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Schweizerseite über das Schweizer Rhein-
wuhr. Wie ich vorher noch im milden
Morgensonnengold des Herbstes dahinra
delte, so braute dort um die Wende des
Tales um den Schollberg der richtige
«Brinntnebel». Er wallte und schlich auf
wärts auch dem Sarganserlande zu. Liech
tenstein aber von Balzers bis nach Vaduz
war in der Tiefe in eitel Nebel gehüllt. Es ist
sonst immer ein wirklich schönes Fahren
über das Rheinwuhr mit dem Velo. Man hat
so eine schöne Übersicht über Tal und
Berg. Heute war's dunkel, dunkel und grau
in grau. Nur die Sicht auf den Rheinstrom
war nebelhaft verschwommen zu sehen.
Und ich musste daran denken, wie doch die
Natur im Einklänge stehen kann. Der graue
Nebel in der Niederung und das graue
Rheinwasser bildeten wie eine logische
Einheit. Natürlich sah man kein Balzers,
kein Triesen - aber welch schönes Ge
schenk. Plötzlich lichtete sich die Nebel
schwade, und im Rheine drunten erschien
auf dem Wasser gut sichtbar ein Schwan,
lebensfroh und munter, denn die Morgen
sonne umspielte seine Kontur. Der Nebel
verwandelte sich zusehends, und aus dem
schleichenden Morgennebel wurde ein
richtiger Neunuhr-Hochnebel, der nun
mehr auch die Sicht auf Au und Dorf frei
gab. Und dazu die Fülle der ganzen herrli
chen Farben der Herbstlandschaft, auch
dies- und jenseits des Rheines...
Und der Abend schenkte mir nochmals ein
Herbstbild, wie es heute in dieser Art nur
die Gemeinde Balzers schenken kann. Es
ist dies die Naturschau, [der] Park unter
dem St. Katharina-Brünnelein resp. Bilde.
Ich schloss diesen Liechtensteinertag ab
mit einem nachmittäglichen Besüchlein bei
unserem lieben Herr Pfarrer Tschugmell.
Seine 80 Lenze hat er nunmehr gefeiert,
und wahrlich hat der grosse Gelehrte sei
nem geliebten Liechtenstein die schönsten
Früchte der Heimat durch sein Forschen
um Heimat und Au geschenkt. Ein Ge
schenk voll herbstlicher Güte ist auch die
Naturwiese bei Balzers unter dem Kathari
nabilde. Die Gemeinde resp. der tit. Ge
meinderat hat ja bekanntlich dieses Eiland
der Natur zu einem Schutzgebiet erklärt.
Ich sah es gestern abend zum 2. Male, und
ich muss sagen, der Herbst zauberte in es
seltsamfarbige Bilder voll von Motiven
eines Rietes, das Gott sei Dank in dieser
Form wie ein letztes Geschenk der einsti
gen alten Rietlandschaft der frühem alten
Auzeiten ist. Das Naturschutzpärklein zeigt
sich natürlich jetzt im Herbst nicht in der
gleichen Art wie meinetwegen im Hoch
sommer oder im Frühling. Aber es ist auch
der Herbst und seine besondere Stimmung
in schönster Art zu schauen. Die Rohrkol
ben stehen noch aufrecht, ihre Farbe ein
sammetbraunes Cachet, und die «Kanunä-
butzer» [Kanonenputzer = Rohrkolben],
wie wir die Frucht der Rohrkolben einmal
tauften, sahen gar naturhaft fein aus. Der
Herbstabend war feierlich abgetönt. Zwar
sausten keine Libellen mehr gliessend
herum, es quakten keine Frösche mehr; im
Wasser aber, das zwar keine Seerosen mehr
zeigte, schillerten im verklärten Sumpfe
viele Goldfischlein, und wie eine Abgeklärt
heit eines Herbstmalers zauberte der Abend
in die Wasserteichlein ganze Schalen voll
Perlmutterfarben.
Von Balzers nach Gurtis
Wissen die Liechtensteiner, wo Gurtis ist?
Nun, das ist zu verstehen, dass es viele von
ihnen nicht wissen. Es ist ja eben nicht in
ihrem Vaterlande. Aber es ist nicht weit da
neben, und man darf auch Gurtis füglich zu
einem schönen Vis-ä-vis für Liechtenstein
bezeichnen. Denn von dort sieht man in
einzigschöner Art die Drei Schwestern, und
wer wollte behaupten, dass diese nicht bei
den Nachbaren angehörten, den Liechten
steinern wie den Vorarlbergern?
Letzthin führten mich Heimatkundgeschäf-
te wieder in die «Ländli» - damit meine ich
eben beide, Liechtenstein und Vorarlberg.
Von Sargans nimmt man auch heute noch
wie ehdem solcher Art Seitensprünge über
den Rhein nach Trübbach. Es heimelt
einem heute seltsam lieb an, wenn man
nun sieht, dass auch hier schönes Nachbar
verhältnis an den Bau einer Fussgänger-
und Velobrücke gedacht hat. Und wie
schreitet doch die Arbeit dort voran. Schon
sieht man in der fortgeschrittenen Bau
konstruktion das Bild der Vollendung.
Haben dann die Wandernden Zeit, hier auf
dieser Fussgängerbrücke einen Blick ins
Ländle zu werfen, welches sich so gesamt-