
Obwohl ich kein Laie in Sachen Landwirt 
schaft war - wir hatten zu Hause in Tirol ja 
auch ein paar Tiere im Stall -, war die neue 
Arbeitsstelle doch eine Herausforderung 
für mich. Ich kam in eine Familie mit vier 
erwachsenen Geschwistern, alle über fünf 
zig Jahre alt und ledig: Marie, Theres, s Vik- 
törle und s Fränzle, Viehhändler von Beruf, 
nebenbei Hobby-Sänger und vor allem 
auch ein feuriger Fussballfan. Im Dorf wa 
ren sie unter dem Hausnamen s Sennabuaba 
bekannt. Da passte ich mit meinem Nach 
namen «Senn» natürlich bestens dazu! In 
dieser Familie fühlte ich mich richtig wohl, 
wenn auch ab und zu die Erziehung eines 
Sechzehnjährigen etwas laut über die 
Bühne ging. 
Mein Chef hielt Wort, denn ich bekam mo 
natlich sage und schreibe siebzig Franken.
	        

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.