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Meine Erinnerungen an Liechtenstein
Anton Senn
Auf Guschgfiel, 1949
(vl):
Werner Brunhart,
Anton Senn,
Andreas Bür zie,
Josef Büchel\
David Büchel,
Linus Eberle,
Josef Brunhart
Im Februar 1949 kam ich als blutjunger
Bursche aus Grins (Tirol) nach Liechten
stein. Ich war ein Bub armer Leute, gerade
einmal fünfzehn Jahre alt.
Doch kurz zur Vorgeschichte: Zu allen Ent
behrungen, die uns der Zweite Weltkrieg
und die Nachkriegszeit brachten, wurde
Grins im November 1945 noch Opfer eines
Grossbrandes. Fast das ganze Dorf wurde
zerstört, und auch meine Familie verlor ihr
Haus.
Dank der Grosszügigkeit des damaligen
Fürstenpaares Franz Josef II. und Gina
wurde vielen Kindern und Jugendlichen aus
meiner Heimatgemeinde ein Erholungsauf
enthalt in Liechtenstein ermöglicht. Zudem
wurden Jugendliche als landwirtschaftliche
Hilfskräfte bei Familien untergebracht. So
kam ich als Jungknecht zu Ferdinand und
Katharina Frick auf der Kohlbruck (heute
Iramali, Haus Nr. 39). Sie hatten nur eine
Kuh im Stall stehen. Ferde arbeitete im
Steinbruch, und er hätte mich wegen dieser
einzigen Kuh wohl nicht unbedingt benö
tigt. Seine Überlegung, ein Kind aus dem
«Abbrandlerdorf» Grins aufzunehmen,
hatte sicher nur karitative Gründe. Die
unvergessliche und hochverehrte Fürstin
Gina hatte nämlich in einem landesweiten
Aufruf die Bevölkerung gebeten, etwas für
die armen «Abbrändler» von Grins zu tun.
Neben der Stallarbeit musste ich bei der
Familie Frick im Obstgarten «Bördele»
machen sowie gelegentlich für die Haus
frau Einkäufe erledigen. Als Honorar er
hielt ich dreissig Franken pro Monat.
Das Wichtigste war für mich zu jener Zeit,
das Radfahren zu erlernen. Mein erstes
Fahrrad war ein sehr betagtes Modell, das
bereits am dritten Tag an der Mauer eines
Misthaufens in Zwischenbäch einen ziem
lich grossen Schaden erlitt. Der Unfall hatte
- Gott sei Dank - keine Folgen, vor allem
keine finanziellen.