Volltext: Balzner Neujahrsblätter (2006) (2006)

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Mussezeiten die Strassenpfützen auszulas 
sen und den Weg mit Steinen auszuebnen. 14 
Wirtshäuser 
Als Profiteure des Rodverkehrs - wie auch 
des gesamten Transitverkehrs - sind beson 
ders die an der Durchgangsstrasse gelege 
nen Gasthöfe zu betrachten. Den Umsatz 
förderte zusätzlich die Nähe zu einer 
Zuschg oder Zollstation. Florierende Wirts 
häuser gehörten zudem zu den schönsten 
und auffälligsten Gebäuden eines Dorfes. 
In Balzers befanden sich entlang der Land 
strasse die Wirtshäuser «Post», «Engel», 
«Adler» und «Hirschen». Weitere histori 
sche Gasthäuser entlang der Landstrasse 
waren (oder sind) die «Sonne» in Triesen, 
der «Adler», «Engel» und «Löwen» in Va 
duz, die verschwundenen Wirtshäuser «Lö 
wen» und «Kreuz» in Schaan 15 sowie der 
«Engel» und der «Löwen» in Nendeln. 16 
Ohne die Zustimmung der Obrigkeit durfte 
niemand ein Wirtshaus oder eine Schenke 
betreiben. Die Bewilligung wurde entweder 
für eine volle «Wirtsgerechtigkeit» erteilt 
(mit dem Recht, warme Speisen abzugeben 
und Fremde zu beherbergen) oder sie 
erfolgte lediglich für eine «Weinschenke» 
(nur für Getränkeausschank sowie für die 
Abgabe von Käse und Brot). 17 Trotzdem 
kam es immer wieder auch zu ungesetzli 
chem Wirten: So wurde beispielsweise im 
18. Jahrhundert - wenig erfolgreich - ver 
sucht, den Geistlichen den Weinausschank 
zu verbieten. Gerügt wurden 1751 der 
Pfarrer von Triesen sowie 1761 der Abt von 
St. Luzi in Chur, weil in der ihm unterstell 
ten Statthalterei in Bendern Wein ausge 
schenkt wurde. 18 
In Anlehnung an die 1732 erlassene Polizei 
ordnung wurde verfügt, dass den inländi 
schen Gästen im Sommer nach 21 Uhr so 
wie im Winter nach 20 Uhr keine Speisen 
und Getränke mehr verabreicht werden 
durften. Die Gäste seien vielmehr zu diesen 
Zeiten heimzuschicken. Trotzdem sei dar 
auf zu achten, dass «sauber und wohl ge 
kocht» und jeder Gast soweit als möglich 
zufrieden gestellt werde. 19 Den Behörden 
war offenbar viel daran gelegen, dass die 
Wirtshäuser an der Durchgangsstrasse für 
die Fuhrleute möglichst attraktiv und einla 
dend waren. 
Sämtliche Gastwirte mussten der Landes 
herrschaft das so genannte Umgeld ablie 
fern. Es handelte sich dabei um eine Steuer 
auf alkoholische Getränke. Da in Liechten 
stein der Weinbau dominierte, wurde das 
Umgeld fast ausschliesslich durch den Ver 
kauf beziehungsweise Ausschank dieses 
Getränks erzielt. Die jährlichen Umgeklein- 
nahmen sind in den Rechnungsbüchern des 
Fürstlichen Rentamtes aufgelistet. Bis in 
die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts wur 
de meist nur die Gesamtsumme des Um 
geldes aller Wirtshäuser in Liechtenstein 
notiert. Präzise und verlässliche Angaben 
über die jährlich abgelieferten Umgelder 
von jedem einzelnen Gasthaus sind erst ab 
1785 zu finden. Die Höhe der Umgeldzah 
lungen erlaubt einen Rückschluss auf die 
Grösse und Bedeutung eines Wirtshauses. 
Dies zeigt sich, wenn wir im Folgenden die 
Umgeldeinnahmen aus den einzelnen Balz- 
ner Wirtshäusern miteinander verglei 
chen. 20 Die Wirtshäuser werden in der Rei 
henfolge ihrer Bedeutung kurz vorgestellt. 
Das Wirtshaus «Post» 
Die «Post» in Balzers war bis 1826 Zwi 
schenstation für den Fussacher Boten. 21 
Dieser Bote wurde auch Lindauer oder 
Mailänder Bote genannt, da er zwischen 
diesen beiden Handelsstädten hin- und her 
pendelte. Er benötigte für diese Reise fünf 
einhalb Tage. Im Rahmen dieses 1445 erst 
mals erwähnten Botendienstes transpor 
tierte er Briefe und kleinere Waren. Das 
Wirtshaus «Post» gelangte 1760 in den Be 
sitz der Familie Wolfinger. Franz Joseph 
Wolfinger (1771-1814) besass fünf Pferde 
und gehörte zu den wohlhabendsten Balz- 
nern. Nachdem er die Funktion eines Post 
meisters auf privater Basis ausgeübt hatte, 
wurde im Jahr 1817 in der Balzner «Post» 
die erste staatliche Briefsammelstelle ein 
gerichtet. 
Was die Höhe der von den Balzner Wirts 
häusern abgelieferten Umgeldzahlungen 
betrifft, so lag die «Post» oftmals an erster 
Stelle. Das war aber nicht immer so: Im 
späten 18. Jahrhundert waren die Umgeld 
zahlungen des «Engels» meistens, diejeni 
gen des «Adlers» zeitweilig noch höher. Als 
14 Liechtensteinisches 
Urkundenbuch. I. Teil 
(6 Bde.): Von den An 
fängen bis zum Tod 
Bischof Hartmanns 
von Werdenberg-Sar- 
gans-Vaduz 1416. 
Bd. 4 (Aus den Archi 
ven des Fürstentums 
Liechtenstein). Hrsg. 
Historischer Verein für 
das Fürstentum Liech 
tenstein. Vaduz 
1963/1965, S. 251. 
15 Das Wirtshaus «Röss- 
le» in Schaan tauchte 
erstmals 1829 als Um 
geld zahlende Gast 
stätte auf. Vgl. Bieder 
mann, wie Anm. 1, 
S. 156-159. 
16 Biedermann, wie 
Anm. 1, S. 160-162. 
Ein Umgeld zahlendes 
Wirtshaus in Schaan 
wald wurde erstmals 
1835 in den Rech 
nungsbüchern des 
Rentamtes verzeichnet. 
17 Ospelt, wie Anm. 7, 
S. 243. 
18 Biedermann, wie 
Anm. 1, S. 97 
(Anm. 509) und S. 101 
(Anm. 537). 
19 Die Polizeiordnung 
von 1732 befindet sich 
im Liechtensteinischen 
Landesarchiv in 
Vaduz: LLA NS 1732. 
20 Vgl. Biedermann, wie 
Anm. 1, S. 97-106. 
Darauf stützen sich die 
nachfolgenden Ausfüh 
rungen ab. Die Um 
geldzahlungen der 
Balzner Wirtshäuser 
für die Jahre 1785 bis 
1848 sind in den Ta 
bellen auf Seite 14 
dargestellt. 
21 Vogt, wie Anm. 4, 
Bd. Ill, S. 343/344.
	        

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