Volltext: Balzner Neujahrsblätter (2006) (2006)

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des künstlerischen Schaffens mit Naturma 
terialien. 
Trotz des oben erwähnten Definitionsplu 
ralismus wohnt der Natur ein alles verbin 
dender Begriff inne: das Leben. Natur ist 
Leben, ist Werden, Wachsen und Vergehen. 
Dieser wesentliche Grundzug der Naturma 
terialien ist allen Land-Art-Kunstwerken 
eigen und verbindet diese über ihre Unter 
schiedlichkeit hinweg. 
Vorläufer der Land Art 
Pflanzen wurden schon früh in umfriedeten 
Arealen gezogen und dienten einerseits der 
Ernährung, Bekleidung und medizinischen 
Behandlung, andererseits aber auch der 
Zierde und damit dem Bedürfnis des Men 
schen nach Schönem. 
Die Gestaltung der Gärten nahm in der Ge 
schichte einen unterschiedlichen Verlauf. 
Genannt seien als stilistische Pole der fran 
zösische Barockgarten mit seinem geo 
metrisch-architektonischen Gartenstil und 
der natürliche, malerische englische Land- 
schaftsgarten, bei dem die Eigendynamik 
der Natur einbezogen wird. 
Der Landschaftsgarten galt als eine Art 
«Natur-Malerei», bei der nicht mit Farbe, 
sondern mit Wäldern, Bergen, Wiesen und 
Flüssen gearbeitet wurde. Um 1800 wurde 
die Gestaltung von Gärten als Kunst aner 
kannt, was mit der damaligen Kunstauf 
fassung zusammenhing, in welcher die 
Natur das höchste Ideal darstellte. 
Als Nachfolgerin jener Gartenkunst fun 
giert heute die Landschaftsarchitektur. Sie 
wird im Rahmen landschaftsplanerischer 
Aspekte eingesetzt, zum Beispiel beim Bau 
von Verkehrswegen oder bei der Errichtung 
von Erholungsgebieten. 
Privatgärten von scheinbar ursprünglicher 
Natürlichkeit waren ein bevorzugtes Motiv 
der Impressionisten. So schuf sich bei 
spielsweise Claude Monet in Giverny, wo er 
von 1883 bis zu seinem Tod im Jahr 1926 
lebte, einen solchen Garten. Dieser diente 
ihm als Motiv für seine Bilder. Die Anlage 
des Gartens war genau geplant und durch 
dacht. Hauptgestaltungselement neben dem 
Wasser war das Farbenspiel der Blumen, 
welche so gepflanzt wurden, dass der Gar 
ten beinahe das ganze Jahr über blühte. 
Diese Gartengestaltung bildete bei Monet 
eine eigentliche Vorstufe zur Malerei - wie 
eine Skizze, die nicht mit Bleistift und Pa 
pier, sondern mit Hacke und Schaufel im 
Garten angelegt wurde. Somit war sein 
Garten ein erster Schritt, bei dem das 
künstlerische Schaffen von der Staffelei in 
die Natur verlagert wurde, wenn auch nur 
als Vorstufe für das spätere Werk. Monet 
überschritt damit die Grenze zwischen rei 
ner Gartenkunst und bildender Kunst. 
Land Art 
Gegen Ende der 1960er-Jahre zieht es in 
den USA eine Reihe von Künstlerinnen und 
Künstlern hinaus aus den sterilen Galerie 
räumen in die Wüsten und Gebirge. Mit 
Baggern und Planierraupen bearbeiten und 
gestalten sie die Landschaft. Sie schaffen 
neue Landschaftsbilder, nehmen dabei aber 
auch immer wieder Bezug zur mythischen 
Macht der Orte, beeinflusst von megalithi- 
schen Steinkreisen, indianischen Kalender 
bauten oder riesigen Schürfpiktogrammen 
in der peruanischen Wüste. Bald bekommt 
diese Kunstrichtung ihren eigenen Namen: 
Land Art. Diese Bezeichnung wurde von 
dem deutschen Filmemacher und Fernseh 
galeristen Gerry Schum 1969 geprägt und 
ist nur im deutschsprachigen Raum ge 
bräuchlich. In Amerika spricht man von 
der «Earth Art». 
Die Natur ist sowohl Ort als auch Material 
des künstlerischen Schaffens und übt durch 
ihre elementaren Vorgänge wie Witterung, 
Wachstum, Zersetzung, Erosion usw. ihren 
eigenen Einfluss auf das Kunstwerk aus. 
Um diesen Prozess zu veranschaulichen, 
werden die Projekte häufig fotografisch do 
kumentiert. 
Bedeutende Vertreter der Land Art sind 
Christo und Jeanne-Claude, Andy Golds- 
worthy, Michael Heizer, Richard Long, 
Walter de Maria und Robert Smithson.
	        

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